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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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der Abtheilung über die für die Ostbahn zu bewilligende Garantie vor die ver¬
einigten Curien. Wird diese bewilligt, so hat die Regierung in der Hauptprin-
zipienftage den entschiedensten Sieg erfochten, und die Niederlage bei dem Land-
rcntenbankgesetz ist wieder ausgeglichen. Dazu ist aber wenig Aussicht.


D.
3.
Vom Landtag.

Der Ausgang der Debatte über die für die Ostbahn verlangte Garantie
ist so ausgefallen, wie wir es vermutheten. Dieselbe ist gestern mit einer über¬
wiegenden Majorität (mehr als zwei Drittel, obwohl bei dieser Frage nur die
einfache Wahrheit erforderlich ist) abgelehnt worden. Mit wenigen Ausnahmen
haben sämmtliche Deputirte der Provinz Preußen, trotz der großen Vortheile,
welche ihre Provinz aus dieser Bahn ziehen würde, gegen die Garantie gestimmt,
weil sie in dem gegenwärtigen Zustande der Rechtsunsicherheit und der beeinträch¬
tigten ständischen Rechte eine solche nicht zu leisten im Stande wären. Der Fah¬
nenträger der Opposition war bei dieser Gelegenheit, wie bei so vielen frühern,
wieder Herr von Vincke, der in ausführlicher und überzeugender Weise die Be¬
denken der Rechtspartei darlegte. Die Herren von Auerswald und Hansemann
verfochten dieselbe Ansicht mit großer Energie. Von Seiten der Negierung machte
der Landtagscommissarius Minister v. Bodelschwingh vergeblich die äußersten Anstren¬
gungen, die Annahme durchzusetzen, er scheiterte um so mehr darin, als viele Abge¬
ordnete von sonst konservativen Gesinnungen aus materiellen und, sagen wir es
gradezu heraus, egoistischen Interessen ihrer Provinzen gegen den Gesetzentwurf
stimmten, der dem Staate ein so großes Opfer zu Gunsten einer einzigen Pro¬
vinz auflegt. Uebrigens hätte die liberale Opposition allein, deren Mehrheit sich
in wiederholten Fällen auf das cclatantcste herausgestellt hat, zur Verwerfung
der Garantie hingereicht, allerdings nicht mit einer so zahlreichen Majorität, als
es jetzt geschehen ist. Noch bemerken wir, daß sämmtliche anwesende Prinzen des
königlichen Hauses für den Gesetzentwurf ihre Stimmen abgaben. Allgemein
fragt man sich jetzt, was die Regierung gegenüber der Beharrlichkeit der Stände
unter gegenwärtigen Verhältnissen keine Geldbewilligungen zu machen, für Maa߬
regeln ergreifen wird. Soll überhaupt die preußische Staatsmaschtn" auf den
einmal eingeschlagenen Wege ständischen Lebens sich weiter fortbewegen, so schei¬
nen Concessionen unabweisbar. Die Gelegenheit dazu ist dem Gouvernement
durch die von der zweiten Curie beschlossenen Petitionen aufs Trefflichste geboten;
bei dem unbestreitbaren Einfluß, welchen dasselbe durch einzelne Mitglieder des Her-
rcnstandes auf die erste Curie ausübt, wird es sich in kurzem zeigen, ob die Regie¬
rung wünscht, daß dnrch Beitritt der ersten Curie jene Petitionen vor die Krone
gelangen oder ob sie dem entgegenarbeitet. Im letztem Falle ist es schwer ei¬
,
D. nen befriedigenden Ausweg aus diesem Conflicte anzugeben.




Verlag von Fr. Lndw. Herbig. -- Redacteur: I. Kurauda.
Druck von Friedrich Andrä.

der Abtheilung über die für die Ostbahn zu bewilligende Garantie vor die ver¬
einigten Curien. Wird diese bewilligt, so hat die Regierung in der Hauptprin-
zipienftage den entschiedensten Sieg erfochten, und die Niederlage bei dem Land-
rcntenbankgesetz ist wieder ausgeglichen. Dazu ist aber wenig Aussicht.


D.
3.
Vom Landtag.

Der Ausgang der Debatte über die für die Ostbahn verlangte Garantie
ist so ausgefallen, wie wir es vermutheten. Dieselbe ist gestern mit einer über¬
wiegenden Majorität (mehr als zwei Drittel, obwohl bei dieser Frage nur die
einfache Wahrheit erforderlich ist) abgelehnt worden. Mit wenigen Ausnahmen
haben sämmtliche Deputirte der Provinz Preußen, trotz der großen Vortheile,
welche ihre Provinz aus dieser Bahn ziehen würde, gegen die Garantie gestimmt,
weil sie in dem gegenwärtigen Zustande der Rechtsunsicherheit und der beeinträch¬
tigten ständischen Rechte eine solche nicht zu leisten im Stande wären. Der Fah¬
nenträger der Opposition war bei dieser Gelegenheit, wie bei so vielen frühern,
wieder Herr von Vincke, der in ausführlicher und überzeugender Weise die Be¬
denken der Rechtspartei darlegte. Die Herren von Auerswald und Hansemann
verfochten dieselbe Ansicht mit großer Energie. Von Seiten der Negierung machte
der Landtagscommissarius Minister v. Bodelschwingh vergeblich die äußersten Anstren¬
gungen, die Annahme durchzusetzen, er scheiterte um so mehr darin, als viele Abge¬
ordnete von sonst konservativen Gesinnungen aus materiellen und, sagen wir es
gradezu heraus, egoistischen Interessen ihrer Provinzen gegen den Gesetzentwurf
stimmten, der dem Staate ein so großes Opfer zu Gunsten einer einzigen Pro¬
vinz auflegt. Uebrigens hätte die liberale Opposition allein, deren Mehrheit sich
in wiederholten Fällen auf das cclatantcste herausgestellt hat, zur Verwerfung
der Garantie hingereicht, allerdings nicht mit einer so zahlreichen Majorität, als
es jetzt geschehen ist. Noch bemerken wir, daß sämmtliche anwesende Prinzen des
königlichen Hauses für den Gesetzentwurf ihre Stimmen abgaben. Allgemein
fragt man sich jetzt, was die Regierung gegenüber der Beharrlichkeit der Stände
unter gegenwärtigen Verhältnissen keine Geldbewilligungen zu machen, für Maa߬
regeln ergreifen wird. Soll überhaupt die preußische Staatsmaschtn« auf den
einmal eingeschlagenen Wege ständischen Lebens sich weiter fortbewegen, so schei¬
nen Concessionen unabweisbar. Die Gelegenheit dazu ist dem Gouvernement
durch die von der zweiten Curie beschlossenen Petitionen aufs Trefflichste geboten;
bei dem unbestreitbaren Einfluß, welchen dasselbe durch einzelne Mitglieder des Her-
rcnstandes auf die erste Curie ausübt, wird es sich in kurzem zeigen, ob die Regie¬
rung wünscht, daß dnrch Beitritt der ersten Curie jene Petitionen vor die Krone
gelangen oder ob sie dem entgegenarbeitet. Im letztem Falle ist es schwer ei¬
,
D. nen befriedigenden Ausweg aus diesem Conflicte anzugeben.




Verlag von Fr. Lndw. Herbig. — Redacteur: I. Kurauda.
Druck von Friedrich Andrä.
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[0464] der Abtheilung über die für die Ostbahn zu bewilligende Garantie vor die ver¬ einigten Curien. Wird diese bewilligt, so hat die Regierung in der Hauptprin- zipienftage den entschiedensten Sieg erfochten, und die Niederlage bei dem Land- rcntenbankgesetz ist wieder ausgeglichen. Dazu ist aber wenig Aussicht. D. 3. Vom Landtag. Der Ausgang der Debatte über die für die Ostbahn verlangte Garantie ist so ausgefallen, wie wir es vermutheten. Dieselbe ist gestern mit einer über¬ wiegenden Majorität (mehr als zwei Drittel, obwohl bei dieser Frage nur die einfache Wahrheit erforderlich ist) abgelehnt worden. Mit wenigen Ausnahmen haben sämmtliche Deputirte der Provinz Preußen, trotz der großen Vortheile, welche ihre Provinz aus dieser Bahn ziehen würde, gegen die Garantie gestimmt, weil sie in dem gegenwärtigen Zustande der Rechtsunsicherheit und der beeinträch¬ tigten ständischen Rechte eine solche nicht zu leisten im Stande wären. Der Fah¬ nenträger der Opposition war bei dieser Gelegenheit, wie bei so vielen frühern, wieder Herr von Vincke, der in ausführlicher und überzeugender Weise die Be¬ denken der Rechtspartei darlegte. Die Herren von Auerswald und Hansemann verfochten dieselbe Ansicht mit großer Energie. Von Seiten der Negierung machte der Landtagscommissarius Minister v. Bodelschwingh vergeblich die äußersten Anstren¬ gungen, die Annahme durchzusetzen, er scheiterte um so mehr darin, als viele Abge¬ ordnete von sonst konservativen Gesinnungen aus materiellen und, sagen wir es gradezu heraus, egoistischen Interessen ihrer Provinzen gegen den Gesetzentwurf stimmten, der dem Staate ein so großes Opfer zu Gunsten einer einzigen Pro¬ vinz auflegt. Uebrigens hätte die liberale Opposition allein, deren Mehrheit sich in wiederholten Fällen auf das cclatantcste herausgestellt hat, zur Verwerfung der Garantie hingereicht, allerdings nicht mit einer so zahlreichen Majorität, als es jetzt geschehen ist. Noch bemerken wir, daß sämmtliche anwesende Prinzen des königlichen Hauses für den Gesetzentwurf ihre Stimmen abgaben. Allgemein fragt man sich jetzt, was die Regierung gegenüber der Beharrlichkeit der Stände unter gegenwärtigen Verhältnissen keine Geldbewilligungen zu machen, für Maa߬ regeln ergreifen wird. Soll überhaupt die preußische Staatsmaschtn« auf den einmal eingeschlagenen Wege ständischen Lebens sich weiter fortbewegen, so schei¬ nen Concessionen unabweisbar. Die Gelegenheit dazu ist dem Gouvernement durch die von der zweiten Curie beschlossenen Petitionen aufs Trefflichste geboten; bei dem unbestreitbaren Einfluß, welchen dasselbe durch einzelne Mitglieder des Her- rcnstandes auf die erste Curie ausübt, wird es sich in kurzem zeigen, ob die Regie¬ rung wünscht, daß dnrch Beitritt der ersten Curie jene Petitionen vor die Krone gelangen oder ob sie dem entgegenarbeitet. Im letztem Falle ist es schwer ei¬ , D. nen befriedigenden Ausweg aus diesem Conflicte anzugeben. Verlag von Fr. Lndw. Herbig. — Redacteur: I. Kurauda. Druck von Friedrich Andrä.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/464>, abgerufen am 01.07.2024.