Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.und daher dem von Gewinns beabsichtigten Zwecken entsprechender ist der Erst im Jahre 1845 erhielten wir ein Buch, das jenes Bedürfniß einer Grwzbvte". II. ?S"7, 5Y
und daher dem von Gewinns beabsichtigten Zwecken entsprechender ist der Erst im Jahre 1845 erhielten wir ein Buch, das jenes Bedürfniß einer Grwzbvte». II. ?S»7, 5Y
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0389" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/272288"/> <p xml:id="ID_1322" prev="#ID_1321"> und daher dem von Gewinns beabsichtigten Zwecken entsprechender ist der<lb/> Abriß der deutschen Literaturgeschichte, welchen Weber in Heidelberg seinem<lb/> recht praktisch eingerichteten Lehrbuch der Weltgeschichte (Leipzig 1847) bei¬<lb/> gefügt hat. Doch nähert dieser sich schon den hier nicht weiter zu berück¬<lb/> sichtigenden Unterrichtskompendien, unter denen die von I. W. Schaefer<lb/> (4. Aufl. 1846) und K. G. Helbig (3. Aufl. 1847) der mit Gewinns be¬<lb/> ginnenden Periode der Behandlung unserer Literaturgeschichte angehören.</p><lb/> <p xml:id="ID_1323" next="#ID_1324"> Erst im Jahre 1845 erhielten wir ein Buch, das jenes Bedürfniß einer<lb/> eben so gründlichen als durchsichtigen, gedrängten Darstellung der deut¬<lb/> schen Nationalliteratnr für einen großem Kreis gebildeter Leser genügend<lb/> befriedigte und die Nachfrage des bethörten Publikums nach schlechten Fa¬<lb/> brikaten, wie z. B. nach dem erbärmlichen Machwerke von Brederlow<lb/> (1844) gründlich beseitigen mußte. Der Director Wilmar in Marburg,<lb/> ein mit unsrer Literatur, mit der ältern wie mit der neuern völlig vertrauter<lb/> Mann, gab seine in Marburg vor einem Kreise gebildeter Zuhörer gehaltenen<lb/> Vorlesungen über deutsche Literatur heraus, in denen er mit sicherem Takte<lb/> die bedeutendsten Erscheinungen der Literatur auswählte, den Inhalt und<lb/> die Eigenthümlichkeit derselben mit jngendfrischcr Liebe in klaren und lebens-<lb/> warmen Bildern zum sinnigen Verständniß brachte und die Entwickelung des<lb/> deutschen Geistes in unserer Poesie mit wahrhaft künstlerischer Darstellunas-<lb/> gabe anschaulich machte. Nur seiue Begeisterung für das christlich-germani¬<lb/> sche Prinzip des Mittelalters und seine der modernen Bewegung abholden<lb/> politischen nud kirchlichen Ansichten, die ihn in unserer Culturentwickelung<lb/> ein Wiedergewinneil der natürlich von der Zeit modifizirten gemanisch-christ-<lb/> lichen Befriedigung hoffen ließen, verleiteten ihn zu manchem einseitigen<lb/> Urtheil, das dem freier gesinnten Leser unangenehm sein muß. Doch ist es<lb/> dem Versasser mit seinein Glauben und Wissen überall Ernst und er besitzt<lb/> zu viel Geist und Bildung, um sich, wie leichtfertige und selbstsüchtige Par¬<lb/> teigänger der Reaction, gegen Anerkennung des Großen und Schönen in<lb/> denjenigen Richtungen und Bestrebungen zu verrennen, die ihm an und für<lb/> sich nicht gefallen. Er schließt übrigens seine Vorlesungen mit Rückert und<lb/> Platen ab, denn an der folgenden Zeit hat er, wie er unveiholeu gesteht,<lb/> keine Freude. Darüber wollen wir weiter nicht mit ihm rechten. Die Ge¬<lb/> schichte entwickelt sich vorwärts, mag der einzelne Mensch darüber murren<lb/> wie er will. Wir aber wollen uns freuen, daß sie sich so entwickelt und es<lb/> dankbar anerkennen, was uns ein geistvoller Mann, wenn er auch die jetzige<lb/> Entwickelung nicht verstehen will und kann, zum Verständniß früherer Zeiten,<lb/> welche er vollkommen begreift, geboten hat. Schon innerhall» Jahresfrist</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grwzbvte». II. ?S»7, 5Y</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0389]
und daher dem von Gewinns beabsichtigten Zwecken entsprechender ist der
Abriß der deutschen Literaturgeschichte, welchen Weber in Heidelberg seinem
recht praktisch eingerichteten Lehrbuch der Weltgeschichte (Leipzig 1847) bei¬
gefügt hat. Doch nähert dieser sich schon den hier nicht weiter zu berück¬
sichtigenden Unterrichtskompendien, unter denen die von I. W. Schaefer
(4. Aufl. 1846) und K. G. Helbig (3. Aufl. 1847) der mit Gewinns be¬
ginnenden Periode der Behandlung unserer Literaturgeschichte angehören.
Erst im Jahre 1845 erhielten wir ein Buch, das jenes Bedürfniß einer
eben so gründlichen als durchsichtigen, gedrängten Darstellung der deut¬
schen Nationalliteratnr für einen großem Kreis gebildeter Leser genügend
befriedigte und die Nachfrage des bethörten Publikums nach schlechten Fa¬
brikaten, wie z. B. nach dem erbärmlichen Machwerke von Brederlow
(1844) gründlich beseitigen mußte. Der Director Wilmar in Marburg,
ein mit unsrer Literatur, mit der ältern wie mit der neuern völlig vertrauter
Mann, gab seine in Marburg vor einem Kreise gebildeter Zuhörer gehaltenen
Vorlesungen über deutsche Literatur heraus, in denen er mit sicherem Takte
die bedeutendsten Erscheinungen der Literatur auswählte, den Inhalt und
die Eigenthümlichkeit derselben mit jngendfrischcr Liebe in klaren und lebens-
warmen Bildern zum sinnigen Verständniß brachte und die Entwickelung des
deutschen Geistes in unserer Poesie mit wahrhaft künstlerischer Darstellunas-
gabe anschaulich machte. Nur seiue Begeisterung für das christlich-germani¬
sche Prinzip des Mittelalters und seine der modernen Bewegung abholden
politischen nud kirchlichen Ansichten, die ihn in unserer Culturentwickelung
ein Wiedergewinneil der natürlich von der Zeit modifizirten gemanisch-christ-
lichen Befriedigung hoffen ließen, verleiteten ihn zu manchem einseitigen
Urtheil, das dem freier gesinnten Leser unangenehm sein muß. Doch ist es
dem Versasser mit seinein Glauben und Wissen überall Ernst und er besitzt
zu viel Geist und Bildung, um sich, wie leichtfertige und selbstsüchtige Par¬
teigänger der Reaction, gegen Anerkennung des Großen und Schönen in
denjenigen Richtungen und Bestrebungen zu verrennen, die ihm an und für
sich nicht gefallen. Er schließt übrigens seine Vorlesungen mit Rückert und
Platen ab, denn an der folgenden Zeit hat er, wie er unveiholeu gesteht,
keine Freude. Darüber wollen wir weiter nicht mit ihm rechten. Die Ge¬
schichte entwickelt sich vorwärts, mag der einzelne Mensch darüber murren
wie er will. Wir aber wollen uns freuen, daß sie sich so entwickelt und es
dankbar anerkennen, was uns ein geistvoller Mann, wenn er auch die jetzige
Entwickelung nicht verstehen will und kann, zum Verständniß früherer Zeiten,
welche er vollkommen begreift, geboten hat. Schon innerhall» Jahresfrist
Grwzbvte». II. ?S»7, 5Y
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