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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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kleinen Städte, das Vorurtheil gegen die Juden noch zu groß ist. Doch läßt
fich auf eine bedeutende Minorität dafür rechnen. Künftige Landtage werden
berufen sein, dieses Humanitätsprinzip zum Siege zu verhelfen. -- Ueber die
Wahl der Ausschüsse wird nach der Erklärung des Landtagscommissarins
nicht eher etwas entschieden werden, als bis sich der Herrenstand darüber aus¬
gesprochen hat.

Wie ich so eben höre, wird eine bestimmte Verlängerung des Landtags nach
der am 19. d. M. abgelaufenen Frist nicht stattfinden, sollte gerade an die¬
sem Tage eine Discussion unbeerdigt sein, so wird die Beendigung derselben ge¬
stattet werden. Der Schluß der Sitzung ist. demnach in den ersten Tagen der
nächsten Woche zu erwarten. Wie man hört, wird der König in Person den
Landtag schließen.


D.
III.
Aus Tirol.

Die Landstände. -- Protestation gegen Eisenbahnen. -- Wirthe und Wirthshäuser. --
Die Zeichnungen für die Venedig-Brixner Bahn. -- Zur Ermunterung.

Unsere Landstände waren wieder beisammen! Wie in anderen Jahren, so
war auch Heuer ihr Zusammentritt durch das Steige" der Preise für Hühner,
Wildpret, Spargel und andere eßbare Dinge, und ihr Auseinandergehen durch
das Fallen derselben auf den JnnSbruckerWvchemnärkten bezeichnet, in der Regel
fast die einzige Lebensäußerung der versammelten Väter des Vaterlandes. Was
geschieht und berathen oder nicht berathen wird, so lange die Herren beisammen
sind, davon erfährt das Publikum, für dessen Wohl sie sorgen, wenig oder nichts.
Von frühern Zeiten her wissen wir, daß man sich die rothen Fracks für den
Ritterstand, die Einsetzung des Herz - Jesu - Festes und die Wiedereinführung
eines Bettelmönchordcns als besondere Zeichen kaiserlicher Huld erbeten, und in
frischester Erinnerung ist es uns noch, daß, als man im ganzen Lande keine
sechs Gymnasialprosessoren,' die Wissens- und glaubcnstüchtig genug wären, zu
finden wußte, man die Herbeirnfuug der Gesellschaft Jesu behufs der für Zeit
und Ewigkeit zweckmäßigsten Dressur der hoffnungsvollen tiroler Jugend veran¬
laßte. Ein überglückliches Land fürwahr, das zu seinem vollkommenen Heil nichts
braucht als rothe Fracks und einige spanische Rcitmeister für seine Buben! --

Glück macht übermüthig; was Wunder nun, wenn bei den diesjährigen
Verhandlungen, über deren größte Zahl indessen noch ein ägyptisches Dunkel
liegt, bei Gelegenheit der Eiscnbahnsrage die drei wohlhabendsten Gerichte von
Nordtirol: Kitzbichl, Hopfgarten und Kufstein gegen die Errichtung einer solchen
feierlich protestirten? Die Grunde, mit welchen die Protestation unterstützt wurde
waren dieselben , welche vergangenes Jahr zu eben dem Zwecke gebraucht wurden
nämlich: das wahrscheinliche Zugrundegehen von manchem Wirthshause ein der
Landstraße und die Schmälerung des -- Vorspann-Verdienstes. Beim Licht be--


Grenzbote". II. 1847. ß4

kleinen Städte, das Vorurtheil gegen die Juden noch zu groß ist. Doch läßt
fich auf eine bedeutende Minorität dafür rechnen. Künftige Landtage werden
berufen sein, dieses Humanitätsprinzip zum Siege zu verhelfen. — Ueber die
Wahl der Ausschüsse wird nach der Erklärung des Landtagscommissarins
nicht eher etwas entschieden werden, als bis sich der Herrenstand darüber aus¬
gesprochen hat.

Wie ich so eben höre, wird eine bestimmte Verlängerung des Landtags nach
der am 19. d. M. abgelaufenen Frist nicht stattfinden, sollte gerade an die¬
sem Tage eine Discussion unbeerdigt sein, so wird die Beendigung derselben ge¬
stattet werden. Der Schluß der Sitzung ist. demnach in den ersten Tagen der
nächsten Woche zu erwarten. Wie man hört, wird der König in Person den
Landtag schließen.


D.
III.
Aus Tirol.

Die Landstände. — Protestation gegen Eisenbahnen. — Wirthe und Wirthshäuser. —
Die Zeichnungen für die Venedig-Brixner Bahn. — Zur Ermunterung.

Unsere Landstände waren wieder beisammen! Wie in anderen Jahren, so
war auch Heuer ihr Zusammentritt durch das Steige» der Preise für Hühner,
Wildpret, Spargel und andere eßbare Dinge, und ihr Auseinandergehen durch
das Fallen derselben auf den JnnSbruckerWvchemnärkten bezeichnet, in der Regel
fast die einzige Lebensäußerung der versammelten Väter des Vaterlandes. Was
geschieht und berathen oder nicht berathen wird, so lange die Herren beisammen
sind, davon erfährt das Publikum, für dessen Wohl sie sorgen, wenig oder nichts.
Von frühern Zeiten her wissen wir, daß man sich die rothen Fracks für den
Ritterstand, die Einsetzung des Herz - Jesu - Festes und die Wiedereinführung
eines Bettelmönchordcns als besondere Zeichen kaiserlicher Huld erbeten, und in
frischester Erinnerung ist es uns noch, daß, als man im ganzen Lande keine
sechs Gymnasialprosessoren,' die Wissens- und glaubcnstüchtig genug wären, zu
finden wußte, man die Herbeirnfuug der Gesellschaft Jesu behufs der für Zeit
und Ewigkeit zweckmäßigsten Dressur der hoffnungsvollen tiroler Jugend veran¬
laßte. Ein überglückliches Land fürwahr, das zu seinem vollkommenen Heil nichts
braucht als rothe Fracks und einige spanische Rcitmeister für seine Buben! —

Glück macht übermüthig; was Wunder nun, wenn bei den diesjährigen
Verhandlungen, über deren größte Zahl indessen noch ein ägyptisches Dunkel
liegt, bei Gelegenheit der Eiscnbahnsrage die drei wohlhabendsten Gerichte von
Nordtirol: Kitzbichl, Hopfgarten und Kufstein gegen die Errichtung einer solchen
feierlich protestirten? Die Grunde, mit welchen die Protestation unterstützt wurde
waren dieselben , welche vergangenes Jahr zu eben dem Zwecke gebraucht wurden
nämlich: das wahrscheinliche Zugrundegehen von manchem Wirthshause ein der
Landstraße und die Schmälerung des — Vorspann-Verdienstes. Beim Licht be--


Grenzbote». II. 1847. ß4
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/497>, abgerufen am 26.06.2024.