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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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berufung der preußischen Stände die Absicht einer abzuschließenden Anleihe
mit unterlegt--in einer Zeit, wo der ohnehin kostspielige Credit noch
in solcher Art von mehreren Seiten zugleich in Anspruch genommen und ver¬
teuert wird, war es wohl am allerwenigsten für Oesterreich der rechte Mo¬
ment, Geld zu suchen, für einen Bedarf, dessen erste Rate im Monat Juni
eingezahlt, daher wohl daun erst nöthig sein wird; hätte man bis dahin, wo
mit großer Wahrscheinlichkeit (?) eine Besserung der allgemeinen Geldver-
hältnisse zu erwarten (?) nicht temporiftren können? In den letzten Wochen
erst hatte man sich von dem willigen und raschen Ankaufe der nur drei
Procent Zinsen tragenden Eeutralkassenanweisungen, selbst in den Provinzen,
überzeugt; hätte man nicht noch willigere und raschere Abnehmer gefunden,
wenn man um dem nächsten Bedürfnisse, falls dieses wirklich so dringend zu
genügen, den Betrag, der in den Monaten Juni, Juli und August fälligen
drei ersten Raten des 5 °/> Urlebens, zusammen im Belaufe von nicht ganz
Millionen durch die Ausgabe von 4 oder 5 Millionen nöthigenfalls 4 "/"
Eentraltassenanweisungen zu decken gesucht hätte, die gewiß rasch ab- und
sür K Monate in bleibende Hände übergegangen wären? -- Hätte man dann
zu jener Zeit nicht unter günstigeren Bedingungen Geld erhalten können? --
Und abgesehen hiervon, war wohl jetzt die Lage des Geldmarktes geeignet,
eine Anleihe abzuschließen, die in 05 Monatsraten eingezahlt, also erst mit
Ende des Jahres 1852'.! in 5z Jahren!! gänzlich realisirt werden soll?--
Ist der Geldmarkt im Jahre 1847 der Moment, um für die Bedürfnisse
der nächsten 6 Jahre zu sorgen? -- Lauter Fragen so inhaltsschwer, daß
vielleicht die hiesigen, nie verlegenen Optimisten der Augsburger Allgemeinen
oder die Finanznotabilitäten des Triester Lloydjonrnals eine Antwort dar¬
aus, wohl aber gewiß keinen unbefangenen Sachverständigen finden werden,
dem diese Antwort genügen kann! Was werden Sie von einem Hausvater
sagen, der bei deu Getraidepreisen vom Februar 1847 sich auf 5 ^ Jahre im
Voraus seinen Brodbedarf sichern wollte, und zum jetzigen Marktpreise mit
seinen Brodlieferanten abschließen würde, für seinen Bedarf, der nach und
nach in 65 Monaten abgeliefert werden soll?? ------

Einmal entschlossen in solcher Zeit in die Hände der dreieinigen hie¬
sigen Geldmacht, ohne Versuch einer Eoucurrenz sich zu ergeben, sind die
andern großen Nachtheile der ganzen Transaction nur eine natürliche Folge
des ersten Fehlers. Man hat 40 Millionen Gulden zu ^ und 80 Millio¬
nen zu 2z." negozirt, also 120 Millionen verschrieben, wofür nebst vielleicht
2 Millionen Agio 80 Millionen dem Staate wirklich eingezahlt werden. Ist


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berufung der preußischen Stände die Absicht einer abzuschließenden Anleihe
mit unterlegt--in einer Zeit, wo der ohnehin kostspielige Credit noch
in solcher Art von mehreren Seiten zugleich in Anspruch genommen und ver¬
teuert wird, war es wohl am allerwenigsten für Oesterreich der rechte Mo¬
ment, Geld zu suchen, für einen Bedarf, dessen erste Rate im Monat Juni
eingezahlt, daher wohl daun erst nöthig sein wird; hätte man bis dahin, wo
mit großer Wahrscheinlichkeit (?) eine Besserung der allgemeinen Geldver-
hältnisse zu erwarten (?) nicht temporiftren können? In den letzten Wochen
erst hatte man sich von dem willigen und raschen Ankaufe der nur drei
Procent Zinsen tragenden Eeutralkassenanweisungen, selbst in den Provinzen,
überzeugt; hätte man nicht noch willigere und raschere Abnehmer gefunden,
wenn man um dem nächsten Bedürfnisse, falls dieses wirklich so dringend zu
genügen, den Betrag, der in den Monaten Juni, Juli und August fälligen
drei ersten Raten des 5 °/> Urlebens, zusammen im Belaufe von nicht ganz
Millionen durch die Ausgabe von 4 oder 5 Millionen nöthigenfalls 4 "/»
Eentraltassenanweisungen zu decken gesucht hätte, die gewiß rasch ab- und
sür K Monate in bleibende Hände übergegangen wären? — Hätte man dann
zu jener Zeit nicht unter günstigeren Bedingungen Geld erhalten können? —
Und abgesehen hiervon, war wohl jetzt die Lage des Geldmarktes geeignet,
eine Anleihe abzuschließen, die in 05 Monatsraten eingezahlt, also erst mit
Ende des Jahres 1852'.! in 5z Jahren!! gänzlich realisirt werden soll?—
Ist der Geldmarkt im Jahre 1847 der Moment, um für die Bedürfnisse
der nächsten 6 Jahre zu sorgen? — Lauter Fragen so inhaltsschwer, daß
vielleicht die hiesigen, nie verlegenen Optimisten der Augsburger Allgemeinen
oder die Finanznotabilitäten des Triester Lloydjonrnals eine Antwort dar¬
aus, wohl aber gewiß keinen unbefangenen Sachverständigen finden werden,
dem diese Antwort genügen kann! Was werden Sie von einem Hausvater
sagen, der bei deu Getraidepreisen vom Februar 1847 sich auf 5 ^ Jahre im
Voraus seinen Brodbedarf sichern wollte, und zum jetzigen Marktpreise mit
seinen Brodlieferanten abschließen würde, für seinen Bedarf, der nach und
nach in 65 Monaten abgeliefert werden soll?? —----

Einmal entschlossen in solcher Zeit in die Hände der dreieinigen hie¬
sigen Geldmacht, ohne Versuch einer Eoucurrenz sich zu ergeben, sind die
andern großen Nachtheile der ganzen Transaction nur eine natürliche Folge
des ersten Fehlers. Man hat 40 Millionen Gulden zu ^ und 80 Millio¬
nen zu 2z.« negozirt, also 120 Millionen verschrieben, wofür nebst vielleicht
2 Millionen Agio 80 Millionen dem Staate wirklich eingezahlt werden. Ist


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/33>, abgerufen am 01.07.2024.