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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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gräßlich; in Schlesien nicht minder. Die Robotablosung soll dabei auf Renitenzen
beim Landvolke stoßen. Arm und roh, daher mißtrauisch und störrig, will es
nicht die Segnung erkennen, wenn der Werth der abzulöscudeu Robot auf seinen
Grund und Boden als erste Hypothek vorgemerkt würde. Arm und roh gebraucht
eS die Waffen der Armuth und Rohheit, jene plumpe aber gewichtige Waffe des
Nichtvcrstchenwollcns, der Vorliebe für das Alte, an das es so sehr ge¬
wöhnt, für das es von Jngend auf erzogen worden. Jetzt soll es auf Ein Mal,
Knall und Fall, Zeitgeist haben, aufgeklärt fühlen, liberal denken. Wie sich alle
Extreme berühren, so berühren sie sich auch hier. Sklaverei und Zügellosigkeit,
Rohheit und die instinctive List des Egoismus, Unglaube und Aberglaube, waren
von jeher Geschwister, und lehren auch jetzt den Bauer sich mit der Hoffnung
trösten: In ein paar Jahren haben wir die Robot- und Zehntäblösuug umsonst.
Weit hinausgeschobene, an der Selbstsucht des se.'klük. <jiw auf die lange Bank
gelegte Zeitfragen lassen sich nicht übers Knie brechen. Die Aufklärung, die
öffentliche Meinung müssen sich loriSUv mimr" vorbereitet haben. Beide hat
man in Oesterreich bei Thor und Thüren hinausgejagt, obwohl ihnen Joseph
den Einzug gestattet hatte.


-- ^on der Lreinng. --
III.
Aus Paris.
Das Banquett der Fourieristen.

Das französische Volk, dies so oft als frivol und oberflächlich verschrieene,
hat doch einen idealischen Drang, eine Kraft des inneren Aufschwungs in sich,
die ihm auch bei den widerstrebendsten Naturen Bewunderung erringen muß. Das
hab' ich gestern bei dem zu Fourier's Gedächtnißfeier gegebenen Banquett gesehn.
Die lautgcwordeuc Begeisterung in der Brust der Hunderte um mich herum, riß
mich hin, daß ich ein anderer davonging, als ich hinzugekommen, daß ich sagen
mußte: eine Nation, wo Hunderte solches idealischen, solches rein Humanitären
Aufschwungs fähig sind, ist doch ein großes, herrliches, bevorzugtes! Es sind
nun schon zehn Jahre her, daß die socialistische Schule Fourier's ein Festmahl
zum Angedenken ihres Meisters feiert. In der ersten Zeit war es nur von we¬
nigen Adepten besucht und hatte sogar mit Hindernissen von Seiten der Regie¬
rung zu kämpfen. Aber man kann sich keine Vorstellung von der Hingebung,
von der Begeisterung machen, mit der die Schüler Fourier's, Victor Considerant
an der Spitze, für die Ausbreitung ihres Systems arbeiteten. Journale wurden
gestiftet und in den ersten Jahren mit den größten Kosten erhalten! Die Er¬
klärung der Fourier'sehen Lehre, deß waren sie überzeugt, sollte alles thun. Sie
selbst sehen in ihr den lebendigen Quell, die lebendige Offenbarung. Es hieße
mir noch sie deuten und den Massen zugänglich zu machen; die dem Worte in-
wohnende Kraft würde das Weitere thun. Nun steht die Fonrieristische Gemeinde
ziemlich fest und die Zahl der Schüler wächst. Das Fourieristische Mahl, diese


gräßlich; in Schlesien nicht minder. Die Robotablosung soll dabei auf Renitenzen
beim Landvolke stoßen. Arm und roh, daher mißtrauisch und störrig, will es
nicht die Segnung erkennen, wenn der Werth der abzulöscudeu Robot auf seinen
Grund und Boden als erste Hypothek vorgemerkt würde. Arm und roh gebraucht
eS die Waffen der Armuth und Rohheit, jene plumpe aber gewichtige Waffe des
Nichtvcrstchenwollcns, der Vorliebe für das Alte, an das es so sehr ge¬
wöhnt, für das es von Jngend auf erzogen worden. Jetzt soll es auf Ein Mal,
Knall und Fall, Zeitgeist haben, aufgeklärt fühlen, liberal denken. Wie sich alle
Extreme berühren, so berühren sie sich auch hier. Sklaverei und Zügellosigkeit,
Rohheit und die instinctive List des Egoismus, Unglaube und Aberglaube, waren
von jeher Geschwister, und lehren auch jetzt den Bauer sich mit der Hoffnung
trösten: In ein paar Jahren haben wir die Robot- und Zehntäblösuug umsonst.
Weit hinausgeschobene, an der Selbstsucht des se.'klük. <jiw auf die lange Bank
gelegte Zeitfragen lassen sich nicht übers Knie brechen. Die Aufklärung, die
öffentliche Meinung müssen sich loriSUv mimr" vorbereitet haben. Beide hat
man in Oesterreich bei Thor und Thüren hinausgejagt, obwohl ihnen Joseph
den Einzug gestattet hatte.


— ^on der Lreinng. —
III.
Aus Paris.
Das Banquett der Fourieristen.

Das französische Volk, dies so oft als frivol und oberflächlich verschrieene,
hat doch einen idealischen Drang, eine Kraft des inneren Aufschwungs in sich,
die ihm auch bei den widerstrebendsten Naturen Bewunderung erringen muß. Das
hab' ich gestern bei dem zu Fourier's Gedächtnißfeier gegebenen Banquett gesehn.
Die lautgcwordeuc Begeisterung in der Brust der Hunderte um mich herum, riß
mich hin, daß ich ein anderer davonging, als ich hinzugekommen, daß ich sagen
mußte: eine Nation, wo Hunderte solches idealischen, solches rein Humanitären
Aufschwungs fähig sind, ist doch ein großes, herrliches, bevorzugtes! Es sind
nun schon zehn Jahre her, daß die socialistische Schule Fourier's ein Festmahl
zum Angedenken ihres Meisters feiert. In der ersten Zeit war es nur von we¬
nigen Adepten besucht und hatte sogar mit Hindernissen von Seiten der Regie¬
rung zu kämpfen. Aber man kann sich keine Vorstellung von der Hingebung,
von der Begeisterung machen, mit der die Schüler Fourier's, Victor Considerant
an der Spitze, für die Ausbreitung ihres Systems arbeiteten. Journale wurden
gestiftet und in den ersten Jahren mit den größten Kosten erhalten! Die Er¬
klärung der Fourier'sehen Lehre, deß waren sie überzeugt, sollte alles thun. Sie
selbst sehen in ihr den lebendigen Quell, die lebendige Offenbarung. Es hieße
mir noch sie deuten und den Massen zugänglich zu machen; die dem Worte in-
wohnende Kraft würde das Weitere thun. Nun steht die Fonrieristische Gemeinde
ziemlich fest und die Zahl der Schüler wächst. Das Fourieristische Mahl, diese


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[0104] gräßlich; in Schlesien nicht minder. Die Robotablosung soll dabei auf Renitenzen beim Landvolke stoßen. Arm und roh, daher mißtrauisch und störrig, will es nicht die Segnung erkennen, wenn der Werth der abzulöscudeu Robot auf seinen Grund und Boden als erste Hypothek vorgemerkt würde. Arm und roh gebraucht eS die Waffen der Armuth und Rohheit, jene plumpe aber gewichtige Waffe des Nichtvcrstchenwollcns, der Vorliebe für das Alte, an das es so sehr ge¬ wöhnt, für das es von Jngend auf erzogen worden. Jetzt soll es auf Ein Mal, Knall und Fall, Zeitgeist haben, aufgeklärt fühlen, liberal denken. Wie sich alle Extreme berühren, so berühren sie sich auch hier. Sklaverei und Zügellosigkeit, Rohheit und die instinctive List des Egoismus, Unglaube und Aberglaube, waren von jeher Geschwister, und lehren auch jetzt den Bauer sich mit der Hoffnung trösten: In ein paar Jahren haben wir die Robot- und Zehntäblösuug umsonst. Weit hinausgeschobene, an der Selbstsucht des se.'klük. <jiw auf die lange Bank gelegte Zeitfragen lassen sich nicht übers Knie brechen. Die Aufklärung, die öffentliche Meinung müssen sich loriSUv mimr" vorbereitet haben. Beide hat man in Oesterreich bei Thor und Thüren hinausgejagt, obwohl ihnen Joseph den Einzug gestattet hatte. — ^on der Lreinng. — III. Aus Paris. Das Banquett der Fourieristen. Das französische Volk, dies so oft als frivol und oberflächlich verschrieene, hat doch einen idealischen Drang, eine Kraft des inneren Aufschwungs in sich, die ihm auch bei den widerstrebendsten Naturen Bewunderung erringen muß. Das hab' ich gestern bei dem zu Fourier's Gedächtnißfeier gegebenen Banquett gesehn. Die lautgcwordeuc Begeisterung in der Brust der Hunderte um mich herum, riß mich hin, daß ich ein anderer davonging, als ich hinzugekommen, daß ich sagen mußte: eine Nation, wo Hunderte solches idealischen, solches rein Humanitären Aufschwungs fähig sind, ist doch ein großes, herrliches, bevorzugtes! Es sind nun schon zehn Jahre her, daß die socialistische Schule Fourier's ein Festmahl zum Angedenken ihres Meisters feiert. In der ersten Zeit war es nur von we¬ nigen Adepten besucht und hatte sogar mit Hindernissen von Seiten der Regie¬ rung zu kämpfen. Aber man kann sich keine Vorstellung von der Hingebung, von der Begeisterung machen, mit der die Schüler Fourier's, Victor Considerant an der Spitze, für die Ausbreitung ihres Systems arbeiteten. Journale wurden gestiftet und in den ersten Jahren mit den größten Kosten erhalten! Die Er¬ klärung der Fourier'sehen Lehre, deß waren sie überzeugt, sollte alles thun. Sie selbst sehen in ihr den lebendigen Quell, die lebendige Offenbarung. Es hieße mir noch sie deuten und den Massen zugänglich zu machen; die dem Worte in- wohnende Kraft würde das Weitere thun. Nun steht die Fonrieristische Gemeinde ziemlich fest und die Zahl der Schüler wächst. Das Fourieristische Mahl, diese

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/104>, abgerufen am 01.07.2024.