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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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daß es allen diesen Artikeln keinen Glauben mehr bezeugt, seit es weiß, daß
diese Zeitung unter österreichisch ein Censur-Einflüsse erscheine; und so sieht
sich deun unsere hohe Negierung oft in die bemerkenswerthe Lage versetzt,
in die allerradikalsten ausländischen Zeitungen ihre Ansichten einrücken zu
lassen, nur damit sie vom Publikum gelesen und beachtet werden!

In diesem faktischen Sachverhalte allein liegt schon die evidenteste Un¬
Haltbarkeit unserer Censur. Während in allen civilisirten Ländern die Pre߬
gesetze sich immer freier und freisinniger gestalten, während namentlich unser
großes deutsches Nachbarland hierin mit dem edelsten Beispiele vorangeht,
ist es ja gar nicht möglich, daß bei uns die Censur-Gesetze beim Alten blei¬
ben sollten.

Es haben vor wenig Jahren die ausgezeichnetsten vaterländischen Schrift¬
steller ihre Bitten um Milderung der Censur-Gesetze der hohen Regierung
unterbreitet; hochgestellte und ausgezeichnete Persönlichkeiten haben diese
Bittschrift unterzeichnet, welche in dem Herzen eines jeden Vaterlandsfreundes
den hellsten Wiederhall gefunden; ob diese Bittschrift abgewiesen wurde, weiß
ich nicht, daß sie Noch nicht bewilliget wurde, wissen wir Alle, wahrscheinlich
ruht sie noch in dem weiten Schooße der Behörden. Ich stelle daher den
Antrag: die Herren Stände möchten, da sie nun in demselben Falle sind,
daß man ihren eigenen Drucklegungen das "Imprimatur" verweigert, unter
einem mit ihrer Sache, auch die Sache der vaterländischen Schriftsteller, die
Sache des Vaterlands unterstützen, die Negierung auf die Unhaltbarkeit der
bisherigen Censur-Strenge aufmerksam mache", sie um Zwanzig-Bogen-Frei-
heit, und um mildere Gesetze für die Journalistik bitten, Um so mehr, da selbst
in unserm gegenwärtigen Censur - Gesetze der leider nicht befolgte Grundsatz
ausgesprochen ist: daß kein Lichtstrahl, er komme, woher er wolle, unbeach¬
tet bleiben möge. -- Wenn die Herren Stände auf diesen meinen Antrag
einzugehen belieben, so stelle ich den weitern Antrag, die Herren Stände
möchten zur Verfassung der an die hohe Staats-Verwaltung diesfalls zu
stellenden Bitte ein Conn" ernennen, welches die Weisung erhielte^ diese
Bitte in den bescheidensten und loyalsten Tone zu verfassen, und noch in
der Dauer dieser Versammlung den Herren Ständen zur weitern Beurthei¬
lung zu unterbreiten.




Ueber diesen Antrag wurde nach längerer Discussion per eniinentvr majoi"
der Beschluß gefaßt: Die Herren Stände möchten in einer Sr. Majestät zu über¬
reichenden allerunterthänigster Bitte, Se. Majestät auf die Unhaltbarkeit der- gegen¬
wärtigen Censurverhältnisse aufmerksam machen, und Se. Majestät bitten, die gegen-


daß es allen diesen Artikeln keinen Glauben mehr bezeugt, seit es weiß, daß
diese Zeitung unter österreichisch ein Censur-Einflüsse erscheine; und so sieht
sich deun unsere hohe Negierung oft in die bemerkenswerthe Lage versetzt,
in die allerradikalsten ausländischen Zeitungen ihre Ansichten einrücken zu
lassen, nur damit sie vom Publikum gelesen und beachtet werden!

In diesem faktischen Sachverhalte allein liegt schon die evidenteste Un¬
Haltbarkeit unserer Censur. Während in allen civilisirten Ländern die Pre߬
gesetze sich immer freier und freisinniger gestalten, während namentlich unser
großes deutsches Nachbarland hierin mit dem edelsten Beispiele vorangeht,
ist es ja gar nicht möglich, daß bei uns die Censur-Gesetze beim Alten blei¬
ben sollten.

Es haben vor wenig Jahren die ausgezeichnetsten vaterländischen Schrift¬
steller ihre Bitten um Milderung der Censur-Gesetze der hohen Regierung
unterbreitet; hochgestellte und ausgezeichnete Persönlichkeiten haben diese
Bittschrift unterzeichnet, welche in dem Herzen eines jeden Vaterlandsfreundes
den hellsten Wiederhall gefunden; ob diese Bittschrift abgewiesen wurde, weiß
ich nicht, daß sie Noch nicht bewilliget wurde, wissen wir Alle, wahrscheinlich
ruht sie noch in dem weiten Schooße der Behörden. Ich stelle daher den
Antrag: die Herren Stände möchten, da sie nun in demselben Falle sind,
daß man ihren eigenen Drucklegungen das „Imprimatur" verweigert, unter
einem mit ihrer Sache, auch die Sache der vaterländischen Schriftsteller, die
Sache des Vaterlands unterstützen, die Negierung auf die Unhaltbarkeit der
bisherigen Censur-Strenge aufmerksam mache», sie um Zwanzig-Bogen-Frei-
heit, und um mildere Gesetze für die Journalistik bitten, Um so mehr, da selbst
in unserm gegenwärtigen Censur - Gesetze der leider nicht befolgte Grundsatz
ausgesprochen ist: daß kein Lichtstrahl, er komme, woher er wolle, unbeach¬
tet bleiben möge. — Wenn die Herren Stände auf diesen meinen Antrag
einzugehen belieben, so stelle ich den weitern Antrag, die Herren Stände
möchten zur Verfassung der an die hohe Staats-Verwaltung diesfalls zu
stellenden Bitte ein Conn« ernennen, welches die Weisung erhielte^ diese
Bitte in den bescheidensten und loyalsten Tone zu verfassen, und noch in
der Dauer dieser Versammlung den Herren Ständen zur weitern Beurthei¬
lung zu unterbreiten.




Ueber diesen Antrag wurde nach längerer Discussion per eniinentvr majoi»
der Beschluß gefaßt: Die Herren Stände möchten in einer Sr. Majestät zu über¬
reichenden allerunterthänigster Bitte, Se. Majestät auf die Unhaltbarkeit der- gegen¬
wärtigen Censurverhältnisse aufmerksam machen, und Se. Majestät bitten, die gegen-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/426>, abgerufen am 01.07.2024.