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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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beigeführt werden. So üuul man z. B. annehmen, daß, wenn man in
Stuttgart einen Brief nach Schwerin in Mecklenburg aufgibt, die taxische,
dortige Postverwaltung denselben über die taxischen Ober-Postämter in Frank¬
furt und Hamburg spedirt, um bis so lauge das ganze Porto dafür zu be¬
halten, obgleich derselbe über Erfurt und Magdeburg gewiß 1'/^ Tag früher
ankommen würde. Umgekehrt aber wird das Ober-Postamt in Schwerin
einen Brief nach Stuttgart den zwar rascheren, aber mich schwereren Weg
durch Preußen nehmen lassen, da Mecklenburg einen derartigen PostVertrag
mit Preußen abgeschlossen hat, und so geht es, mehr oder weniger auf¬
fallend, sehr häufig. Freilich wundert sich dann das Publikum mit Recht,
wenn es in einer Woche so viel und in der zweiten Woche wieder anders
für einen gleichen Brief bezahlen muß. Diese Verwirrung, die in unserm
deutschen Postwesen als nothgedruugeue Folge seiner Zersplitterung herrscht
und vou der wir uur hier einige wenige Beispiele angeführt haben, tritt aber
immer auffallender hervor. Je mehr die anderweitigen trefflichen Communi-
cationsmittel, besonders die Eisenbahnen das Reisen erleichtern, je stärker
der allgemeine Verkehr der deutschen Staaten unter einander zunimmt und
eine immer vermehrtere Korrespondenz auch in entferntere Gegenden be¬
wirkt, desto empfindlicher fühlt man natürlich, wie weit unser jetziges Post¬
wesen in vieler Beziehung hinter den Anforderungen unserer Zeit zurückge¬
blieben ist. Je kleiner der Staat ist, je mehr also seine Korrespondenz
über die Grenzen desselben hinausgehen wird, desto stärker wird er von dieser
Verwirrung getroffen. Der Bewohner eines größeren Reiches spürt natür¬
lich am wenigsten davon. Im Allgemeinen wird seine Korrespondenz die
Grenzen des eigenen Landes nicht überschreiten, da diese ihm ja einen so
viel weiteren Spielraum für dieselbe gewähren. Er wird also weit häufiger
und mit seiner eigenen PostVerwaltung zu thun haben, und wenn diese so
lobenswerthe Bestimmungen enthält wie es z. B. in Oesterreich bei den Be¬
stimmungen über das Porto der Briefe der Fall ist, weit weniger gerechte
Klage über den jetzigen Zustand unseres Postwesens im Allgemeinen führen
können. Nur in so weit er durch seine Korrespondenz mit andern deutschen
Staaten zu thun hat, wird auch er von dieser Ungleichheit mit getroffen,
welche mit den andern Ländern in Korrespondenz stehen. Wie nimmt aber
auch die Zahl dieser selbst in deu großem deutschen Staaten von Jahr zu
Jahr immer mehr zu, wie muß also anch dort der Wunsch nach einer Ver¬
änderung hierin immer allgemeiner und dringender werden. Wenn wir nun
bisher die Unbefriedigtheit mit unseren jetzigen postalischen Einrichtungen in
Deutschland, wie wir hoffen, genügend dargethan haben, so frägt es sich,


beigeführt werden. So üuul man z. B. annehmen, daß, wenn man in
Stuttgart einen Brief nach Schwerin in Mecklenburg aufgibt, die taxische,
dortige Postverwaltung denselben über die taxischen Ober-Postämter in Frank¬
furt und Hamburg spedirt, um bis so lauge das ganze Porto dafür zu be¬
halten, obgleich derselbe über Erfurt und Magdeburg gewiß 1'/^ Tag früher
ankommen würde. Umgekehrt aber wird das Ober-Postamt in Schwerin
einen Brief nach Stuttgart den zwar rascheren, aber mich schwereren Weg
durch Preußen nehmen lassen, da Mecklenburg einen derartigen PostVertrag
mit Preußen abgeschlossen hat, und so geht es, mehr oder weniger auf¬
fallend, sehr häufig. Freilich wundert sich dann das Publikum mit Recht,
wenn es in einer Woche so viel und in der zweiten Woche wieder anders
für einen gleichen Brief bezahlen muß. Diese Verwirrung, die in unserm
deutschen Postwesen als nothgedruugeue Folge seiner Zersplitterung herrscht
und vou der wir uur hier einige wenige Beispiele angeführt haben, tritt aber
immer auffallender hervor. Je mehr die anderweitigen trefflichen Communi-
cationsmittel, besonders die Eisenbahnen das Reisen erleichtern, je stärker
der allgemeine Verkehr der deutschen Staaten unter einander zunimmt und
eine immer vermehrtere Korrespondenz auch in entferntere Gegenden be¬
wirkt, desto empfindlicher fühlt man natürlich, wie weit unser jetziges Post¬
wesen in vieler Beziehung hinter den Anforderungen unserer Zeit zurückge¬
blieben ist. Je kleiner der Staat ist, je mehr also seine Korrespondenz
über die Grenzen desselben hinausgehen wird, desto stärker wird er von dieser
Verwirrung getroffen. Der Bewohner eines größeren Reiches spürt natür¬
lich am wenigsten davon. Im Allgemeinen wird seine Korrespondenz die
Grenzen des eigenen Landes nicht überschreiten, da diese ihm ja einen so
viel weiteren Spielraum für dieselbe gewähren. Er wird also weit häufiger
und mit seiner eigenen PostVerwaltung zu thun haben, und wenn diese so
lobenswerthe Bestimmungen enthält wie es z. B. in Oesterreich bei den Be¬
stimmungen über das Porto der Briefe der Fall ist, weit weniger gerechte
Klage über den jetzigen Zustand unseres Postwesens im Allgemeinen führen
können. Nur in so weit er durch seine Korrespondenz mit andern deutschen
Staaten zu thun hat, wird auch er von dieser Ungleichheit mit getroffen,
welche mit den andern Ländern in Korrespondenz stehen. Wie nimmt aber
auch die Zahl dieser selbst in deu großem deutschen Staaten von Jahr zu
Jahr immer mehr zu, wie muß also anch dort der Wunsch nach einer Ver¬
änderung hierin immer allgemeiner und dringender werden. Wenn wir nun
bisher die Unbefriedigtheit mit unseren jetzigen postalischen Einrichtungen in
Deutschland, wie wir hoffen, genügend dargethan haben, so frägt es sich,


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[0245] beigeführt werden. So üuul man z. B. annehmen, daß, wenn man in Stuttgart einen Brief nach Schwerin in Mecklenburg aufgibt, die taxische, dortige Postverwaltung denselben über die taxischen Ober-Postämter in Frank¬ furt und Hamburg spedirt, um bis so lauge das ganze Porto dafür zu be¬ halten, obgleich derselbe über Erfurt und Magdeburg gewiß 1'/^ Tag früher ankommen würde. Umgekehrt aber wird das Ober-Postamt in Schwerin einen Brief nach Stuttgart den zwar rascheren, aber mich schwereren Weg durch Preußen nehmen lassen, da Mecklenburg einen derartigen PostVertrag mit Preußen abgeschlossen hat, und so geht es, mehr oder weniger auf¬ fallend, sehr häufig. Freilich wundert sich dann das Publikum mit Recht, wenn es in einer Woche so viel und in der zweiten Woche wieder anders für einen gleichen Brief bezahlen muß. Diese Verwirrung, die in unserm deutschen Postwesen als nothgedruugeue Folge seiner Zersplitterung herrscht und vou der wir uur hier einige wenige Beispiele angeführt haben, tritt aber immer auffallender hervor. Je mehr die anderweitigen trefflichen Communi- cationsmittel, besonders die Eisenbahnen das Reisen erleichtern, je stärker der allgemeine Verkehr der deutschen Staaten unter einander zunimmt und eine immer vermehrtere Korrespondenz auch in entferntere Gegenden be¬ wirkt, desto empfindlicher fühlt man natürlich, wie weit unser jetziges Post¬ wesen in vieler Beziehung hinter den Anforderungen unserer Zeit zurückge¬ blieben ist. Je kleiner der Staat ist, je mehr also seine Korrespondenz über die Grenzen desselben hinausgehen wird, desto stärker wird er von dieser Verwirrung getroffen. Der Bewohner eines größeren Reiches spürt natür¬ lich am wenigsten davon. Im Allgemeinen wird seine Korrespondenz die Grenzen des eigenen Landes nicht überschreiten, da diese ihm ja einen so viel weiteren Spielraum für dieselbe gewähren. Er wird also weit häufiger und mit seiner eigenen PostVerwaltung zu thun haben, und wenn diese so lobenswerthe Bestimmungen enthält wie es z. B. in Oesterreich bei den Be¬ stimmungen über das Porto der Briefe der Fall ist, weit weniger gerechte Klage über den jetzigen Zustand unseres Postwesens im Allgemeinen führen können. Nur in so weit er durch seine Korrespondenz mit andern deutschen Staaten zu thun hat, wird auch er von dieser Ungleichheit mit getroffen, welche mit den andern Ländern in Korrespondenz stehen. Wie nimmt aber auch die Zahl dieser selbst in deu großem deutschen Staaten von Jahr zu Jahr immer mehr zu, wie muß also anch dort der Wunsch nach einer Ver¬ änderung hierin immer allgemeiner und dringender werden. Wenn wir nun bisher die Unbefriedigtheit mit unseren jetzigen postalischen Einrichtungen in Deutschland, wie wir hoffen, genügend dargethan haben, so frägt es sich,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/245>, abgerufen am 22.07.2024.