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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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pathie erwehren für die letzten heldenmüthigen Anstrengungen des Genius,
der von der Masse erdrückt wurde.




Hier endet der französische Biograph, der seine Aufgabe überhaupt nur
darin suchte, den siegreichen Gegner Napoleon's und seiner Feldherrn zu
zeichnen, in so weit er für die französische Ration von Interesse ist. Die
glänzende Anerkennung, die von solcher Seite dein Helden ward, dessen
Lorbeer auf Kosten Frankreichs und der Ehre seiner Feldherren emporwuchs,
wiegt dreimal so schwer. Es zeigt, wie tief die Achtung für den Helden selbst
bei seinen Gegnern, die er bekämpfte und so oft besiegte, eingewurzelt ist.
"j^'^rcliiliuc Olmrl,;"" ist auch bei den Franzosen ein populärer Name;
die vielfachen Züge der Humanität, die er gegen Gefangene ausgeübt, die
Loyalität seiner ganzen Handlungsweise dem Feinde gegenüber, die per¬
sönliche Tapferkeit, die nirgends mehr Anerkennung findet als in Frank¬
reich, die beispiellose Hingebung und Sell'stanfopsernng, mit welcher er
die Krone Spaniens ausgeschlagen und seinen eigenen Ehrgeiz unterdrückte
zu einer Zeit, wo in Frankreich die egoistischen Ambitionen die leitenden
Motive des Tages waren und man auf Kronen Jagd machte wie auf
Hirsche und Auerhähne --- alle diese seltnen unerhörten Eigenschaften haben
unserm Helden Bewunderung und Popularität in der Mitte jener Nation
erworben, die ihn eigentlich hassen mußte. Vergleicht man die Art und
Weise, wie Frankreich und seine Schriftsteller von Wellington sprechen, mit
der Art und Weise, wie sie den Erzherzog Karl behandeln , so wird es erst
recht klar, wie wunderbar die edle Persönlichkeit des Siegers von Aspern
selbst auf seiue Feinde gewirkt hat.

Was er uns Deutschen, was er Oesterreich gewesen, das können die
Franzosen freilich nicht beurtheilen. Im Gegentheil gehört es zu der Ei¬
genthümlichkeit französischer Nation, daß sie keinen großen Mann begreifen
können, der nicht französische Sympathien im Herzen hat, und wo sie zur
Anerkennung gezwungen sind, da schieben sie, selbst gegen Me geschichtliche
Belege, Zuneigungen für Frankreich unter. So enthält auch das .Saum"!
ach Ovli-des, das in einer seiner letzten Nummern dem Erzherzog Karl ei¬
nen warmen Nachruf widmet, folgende merkwürdige Stelle. "Im Inner¬
sten seines Herzens ein Freund, ein leidenschaftlicher Bewunderer Napo¬
leon's, voll von gerechtem Mißtrauen gegen Rußland, im Widerspruch
gegen alle Koalitionen, die gegen uns gerichtet waren, ein hinlänglich klar-
schauender Politiker, um vorauszusehen, daß die Früchte aller blutigen


pathie erwehren für die letzten heldenmüthigen Anstrengungen des Genius,
der von der Masse erdrückt wurde.




Hier endet der französische Biograph, der seine Aufgabe überhaupt nur
darin suchte, den siegreichen Gegner Napoleon's und seiner Feldherrn zu
zeichnen, in so weit er für die französische Ration von Interesse ist. Die
glänzende Anerkennung, die von solcher Seite dein Helden ward, dessen
Lorbeer auf Kosten Frankreichs und der Ehre seiner Feldherren emporwuchs,
wiegt dreimal so schwer. Es zeigt, wie tief die Achtung für den Helden selbst
bei seinen Gegnern, die er bekämpfte und so oft besiegte, eingewurzelt ist.
„j^'^rcliiliuc Olmrl,;«" ist auch bei den Franzosen ein populärer Name;
die vielfachen Züge der Humanität, die er gegen Gefangene ausgeübt, die
Loyalität seiner ganzen Handlungsweise dem Feinde gegenüber, die per¬
sönliche Tapferkeit, die nirgends mehr Anerkennung findet als in Frank¬
reich, die beispiellose Hingebung und Sell'stanfopsernng, mit welcher er
die Krone Spaniens ausgeschlagen und seinen eigenen Ehrgeiz unterdrückte
zu einer Zeit, wo in Frankreich die egoistischen Ambitionen die leitenden
Motive des Tages waren und man auf Kronen Jagd machte wie auf
Hirsche und Auerhähne --- alle diese seltnen unerhörten Eigenschaften haben
unserm Helden Bewunderung und Popularität in der Mitte jener Nation
erworben, die ihn eigentlich hassen mußte. Vergleicht man die Art und
Weise, wie Frankreich und seine Schriftsteller von Wellington sprechen, mit
der Art und Weise, wie sie den Erzherzog Karl behandeln , so wird es erst
recht klar, wie wunderbar die edle Persönlichkeit des Siegers von Aspern
selbst auf seiue Feinde gewirkt hat.

Was er uns Deutschen, was er Oesterreich gewesen, das können die
Franzosen freilich nicht beurtheilen. Im Gegentheil gehört es zu der Ei¬
genthümlichkeit französischer Nation, daß sie keinen großen Mann begreifen
können, der nicht französische Sympathien im Herzen hat, und wo sie zur
Anerkennung gezwungen sind, da schieben sie, selbst gegen Me geschichtliche
Belege, Zuneigungen für Frankreich unter. So enthält auch das .Saum»!
ach Ovli-des, das in einer seiner letzten Nummern dem Erzherzog Karl ei¬
nen warmen Nachruf widmet, folgende merkwürdige Stelle. „Im Inner¬
sten seines Herzens ein Freund, ein leidenschaftlicher Bewunderer Napo¬
leon's, voll von gerechtem Mißtrauen gegen Rußland, im Widerspruch
gegen alle Koalitionen, die gegen uns gerichtet waren, ein hinlänglich klar-
schauender Politiker, um vorauszusehen, daß die Früchte aller blutigen


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[0262] pathie erwehren für die letzten heldenmüthigen Anstrengungen des Genius, der von der Masse erdrückt wurde. Hier endet der französische Biograph, der seine Aufgabe überhaupt nur darin suchte, den siegreichen Gegner Napoleon's und seiner Feldherrn zu zeichnen, in so weit er für die französische Ration von Interesse ist. Die glänzende Anerkennung, die von solcher Seite dein Helden ward, dessen Lorbeer auf Kosten Frankreichs und der Ehre seiner Feldherren emporwuchs, wiegt dreimal so schwer. Es zeigt, wie tief die Achtung für den Helden selbst bei seinen Gegnern, die er bekämpfte und so oft besiegte, eingewurzelt ist. „j^'^rcliiliuc Olmrl,;«" ist auch bei den Franzosen ein populärer Name; die vielfachen Züge der Humanität, die er gegen Gefangene ausgeübt, die Loyalität seiner ganzen Handlungsweise dem Feinde gegenüber, die per¬ sönliche Tapferkeit, die nirgends mehr Anerkennung findet als in Frank¬ reich, die beispiellose Hingebung und Sell'stanfopsernng, mit welcher er die Krone Spaniens ausgeschlagen und seinen eigenen Ehrgeiz unterdrückte zu einer Zeit, wo in Frankreich die egoistischen Ambitionen die leitenden Motive des Tages waren und man auf Kronen Jagd machte wie auf Hirsche und Auerhähne --- alle diese seltnen unerhörten Eigenschaften haben unserm Helden Bewunderung und Popularität in der Mitte jener Nation erworben, die ihn eigentlich hassen mußte. Vergleicht man die Art und Weise, wie Frankreich und seine Schriftsteller von Wellington sprechen, mit der Art und Weise, wie sie den Erzherzog Karl behandeln , so wird es erst recht klar, wie wunderbar die edle Persönlichkeit des Siegers von Aspern selbst auf seiue Feinde gewirkt hat. Was er uns Deutschen, was er Oesterreich gewesen, das können die Franzosen freilich nicht beurtheilen. Im Gegentheil gehört es zu der Ei¬ genthümlichkeit französischer Nation, daß sie keinen großen Mann begreifen können, der nicht französische Sympathien im Herzen hat, und wo sie zur Anerkennung gezwungen sind, da schieben sie, selbst gegen Me geschichtliche Belege, Zuneigungen für Frankreich unter. So enthält auch das .Saum»! ach Ovli-des, das in einer seiner letzten Nummern dem Erzherzog Karl ei¬ nen warmen Nachruf widmet, folgende merkwürdige Stelle. „Im Inner¬ sten seines Herzens ein Freund, ein leidenschaftlicher Bewunderer Napo¬ leon's, voll von gerechtem Mißtrauen gegen Rußland, im Widerspruch gegen alle Koalitionen, die gegen uns gerichtet waren, ein hinlänglich klar- schauender Politiker, um vorauszusehen, daß die Früchte aller blutigen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/262>, abgerufen am 03.07.2024.