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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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gene Fassung beibehalten, von dem ursprünglichen Entwürfe aber die beiden fol¬
genden Stellen hinzugesetzt werden sollten.

1) Nachdem Ew. Majestät den in dem Gesetze vom 5. Jan. 1,823 ausge¬
drückten Vorbehalt verwirklicht und der Versammlung, welche in jenem Gesetze
eine allgemeine ständische, in demjenigen vom 12. Jan- 1829 eine reichsstän¬
dische Versammlung genannt wird, den Namen des vereinigten Landtags beigelegt
haben, sind dadurch den letzter" die in dem angeführten und in frühern Gesetzen
begründeten Rechte erworben.

2) Gehorsam den, Ruft Ew. Majestät, und im Begriff unsere Wirksamkeit
zu begründen, fühlen wir uns in unserem Gewissen gedrungen, zur Wahrung
der ständischen Rechte die gegenwärtige ehrfurchtsvolle Verwahrung am Throne
niederzulegen.

-- Ich komme noch ans diesen Antrag, den ich einen unglückselige" nennen
muß, zurück; zunächst, bemerke ich mir, daß diese Stellen, die i" dem ersten Ent¬
wurf durchaus organisch und natürlich sich entwickeln, in dem Zusammenhange
des Amendements gegen alle Logik verstoße".

Die darauf folgende Debatte bringt nichts wesentlich Neues; die beiden An¬
tragsteller von Arnim und von Beckerath, begründeten, ihre, Ansicht aufs. Neue;
Arnim ermahnte vorzugsweise zur Einheit. A"s der Rede des zweiten Redners
hebe ich^ noch Einiges von Wichtigkeit hervor.

"Ich halte es sür eine" der wesentlichsten Vorzüge des Entwurfs, daß er
die Krone gar nicht in, den Fall bringt, sich sofort auszusprcche". ^ - Ich glaube,
daß der Weg der Reformen der gedeihlichste ist. Damit aber dieser Weg uns
erhalten bleibe,, damit ans diesem Wege nicht nur die Regierung, sondern auch
das Volk wandeln könne, liegt die Nothwendigkeit vor, in der Adresse die betreffenden
Rechte zu wahren. Denn von den jetzt, geschaffenen ständischen Institutionen hat
nur der vereinigte Landtag das Recht, in ständischen Angelegenheiten, also in
Bezug aus Fortbildung der Verfassung, Petitionen zu stellen. Der vereinigte
Landtag hat aber nicht das Recht der periodischen Einberufung. Da er das
Recht nicht hat, so steht nichts entgegen, die Möglichkeit anzunehmen, daß er nicht
mehr einberufen wird. Geschieht das, so ist dem Volke jeder Weg abgeschnitten,
seine Bitten und Wünsche in Betreff der staatlichen Entwickelung an den Thron
gelangen zu lassen. . . .

Das Amendement (--auch das von Auerswald ---) ist nicht freimüthig, denn
es ^verleugnet das Bewußtsein des Volkes und dieser Versammlung; es stellt Dinge
in Zweifel, die seit Jahrzehenden abgemachte Fragen sind. Es ist nicht parla¬
mentarisch.

Es gibt im Leben der Nation Augenblicke, wo sich all ihr Fühlen und
Denken, der ganze Inhalt ihres Gcsammtdaseins, wie in einem einzigen Punkte
zusammendrängt. Dann treten die Gegensätze scharf einander gegenüber, eine
Wahl muß getroffen werden, und diese Wahl entscheidet über die höchsten Inter¬
essen des Volks. -..... Es handelt sich darum, ob Alles das, woran unser Herz hängt,
was wir als das Fundament unsrer Zukunft betrachten, was uns bisher ein Trost
war, wenn wir über die Nichterfüllung vaterländischer Hoffnungen trauerten, ob


gene Fassung beibehalten, von dem ursprünglichen Entwürfe aber die beiden fol¬
genden Stellen hinzugesetzt werden sollten.

1) Nachdem Ew. Majestät den in dem Gesetze vom 5. Jan. 1,823 ausge¬
drückten Vorbehalt verwirklicht und der Versammlung, welche in jenem Gesetze
eine allgemeine ständische, in demjenigen vom 12. Jan- 1829 eine reichsstän¬
dische Versammlung genannt wird, den Namen des vereinigten Landtags beigelegt
haben, sind dadurch den letzter» die in dem angeführten und in frühern Gesetzen
begründeten Rechte erworben.

2) Gehorsam den, Ruft Ew. Majestät, und im Begriff unsere Wirksamkeit
zu begründen, fühlen wir uns in unserem Gewissen gedrungen, zur Wahrung
der ständischen Rechte die gegenwärtige ehrfurchtsvolle Verwahrung am Throne
niederzulegen.

— Ich komme noch ans diesen Antrag, den ich einen unglückselige» nennen
muß, zurück; zunächst, bemerke ich mir, daß diese Stellen, die i» dem ersten Ent¬
wurf durchaus organisch und natürlich sich entwickeln, in dem Zusammenhange
des Amendements gegen alle Logik verstoße».

Die darauf folgende Debatte bringt nichts wesentlich Neues; die beiden An¬
tragsteller von Arnim und von Beckerath, begründeten, ihre, Ansicht aufs. Neue;
Arnim ermahnte vorzugsweise zur Einheit. A»s der Rede des zweiten Redners
hebe ich^ noch Einiges von Wichtigkeit hervor.

„Ich halte es sür eine» der wesentlichsten Vorzüge des Entwurfs, daß er
die Krone gar nicht in, den Fall bringt, sich sofort auszusprcche». ^ - Ich glaube,
daß der Weg der Reformen der gedeihlichste ist. Damit aber dieser Weg uns
erhalten bleibe,, damit ans diesem Wege nicht nur die Regierung, sondern auch
das Volk wandeln könne, liegt die Nothwendigkeit vor, in der Adresse die betreffenden
Rechte zu wahren. Denn von den jetzt, geschaffenen ständischen Institutionen hat
nur der vereinigte Landtag das Recht, in ständischen Angelegenheiten, also in
Bezug aus Fortbildung der Verfassung, Petitionen zu stellen. Der vereinigte
Landtag hat aber nicht das Recht der periodischen Einberufung. Da er das
Recht nicht hat, so steht nichts entgegen, die Möglichkeit anzunehmen, daß er nicht
mehr einberufen wird. Geschieht das, so ist dem Volke jeder Weg abgeschnitten,
seine Bitten und Wünsche in Betreff der staatlichen Entwickelung an den Thron
gelangen zu lassen. . . .

Das Amendement (—auch das von Auerswald -—) ist nicht freimüthig, denn
es ^verleugnet das Bewußtsein des Volkes und dieser Versammlung; es stellt Dinge
in Zweifel, die seit Jahrzehenden abgemachte Fragen sind. Es ist nicht parla¬
mentarisch.

Es gibt im Leben der Nation Augenblicke, wo sich all ihr Fühlen und
Denken, der ganze Inhalt ihres Gcsammtdaseins, wie in einem einzigen Punkte
zusammendrängt. Dann treten die Gegensätze scharf einander gegenüber, eine
Wahl muß getroffen werden, und diese Wahl entscheidet über die höchsten Inter¬
essen des Volks. -..... Es handelt sich darum, ob Alles das, woran unser Herz hängt,
was wir als das Fundament unsrer Zukunft betrachten, was uns bisher ein Trost
war, wenn wir über die Nichterfüllung vaterländischer Hoffnungen trauerten, ob


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[0155] gene Fassung beibehalten, von dem ursprünglichen Entwürfe aber die beiden fol¬ genden Stellen hinzugesetzt werden sollten. 1) Nachdem Ew. Majestät den in dem Gesetze vom 5. Jan. 1,823 ausge¬ drückten Vorbehalt verwirklicht und der Versammlung, welche in jenem Gesetze eine allgemeine ständische, in demjenigen vom 12. Jan- 1829 eine reichsstän¬ dische Versammlung genannt wird, den Namen des vereinigten Landtags beigelegt haben, sind dadurch den letzter» die in dem angeführten und in frühern Gesetzen begründeten Rechte erworben. 2) Gehorsam den, Ruft Ew. Majestät, und im Begriff unsere Wirksamkeit zu begründen, fühlen wir uns in unserem Gewissen gedrungen, zur Wahrung der ständischen Rechte die gegenwärtige ehrfurchtsvolle Verwahrung am Throne niederzulegen. — Ich komme noch ans diesen Antrag, den ich einen unglückselige» nennen muß, zurück; zunächst, bemerke ich mir, daß diese Stellen, die i» dem ersten Ent¬ wurf durchaus organisch und natürlich sich entwickeln, in dem Zusammenhange des Amendements gegen alle Logik verstoße». Die darauf folgende Debatte bringt nichts wesentlich Neues; die beiden An¬ tragsteller von Arnim und von Beckerath, begründeten, ihre, Ansicht aufs. Neue; Arnim ermahnte vorzugsweise zur Einheit. A»s der Rede des zweiten Redners hebe ich^ noch Einiges von Wichtigkeit hervor. „Ich halte es sür eine» der wesentlichsten Vorzüge des Entwurfs, daß er die Krone gar nicht in, den Fall bringt, sich sofort auszusprcche». ^ - Ich glaube, daß der Weg der Reformen der gedeihlichste ist. Damit aber dieser Weg uns erhalten bleibe,, damit ans diesem Wege nicht nur die Regierung, sondern auch das Volk wandeln könne, liegt die Nothwendigkeit vor, in der Adresse die betreffenden Rechte zu wahren. Denn von den jetzt, geschaffenen ständischen Institutionen hat nur der vereinigte Landtag das Recht, in ständischen Angelegenheiten, also in Bezug aus Fortbildung der Verfassung, Petitionen zu stellen. Der vereinigte Landtag hat aber nicht das Recht der periodischen Einberufung. Da er das Recht nicht hat, so steht nichts entgegen, die Möglichkeit anzunehmen, daß er nicht mehr einberufen wird. Geschieht das, so ist dem Volke jeder Weg abgeschnitten, seine Bitten und Wünsche in Betreff der staatlichen Entwickelung an den Thron gelangen zu lassen. . . . Das Amendement (—auch das von Auerswald -—) ist nicht freimüthig, denn es ^verleugnet das Bewußtsein des Volkes und dieser Versammlung; es stellt Dinge in Zweifel, die seit Jahrzehenden abgemachte Fragen sind. Es ist nicht parla¬ mentarisch. Es gibt im Leben der Nation Augenblicke, wo sich all ihr Fühlen und Denken, der ganze Inhalt ihres Gcsammtdaseins, wie in einem einzigen Punkte zusammendrängt. Dann treten die Gegensätze scharf einander gegenüber, eine Wahl muß getroffen werden, und diese Wahl entscheidet über die höchsten Inter¬ essen des Volks. -..... Es handelt sich darum, ob Alles das, woran unser Herz hängt, was wir als das Fundament unsrer Zukunft betrachten, was uns bisher ein Trost war, wenn wir über die Nichterfüllung vaterländischer Hoffnungen trauerten, ob

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/155>, abgerufen am 23.07.2024.