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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band.

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Achzig Millionen in 6 Jahrgänge getheilt, geben jährlich . . 15 Mill.
Hiervon für obiges Defizit alle Jahre....... 8 -
Für den Fortbau der Mailänder-Eisenbahn ... 2?z bis I
Für den vertragsmäßigen Fortbau der übrigen Eisenbahnen,
wozu die Mittel ohnehin schon ans das Minimum reduzirt
worden, so daß sie mit geringerer Energie fortgesetzt wer¬
den müssen als bisher........... K -



Summa 17 Mill.

Also 2 Millionen mehr als die Jahresanote des ganzen Anleihen" beträgt.
Alle Auslagen sür Galizien, die Befestigungen, den Nothstand und sür unvor¬
hergesehene Fälle sind noch gar nicht berücksichtiget. Deshalb ist die Nothwen¬
digkeit eingetreten, eine Reduction im Staatshaushalte aufs Tapet zu bringen,
wozu die Herren vom Civil natürlicher Weise das Militär auscrsahcn. Diese
Reduction soll 7 Millionen betragen, so daß nach Deckung des Dcfizitchens vom
Defizit noch 5 Millionen als Extravrdinarium disponibel blieben. Ja, die Armee
soll abermals das Bad ausgießen, sie, die :!00,000 Mann schwache, damit das
Heer von 140,000 Beamteten und von 112,000 Proviflonistcn und Dinrnisten
mit mehr Ruhe sür die Sicherheit und Ehre des Staates-------schrei¬
ben können; eine Armee die als Kaste betrachtet, wenigstens nach Traditionen die
Ehre bewahrt, wo Gemeine und die niedern Officiere sich ohnehin kaum satt
essen können, soll von den Herren des Civils durch das Sieb der Oekonomie
geschüttelt werden, damit nur der seine Sand bleibe und der körnige Kies auf
die Seite geworfen werde, lind dies zN einer Zeit, wo Frankreich und Rußland
auf der Börse einander in den Armen liegen, und Herz an Herz, d. i. Säckel
an Säckel gedrückt, das große Bündniß der Ruhmsucht und des Ehrgeizes, die
Gewährung der gallischen und moskowitischen Volks- und CabinetSleidenschasten
durch Vcrne und Kisselcff beschwören. Gewiß, es muß zu den interessantesten
Forschungen der politisch-ökonomischen Historik gehören, sich Rechenschaft zu geben
über jene Unmacht, die Anleihen der beschriebenen Art möglich macht, sich
aufzuklären über die Wucht jener Bankokratic, die sich vermißt mit den Ge¬
schicken eines Staates wie Oesterreich zu spielen und selbe an ihre Geldkoffer zu
binden, dort mit Heine und Börne liberal zu prunken, hier aber durch die
Bureaukratie der Wechselstube das BeaMtenthum des Kaiserstaates zu gängeln.
Diese Wucht ist der Zwang des Egoismus, des Säbels, auf welchen die Dif¬
ferenzen der Börse mehr Einfluß üben als schone Augen auf schwache Herzen:
jene Unmacht ist der Mangel der Oeffentlichkeit, es ist der Mangel des Ver¬
trauens unseres Staates zu seinen Kräften, zu dem Willen und gesunden Sinne
des Volkes.


-- Von Sor Lreitmg. --
Achzig Millionen in 6 Jahrgänge getheilt, geben jährlich . . 15 Mill.
Hiervon für obiges Defizit alle Jahre....... 8 -
Für den Fortbau der Mailänder-Eisenbahn ... 2?z bis I
Für den vertragsmäßigen Fortbau der übrigen Eisenbahnen,
wozu die Mittel ohnehin schon ans das Minimum reduzirt
worden, so daß sie mit geringerer Energie fortgesetzt wer¬
den müssen als bisher........... K -



Summa 17 Mill.

Also 2 Millionen mehr als die Jahresanote des ganzen Anleihen« beträgt.
Alle Auslagen sür Galizien, die Befestigungen, den Nothstand und sür unvor¬
hergesehene Fälle sind noch gar nicht berücksichtiget. Deshalb ist die Nothwen¬
digkeit eingetreten, eine Reduction im Staatshaushalte aufs Tapet zu bringen,
wozu die Herren vom Civil natürlicher Weise das Militär auscrsahcn. Diese
Reduction soll 7 Millionen betragen, so daß nach Deckung des Dcfizitchens vom
Defizit noch 5 Millionen als Extravrdinarium disponibel blieben. Ja, die Armee
soll abermals das Bad ausgießen, sie, die :!00,000 Mann schwache, damit das
Heer von 140,000 Beamteten und von 112,000 Proviflonistcn und Dinrnisten
mit mehr Ruhe sür die Sicherheit und Ehre des Staates-------schrei¬
ben können; eine Armee die als Kaste betrachtet, wenigstens nach Traditionen die
Ehre bewahrt, wo Gemeine und die niedern Officiere sich ohnehin kaum satt
essen können, soll von den Herren des Civils durch das Sieb der Oekonomie
geschüttelt werden, damit nur der seine Sand bleibe und der körnige Kies auf
die Seite geworfen werde, lind dies zN einer Zeit, wo Frankreich und Rußland
auf der Börse einander in den Armen liegen, und Herz an Herz, d. i. Säckel
an Säckel gedrückt, das große Bündniß der Ruhmsucht und des Ehrgeizes, die
Gewährung der gallischen und moskowitischen Volks- und CabinetSleidenschasten
durch Vcrne und Kisselcff beschwören. Gewiß, es muß zu den interessantesten
Forschungen der politisch-ökonomischen Historik gehören, sich Rechenschaft zu geben
über jene Unmacht, die Anleihen der beschriebenen Art möglich macht, sich
aufzuklären über die Wucht jener Bankokratic, die sich vermißt mit den Ge¬
schicken eines Staates wie Oesterreich zu spielen und selbe an ihre Geldkoffer zu
binden, dort mit Heine und Börne liberal zu prunken, hier aber durch die
Bureaukratie der Wechselstube das BeaMtenthum des Kaiserstaates zu gängeln.
Diese Wucht ist der Zwang des Egoismus, des Säbels, auf welchen die Dif¬
ferenzen der Börse mehr Einfluß üben als schone Augen auf schwache Herzen:
jene Unmacht ist der Mangel der Oeffentlichkeit, es ist der Mangel des Ver¬
trauens unseres Staates zu seinen Kräften, zu dem Willen und gesunden Sinne
des Volkes.


— Von Sor Lreitmg. —
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[0102] Achzig Millionen in 6 Jahrgänge getheilt, geben jährlich . . 15 Mill. Hiervon für obiges Defizit alle Jahre....... 8 - Für den Fortbau der Mailänder-Eisenbahn ... 2?z bis I Für den vertragsmäßigen Fortbau der übrigen Eisenbahnen, wozu die Mittel ohnehin schon ans das Minimum reduzirt worden, so daß sie mit geringerer Energie fortgesetzt wer¬ den müssen als bisher........... K - Summa 17 Mill. Also 2 Millionen mehr als die Jahresanote des ganzen Anleihen« beträgt. Alle Auslagen sür Galizien, die Befestigungen, den Nothstand und sür unvor¬ hergesehene Fälle sind noch gar nicht berücksichtiget. Deshalb ist die Nothwen¬ digkeit eingetreten, eine Reduction im Staatshaushalte aufs Tapet zu bringen, wozu die Herren vom Civil natürlicher Weise das Militär auscrsahcn. Diese Reduction soll 7 Millionen betragen, so daß nach Deckung des Dcfizitchens vom Defizit noch 5 Millionen als Extravrdinarium disponibel blieben. Ja, die Armee soll abermals das Bad ausgießen, sie, die :!00,000 Mann schwache, damit das Heer von 140,000 Beamteten und von 112,000 Proviflonistcn und Dinrnisten mit mehr Ruhe sür die Sicherheit und Ehre des Staates-------schrei¬ ben können; eine Armee die als Kaste betrachtet, wenigstens nach Traditionen die Ehre bewahrt, wo Gemeine und die niedern Officiere sich ohnehin kaum satt essen können, soll von den Herren des Civils durch das Sieb der Oekonomie geschüttelt werden, damit nur der seine Sand bleibe und der körnige Kies auf die Seite geworfen werde, lind dies zN einer Zeit, wo Frankreich und Rußland auf der Börse einander in den Armen liegen, und Herz an Herz, d. i. Säckel an Säckel gedrückt, das große Bündniß der Ruhmsucht und des Ehrgeizes, die Gewährung der gallischen und moskowitischen Volks- und CabinetSleidenschasten durch Vcrne und Kisselcff beschwören. Gewiß, es muß zu den interessantesten Forschungen der politisch-ökonomischen Historik gehören, sich Rechenschaft zu geben über jene Unmacht, die Anleihen der beschriebenen Art möglich macht, sich aufzuklären über die Wucht jener Bankokratic, die sich vermißt mit den Ge¬ schicken eines Staates wie Oesterreich zu spielen und selbe an ihre Geldkoffer zu binden, dort mit Heine und Börne liberal zu prunken, hier aber durch die Bureaukratie der Wechselstube das BeaMtenthum des Kaiserstaates zu gängeln. Diese Wucht ist der Zwang des Egoismus, des Säbels, auf welchen die Dif¬ ferenzen der Börse mehr Einfluß üben als schone Augen auf schwache Herzen: jene Unmacht ist der Mangel der Oeffentlichkeit, es ist der Mangel des Ver¬ trauens unseres Staates zu seinen Kräften, zu dem Willen und gesunden Sinne des Volkes. — Von Sor Lreitmg. —

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, I. Semester II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_271898/102>, abgerufen am 01.07.2024.