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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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Summe oder ein gleichschweres Packet hin und wieder zurück, vou und nach
gleichem Ort, und man wird bei größerer Entfernung unter 100 Malen, ge-
wiß 00 Mal verschiedenes Porto für die sonst doch ganz gleiche Sendung
zahlen müssen. Denn der eine Staat bestimmt, daß die Progression des
Geldporto's von zehn zu zehn Thalern oder Gulden steige, der andere wieder
von 25 bis 25; der verbietet die Verpackung von Gold und Silber, der an¬
dere gestattet sie wieder; dieser läßt ermäßigtes Fahrpostportv eintreten, wenn
Briefe mit Acten so und so schwer sind, der andere wieder nicht, sobald nicht
die Declaration des Werthes auf der Adresse angegeben ist oder fünf Sie¬
gel darauf gesetzt send, und so bestehen in allen diesen Sachen tausendfache
Verschiedenheiten bei den getrennten größeren und kleineren Staaten Deutsch¬
lands. Wie kann man also einem Postbeamten, und sei er anch der routi-
nirteste in seinem Fache, zumuthen, daß er alle diese Bestimmungen im Kopfe
wisse, ja sich sogar rasch im Augenblicke, wie es ja bei der Abfertigung
des Publikums am Schalter nothwendig ist, das Richtige daraus entnehme.
Werden diese armen geplagten Meuscheu doch schou so genugsam mit der
Unmasse von Verordnungen aller Art, die sich auf die postalischen Verhält¬
nisse des eigeuen Landes beziehen, gequält, als daß mau noch von ihnen er-
warten könnte, sie sollten Gleiches von allen übrigen !!4 Bundesstaaten
wissen. Schon bei bloßen. Briefen, die um etwas schwer sind, tritt eine
bedeutende Schwierigkeit bei ihrer richtigen Taxirung ein, und fast alle Post-
anstalten Deutschlands begehen hierbei täglich unzählige Verstöße.

Jeder Postbeamte, der offenherzig ist, wird uns in allen diese" Be¬
hauptungen Recht geben müssen, denn wir sprechen hier aus eigener Erfah¬
rung, da wir, um das Postwesen genau kennen zu lernen, fast zwei Jahre
bei eitlem preußischen Postamte und dann bei einem Grenz - und auch einem
Ober-Postamte eines norddeutschen Staates praktizirten und nun schou in
mehrjährigen Reisen durch alle Gegenden Deutschlands hinreichend Gelegen¬
heit haben, uns von den verschiedenen Zuständen unseres Postwesens, durch
eigene Anschauung, zu unterrichten. Auch die verschiedenen Postverträge,
welche bisweilen die einzelnen Staaten mit einander abgeschlossen haben, um
sich möglichst viel gegenseitige Korrespondenz zuzuführen, erhöhen noch be¬
deutend diese Verwirrung. Welche Umwege muß dadurch oft ein armer
Brief macheu, um endlich das gewünschte Ziel zu erreichen. Jeder Staat
bemüht sich, ihn so lauge wie möglich in seinem eigenen Gebiete zu behal--
ten, um ja so viel Porto wie nur irgend thunlich davon zu detourner, und
ihn dann der durch Vertrag befreundeten Postverwaltung zuzuführen, unbe¬
kümmert, ob uoch so große Umwege dadurch entstehen und Zeitverluste her-


Summe oder ein gleichschweres Packet hin und wieder zurück, vou und nach
gleichem Ort, und man wird bei größerer Entfernung unter 100 Malen, ge-
wiß 00 Mal verschiedenes Porto für die sonst doch ganz gleiche Sendung
zahlen müssen. Denn der eine Staat bestimmt, daß die Progression des
Geldporto's von zehn zu zehn Thalern oder Gulden steige, der andere wieder
von 25 bis 25; der verbietet die Verpackung von Gold und Silber, der an¬
dere gestattet sie wieder; dieser läßt ermäßigtes Fahrpostportv eintreten, wenn
Briefe mit Acten so und so schwer sind, der andere wieder nicht, sobald nicht
die Declaration des Werthes auf der Adresse angegeben ist oder fünf Sie¬
gel darauf gesetzt send, und so bestehen in allen diesen Sachen tausendfache
Verschiedenheiten bei den getrennten größeren und kleineren Staaten Deutsch¬
lands. Wie kann man also einem Postbeamten, und sei er anch der routi-
nirteste in seinem Fache, zumuthen, daß er alle diese Bestimmungen im Kopfe
wisse, ja sich sogar rasch im Augenblicke, wie es ja bei der Abfertigung
des Publikums am Schalter nothwendig ist, das Richtige daraus entnehme.
Werden diese armen geplagten Meuscheu doch schou so genugsam mit der
Unmasse von Verordnungen aller Art, die sich auf die postalischen Verhält¬
nisse des eigeuen Landes beziehen, gequält, als daß mau noch von ihnen er-
warten könnte, sie sollten Gleiches von allen übrigen !!4 Bundesstaaten
wissen. Schon bei bloßen. Briefen, die um etwas schwer sind, tritt eine
bedeutende Schwierigkeit bei ihrer richtigen Taxirung ein, und fast alle Post-
anstalten Deutschlands begehen hierbei täglich unzählige Verstöße.

Jeder Postbeamte, der offenherzig ist, wird uns in allen diese» Be¬
hauptungen Recht geben müssen, denn wir sprechen hier aus eigener Erfah¬
rung, da wir, um das Postwesen genau kennen zu lernen, fast zwei Jahre
bei eitlem preußischen Postamte und dann bei einem Grenz - und auch einem
Ober-Postamte eines norddeutschen Staates praktizirten und nun schou in
mehrjährigen Reisen durch alle Gegenden Deutschlands hinreichend Gelegen¬
heit haben, uns von den verschiedenen Zuständen unseres Postwesens, durch
eigene Anschauung, zu unterrichten. Auch die verschiedenen Postverträge,
welche bisweilen die einzelnen Staaten mit einander abgeschlossen haben, um
sich möglichst viel gegenseitige Korrespondenz zuzuführen, erhöhen noch be¬
deutend diese Verwirrung. Welche Umwege muß dadurch oft ein armer
Brief macheu, um endlich das gewünschte Ziel zu erreichen. Jeder Staat
bemüht sich, ihn so lauge wie möglich in seinem eigenen Gebiete zu behal--
ten, um ja so viel Porto wie nur irgend thunlich davon zu detourner, und
ihn dann der durch Vertrag befreundeten Postverwaltung zuzuführen, unbe¬
kümmert, ob uoch so große Umwege dadurch entstehen und Zeitverluste her-


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[0244] Summe oder ein gleichschweres Packet hin und wieder zurück, vou und nach gleichem Ort, und man wird bei größerer Entfernung unter 100 Malen, ge- wiß 00 Mal verschiedenes Porto für die sonst doch ganz gleiche Sendung zahlen müssen. Denn der eine Staat bestimmt, daß die Progression des Geldporto's von zehn zu zehn Thalern oder Gulden steige, der andere wieder von 25 bis 25; der verbietet die Verpackung von Gold und Silber, der an¬ dere gestattet sie wieder; dieser läßt ermäßigtes Fahrpostportv eintreten, wenn Briefe mit Acten so und so schwer sind, der andere wieder nicht, sobald nicht die Declaration des Werthes auf der Adresse angegeben ist oder fünf Sie¬ gel darauf gesetzt send, und so bestehen in allen diesen Sachen tausendfache Verschiedenheiten bei den getrennten größeren und kleineren Staaten Deutsch¬ lands. Wie kann man also einem Postbeamten, und sei er anch der routi- nirteste in seinem Fache, zumuthen, daß er alle diese Bestimmungen im Kopfe wisse, ja sich sogar rasch im Augenblicke, wie es ja bei der Abfertigung des Publikums am Schalter nothwendig ist, das Richtige daraus entnehme. Werden diese armen geplagten Meuscheu doch schou so genugsam mit der Unmasse von Verordnungen aller Art, die sich auf die postalischen Verhält¬ nisse des eigeuen Landes beziehen, gequält, als daß mau noch von ihnen er- warten könnte, sie sollten Gleiches von allen übrigen !!4 Bundesstaaten wissen. Schon bei bloßen. Briefen, die um etwas schwer sind, tritt eine bedeutende Schwierigkeit bei ihrer richtigen Taxirung ein, und fast alle Post- anstalten Deutschlands begehen hierbei täglich unzählige Verstöße. Jeder Postbeamte, der offenherzig ist, wird uns in allen diese» Be¬ hauptungen Recht geben müssen, denn wir sprechen hier aus eigener Erfah¬ rung, da wir, um das Postwesen genau kennen zu lernen, fast zwei Jahre bei eitlem preußischen Postamte und dann bei einem Grenz - und auch einem Ober-Postamte eines norddeutschen Staates praktizirten und nun schou in mehrjährigen Reisen durch alle Gegenden Deutschlands hinreichend Gelegen¬ heit haben, uns von den verschiedenen Zuständen unseres Postwesens, durch eigene Anschauung, zu unterrichten. Auch die verschiedenen Postverträge, welche bisweilen die einzelnen Staaten mit einander abgeschlossen haben, um sich möglichst viel gegenseitige Korrespondenz zuzuführen, erhöhen noch be¬ deutend diese Verwirrung. Welche Umwege muß dadurch oft ein armer Brief macheu, um endlich das gewünschte Ziel zu erreichen. Jeder Staat bemüht sich, ihn so lauge wie möglich in seinem eigenen Gebiete zu behal-- ten, um ja so viel Porto wie nur irgend thunlich davon zu detourner, und ihn dann der durch Vertrag befreundeten Postverwaltung zuzuführen, unbe¬ kümmert, ob uoch so große Umwege dadurch entstehen und Zeitverluste her-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/244>, abgerufen am 22.07.2024.