Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

thnms. Die ersteren fürchten, daß ein mächtiges Deutschland die Führerschaft
Frankreichs in den Angelegenheiten des Continents gefährden könne; die Letzteren
würden durch ein halbdemokratischcs Deutschland in ihren politischen Combina¬
tionen, in ihren dynastischen Hoffnungen gestört werden. Es ist sehr wahrschein¬
lich, das! diese wieder sehr laut werden würden, sobald Deutschland sich schwach
zeigte oder auch sich in seinein Streben nach Fortschritt und Recht überschlüge.
Sie stehen in ihrer Art ebenfalls aus dem Anstande, und würden unsern Fehler
sicher zum Besten ihrer Ansichten, für ihre Hoffnungen, gegen ihre Befürchtungen
benutzen. An uns liegt es, ihnen zum Voraus das Spiel zu verderben. Und
dies wird sicher geschehen, wenn das deutsche Volk, wenn die Preußen und ihre
Stände insbesondere denselben Ernst, dieselbe Einsicht, dasselbe Rechtsgefühl und
dasselbe männliche Auftreten bekunden, die bis jetzt in den ersten Schritten des
Landtages nicht zu verkennen sind-, - - wenn sie dem Ziele unaushaltbar zustre¬
be", das bis jetzt angedeutet ist: Rechte und nicht nnr Gnade!

Die neuesten Nachrichten aus Berlin haben freilich schon manches Kops¬
schütteln hervorgerufen. Die "Emaille" hat ihr Haupt erhoben. Die Franzosen
wissen aus Erfahrung, von welcher Bedeutung dieselbe in den Zeiten der Revo¬
lutionen waren. Sie wurden in gewisser Beziehung die Triebwerke der Revo¬
lution. Die Freunde und Feinde des Fortschrittes ließen sich durch sie len¬
ken, die Einen von ihr forttreiben, die Andern von ihr zurückscheucheu. Aber
ein mannbares Volk darf nur nach Gründen handeln, und Emeuten siud keine.
Wer sich durch sie auch nur ein Haarbreit ans seinem Gleise lenken läßt, steht
nicht mehr im Boden seiner Kraft, sondern liegt wie ein gebrochener Ast an der
Erde, jedem Winde Preis gegeben. Zeigen wir, daß wir nicht von dem Holze
sind, das ein erster Hauch bricht und hin nud hcrschleudert. Jede Partei hat
die Pflicht gegen sich selbst, trotz aller Emeuten, so zu handeln, als ob sie
gar nicht stattgefunden. Wer die Geschichte der Revolutionen kennt, weiß,
daß hierin die erste, die uucrläfilichstc Bedingung sür ein Volk und auch für jede
Partei liegt, nicht in die Hand des Zufalls, oder besser, nicht in die Hand der
Hefe des Volkes, die stets zu Emeuten bereit ist, zu falten. Gilt eS den Kampf,
den berechtigte", den nothgczwnngenen jKuupf für die heiligsten Rechte, sür Va¬
terland und Gesetz, so ist es Pflicht zu kämpfen. Wo aber nur wilde Gesetz¬
losigkeit die Losung ist, da muß dem Gesetze die Gewalt bleiben!


-Y-
II.
Aus Berlin.
I.

Die Polemik gegen Biedermann. -- Ein Hausmittel des Prof. Huber. -- Wer avon-
nirt auf den Janus? -- Görres.

Die Allg. Preuß. Zeitung hat sich in mehren Artikeln die Mühe genommen,
die Ansichten zu verspotten, welche Prof. Biedermann über den gegenwärtigen Landtag


Gttnzlwtm, I". 1"i7. 28

thnms. Die ersteren fürchten, daß ein mächtiges Deutschland die Führerschaft
Frankreichs in den Angelegenheiten des Continents gefährden könne; die Letzteren
würden durch ein halbdemokratischcs Deutschland in ihren politischen Combina¬
tionen, in ihren dynastischen Hoffnungen gestört werden. Es ist sehr wahrschein¬
lich, das! diese wieder sehr laut werden würden, sobald Deutschland sich schwach
zeigte oder auch sich in seinein Streben nach Fortschritt und Recht überschlüge.
Sie stehen in ihrer Art ebenfalls aus dem Anstande, und würden unsern Fehler
sicher zum Besten ihrer Ansichten, für ihre Hoffnungen, gegen ihre Befürchtungen
benutzen. An uns liegt es, ihnen zum Voraus das Spiel zu verderben. Und
dies wird sicher geschehen, wenn das deutsche Volk, wenn die Preußen und ihre
Stände insbesondere denselben Ernst, dieselbe Einsicht, dasselbe Rechtsgefühl und
dasselbe männliche Auftreten bekunden, die bis jetzt in den ersten Schritten des
Landtages nicht zu verkennen sind-, - - wenn sie dem Ziele unaushaltbar zustre¬
be», das bis jetzt angedeutet ist: Rechte und nicht nnr Gnade!

Die neuesten Nachrichten aus Berlin haben freilich schon manches Kops¬
schütteln hervorgerufen. Die „Emaille" hat ihr Haupt erhoben. Die Franzosen
wissen aus Erfahrung, von welcher Bedeutung dieselbe in den Zeiten der Revo¬
lutionen waren. Sie wurden in gewisser Beziehung die Triebwerke der Revo¬
lution. Die Freunde und Feinde des Fortschrittes ließen sich durch sie len¬
ken, die Einen von ihr forttreiben, die Andern von ihr zurückscheucheu. Aber
ein mannbares Volk darf nur nach Gründen handeln, und Emeuten siud keine.
Wer sich durch sie auch nur ein Haarbreit ans seinem Gleise lenken läßt, steht
nicht mehr im Boden seiner Kraft, sondern liegt wie ein gebrochener Ast an der
Erde, jedem Winde Preis gegeben. Zeigen wir, daß wir nicht von dem Holze
sind, das ein erster Hauch bricht und hin nud hcrschleudert. Jede Partei hat
die Pflicht gegen sich selbst, trotz aller Emeuten, so zu handeln, als ob sie
gar nicht stattgefunden. Wer die Geschichte der Revolutionen kennt, weiß,
daß hierin die erste, die uucrläfilichstc Bedingung sür ein Volk und auch für jede
Partei liegt, nicht in die Hand des Zufalls, oder besser, nicht in die Hand der
Hefe des Volkes, die stets zu Emeuten bereit ist, zu falten. Gilt eS den Kampf,
den berechtigte», den nothgczwnngenen jKuupf für die heiligsten Rechte, sür Va¬
terland und Gesetz, so ist es Pflicht zu kämpfen. Wo aber nur wilde Gesetz¬
losigkeit die Losung ist, da muß dem Gesetze die Gewalt bleiben!


-Y-
II.
Aus Berlin.
I.

Die Polemik gegen Biedermann. — Ein Hausmittel des Prof. Huber. — Wer avon-
nirt auf den Janus? — Görres.

Die Allg. Preuß. Zeitung hat sich in mehren Artikeln die Mühe genommen,
die Ansichten zu verspotten, welche Prof. Biedermann über den gegenwärtigen Landtag


Gttnzlwtm, I«. 1»i7. 28
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0221" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/272120"/>
            <p xml:id="ID_804" prev="#ID_803"> thnms. Die ersteren fürchten, daß ein mächtiges Deutschland die Führerschaft<lb/>
Frankreichs in den Angelegenheiten des Continents gefährden könne; die Letzteren<lb/>
würden durch ein halbdemokratischcs Deutschland in ihren politischen Combina¬<lb/>
tionen, in ihren dynastischen Hoffnungen gestört werden. Es ist sehr wahrschein¬<lb/>
lich, das! diese wieder sehr laut werden würden, sobald Deutschland sich schwach<lb/>
zeigte oder auch sich in seinein Streben nach Fortschritt und Recht überschlüge.<lb/>
Sie stehen in ihrer Art ebenfalls aus dem Anstande, und würden unsern Fehler<lb/>
sicher zum Besten ihrer Ansichten, für ihre Hoffnungen, gegen ihre Befürchtungen<lb/>
benutzen. An uns liegt es, ihnen zum Voraus das Spiel zu verderben. Und<lb/>
dies wird sicher geschehen, wenn das deutsche Volk, wenn die Preußen und ihre<lb/>
Stände insbesondere denselben Ernst, dieselbe Einsicht, dasselbe Rechtsgefühl und<lb/>
dasselbe männliche Auftreten bekunden, die bis jetzt in den ersten Schritten des<lb/>
Landtages nicht zu verkennen sind-, - - wenn sie dem Ziele unaushaltbar zustre¬<lb/>
be», das bis jetzt angedeutet ist: Rechte und nicht nnr Gnade!</p><lb/>
            <p xml:id="ID_805"> Die neuesten Nachrichten aus Berlin haben freilich schon manches Kops¬<lb/>
schütteln hervorgerufen. Die &#x201E;Emaille" hat ihr Haupt erhoben. Die Franzosen<lb/>
wissen aus Erfahrung, von welcher Bedeutung dieselbe in den Zeiten der Revo¬<lb/>
lutionen waren. Sie wurden in gewisser Beziehung die Triebwerke der Revo¬<lb/>
lution. Die Freunde und Feinde des Fortschrittes ließen sich durch sie len¬<lb/>
ken, die Einen von ihr forttreiben, die Andern von ihr zurückscheucheu. Aber<lb/>
ein mannbares Volk darf nur nach Gründen handeln, und Emeuten siud keine.<lb/>
Wer sich durch sie auch nur ein Haarbreit ans seinem Gleise lenken läßt, steht<lb/>
nicht mehr im Boden seiner Kraft, sondern liegt wie ein gebrochener Ast an der<lb/>
Erde, jedem Winde Preis gegeben. Zeigen wir, daß wir nicht von dem Holze<lb/>
sind, das ein erster Hauch bricht und hin nud hcrschleudert. Jede Partei hat<lb/>
die Pflicht gegen sich selbst, trotz aller Emeuten, so zu handeln, als ob sie<lb/>
gar nicht stattgefunden. Wer die Geschichte der Revolutionen kennt, weiß,<lb/>
daß hierin die erste, die uucrläfilichstc Bedingung sür ein Volk und auch für jede<lb/>
Partei liegt, nicht in die Hand des Zufalls, oder besser, nicht in die Hand der<lb/>
Hefe des Volkes, die stets zu Emeuten bereit ist, zu falten. Gilt eS den Kampf,<lb/>
den berechtigte», den nothgczwnngenen jKuupf für die heiligsten Rechte, sür Va¬<lb/>
terland und Gesetz, so ist es Pflicht zu kämpfen. Wo aber nur wilde Gesetz¬<lb/>
losigkeit die Losung ist, da muß dem Gesetze die Gewalt bleiben!</p><lb/>
            <note type="byline"> -Y-</note><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> II.<lb/>
Aus Berlin.</head><lb/>
            <div n="3">
              <head> I.</head><lb/>
              <note type="argument"> Die Polemik gegen Biedermann. &#x2014; Ein Hausmittel des Prof. Huber. &#x2014; Wer avon-<lb/>
nirt auf den Janus? &#x2014; Görres.</note><lb/>
              <p xml:id="ID_806" next="#ID_807"> Die Allg. Preuß. Zeitung hat sich in mehren Artikeln die Mühe genommen,<lb/>
die Ansichten zu verspotten, welche Prof. Biedermann über den gegenwärtigen Landtag</p><lb/>
              <fw type="sig" place="bottom"> Gttnzlwtm, I«. 1»i7. 28</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0221] thnms. Die ersteren fürchten, daß ein mächtiges Deutschland die Führerschaft Frankreichs in den Angelegenheiten des Continents gefährden könne; die Letzteren würden durch ein halbdemokratischcs Deutschland in ihren politischen Combina¬ tionen, in ihren dynastischen Hoffnungen gestört werden. Es ist sehr wahrschein¬ lich, das! diese wieder sehr laut werden würden, sobald Deutschland sich schwach zeigte oder auch sich in seinein Streben nach Fortschritt und Recht überschlüge. Sie stehen in ihrer Art ebenfalls aus dem Anstande, und würden unsern Fehler sicher zum Besten ihrer Ansichten, für ihre Hoffnungen, gegen ihre Befürchtungen benutzen. An uns liegt es, ihnen zum Voraus das Spiel zu verderben. Und dies wird sicher geschehen, wenn das deutsche Volk, wenn die Preußen und ihre Stände insbesondere denselben Ernst, dieselbe Einsicht, dasselbe Rechtsgefühl und dasselbe männliche Auftreten bekunden, die bis jetzt in den ersten Schritten des Landtages nicht zu verkennen sind-, - - wenn sie dem Ziele unaushaltbar zustre¬ be», das bis jetzt angedeutet ist: Rechte und nicht nnr Gnade! Die neuesten Nachrichten aus Berlin haben freilich schon manches Kops¬ schütteln hervorgerufen. Die „Emaille" hat ihr Haupt erhoben. Die Franzosen wissen aus Erfahrung, von welcher Bedeutung dieselbe in den Zeiten der Revo¬ lutionen waren. Sie wurden in gewisser Beziehung die Triebwerke der Revo¬ lution. Die Freunde und Feinde des Fortschrittes ließen sich durch sie len¬ ken, die Einen von ihr forttreiben, die Andern von ihr zurückscheucheu. Aber ein mannbares Volk darf nur nach Gründen handeln, und Emeuten siud keine. Wer sich durch sie auch nur ein Haarbreit ans seinem Gleise lenken läßt, steht nicht mehr im Boden seiner Kraft, sondern liegt wie ein gebrochener Ast an der Erde, jedem Winde Preis gegeben. Zeigen wir, daß wir nicht von dem Holze sind, das ein erster Hauch bricht und hin nud hcrschleudert. Jede Partei hat die Pflicht gegen sich selbst, trotz aller Emeuten, so zu handeln, als ob sie gar nicht stattgefunden. Wer die Geschichte der Revolutionen kennt, weiß, daß hierin die erste, die uucrläfilichstc Bedingung sür ein Volk und auch für jede Partei liegt, nicht in die Hand des Zufalls, oder besser, nicht in die Hand der Hefe des Volkes, die stets zu Emeuten bereit ist, zu falten. Gilt eS den Kampf, den berechtigte», den nothgczwnngenen jKuupf für die heiligsten Rechte, sür Va¬ terland und Gesetz, so ist es Pflicht zu kämpfen. Wo aber nur wilde Gesetz¬ losigkeit die Losung ist, da muß dem Gesetze die Gewalt bleiben! -Y- II. Aus Berlin. I. Die Polemik gegen Biedermann. — Ein Hausmittel des Prof. Huber. — Wer avon- nirt auf den Janus? — Görres. Die Allg. Preuß. Zeitung hat sich in mehren Artikeln die Mühe genommen, die Ansichten zu verspotten, welche Prof. Biedermann über den gegenwärtigen Landtag Gttnzlwtm, I«. 1»i7. 28

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/221
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/221>, abgerufen am 22.07.2024.