Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.überschreiten, wollten wir auf eine Beurtheilung und Zergliederung der unter den eben Wer denkt nicht bei den Namen Karl Beck'S an brausenden Sturm, an tobendes Wir können nach dieser Vorbemerkung nun unser Urtheil über die neuesten Pro¬ Möge das deutsche Volk, welchem in den "Monatsrosen eine belletristische Zeit¬ Ciws Ullrich. Verlag von Fr. Ludw. Herbig. -- Redacteur- I. Kurant". Druck von Friedrich Andrä. überschreiten, wollten wir auf eine Beurtheilung und Zergliederung der unter den eben Wer denkt nicht bei den Namen Karl Beck'S an brausenden Sturm, an tobendes Wir können nach dieser Vorbemerkung nun unser Urtheil über die neuesten Pro¬ Möge das deutsche Volk, welchem in den „Monatsrosen eine belletristische Zeit¬ Ciws Ullrich. Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur- I. Kurant«. Druck von Friedrich Andrä. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0564" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185328"/> <p xml:id="ID_1963" prev="#ID_1962"> überschreiten, wollten wir auf eine Beurtheilung und Zergliederung der unter den eben<lb/> genannten Titeln vorgeführten einzelnen Gedichte eingingen. Wir geben mir den allge¬<lb/> meinen Eindruck, welchen diese Produktionen auf uns machten, wieder.</p><lb/> <p xml:id="ID_1964"> Wer denkt nicht bei den Namen Karl Beck'S an brausenden Sturm, an tobendes<lb/> Feuer, an Ergüsse einer heißblütigen, wildringcndcn Natur? Und so zeigte sich unser<lb/> Dichter in der That in seinen früheren Produktionen, und zum Theil auch in seinem<lb/> Hauptwerke „Iauko," welches immer noch nicht jene Verbreitung gefunden, die es als<lb/> eine eben so eigenthümliche, wie vvllsaftige Schöpfung in unserer Literatur gewiß ver¬<lb/> dient?- Es liegt in dem Wesen einer jeden auf solche Weise in jugendlichem Sturme<lb/> und Drange ausbrechenden nud gebärenden Phantasie, daß Schlacke und edles Metall<lb/> chaotisch durch einander gemengt zum Vorschein kommen. Bei einem wirklich für eine<lb/> höhere Reise in der Kunst organisirten Geiste bleibt jedoch der Länterungsprozeß nie¬<lb/> mals aus, und der Beobachter genießt in der vor Aller Augen sich darlegenden Ent¬<lb/> wickelung eiues Dichters ein eben so ergötzendes, wie lehrreiches Schauspiel. Andrer¬<lb/> seits ^wüßten wir auch keinen zu ächter Bedeutung gelangten Poeten, der nicht gerade<lb/> solch eine Gährung und Durchbildung in sich erlebt hätte, so daß, im Gegentheil, ein<lb/> namentlich formell schon abgeschlossenes und ausgeglattctes Antritts-Werk einem jungen<lb/> Autor kaum ein günstiges Vorurtheil erwecken dürfte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1965"> Wir können nach dieser Vorbemerkung nun unser Urtheil über die neuesten Pro¬<lb/> duktionen K. Beck's in das Eine Wort zusammenfassen: Beck ist zum Künstler her¬<lb/> angereift. Wen gemahnte es nicht, wenn er z. B. unter den „Berliner Elegieen" das<lb/> melodische.Genrebild „Der Schreiber" liest, an sogenannte klassische Comvositions-<lb/> wcise, an eine Vollendung äußerer und innerer Form, an eine Plastik, wie wir sie bei<lb/> den verstorbenen Koryphäen unsrer Literatur finden? Beck hat das heilige Maaß der<lb/> Schönheit erkannt, und durchdrungen und geweiht von dieser Erkenntniß, zwang es<lb/> ihn, Alles abzuschneiden und zu verwerfe», was irgend mit der Einheit und Klarheit<lb/> der Auffassung, so wie mit der harmonischen Gliederung der Durchführung in Wider¬<lb/> spruch stand, namentlich alle Ucberschwänglichkeit und Ueberfülle in Bildern, mußte un¬<lb/> ter dem Verworfenen auch Manches falle», was seiner Phantasie gewiß hoch theuer war,<lb/> und mochten ihm diese operativen Bestrebungen des erwachten Bewußtseins künstlerischer<lb/> Abrundung hier und da bittere Schmerzen verursachen. Glücklich, wem es wie Beck<lb/> endlich gelungen, seine Natur zu zähmen und zu regeln und mit Obmacht über den<lb/> erkornen Vorwurf zu walten. Und wir können uns nach diesen ersten Schritten, welche<lb/> er im neuen Kreise gethan, den schönsten Hoffnungen auf eine reiche und bedeutungs¬<lb/> volle Zukunft hingeben, wenn der herrliche Dichter pedem seinen künstlerischen Intentio¬<lb/> nen darauf ausgeht, seinen Geist stofflich mit immer größerer Wisscuscrsahruug, mit<lb/> aller möglichen Errungenschaft der Vergangenheit zu befruchten, und in dieser Befruch¬<lb/> tung seine Weltanschauung zu erhöhen und zu erweitern."</p><lb/> <p xml:id="ID_1966"> Möge das deutsche Volk, welchem in den „Monatsrosen eine belletristische Zeit¬<lb/> schrift von so hervorragendem Werthe geboten wird, nnn auch durch eine zahlreiche Be¬<lb/> theiligung ihr volles, lebendiges Interesse zu erkennen geben, um so mehr, als, neben<lb/> dem trefflichen Gehalte, anch der bei wahrhaft glänzender Ausstattung äußerst billige<lb/> Preis eines jeden Heftes die willkommenste Einladung sein dürste.</p><lb/> <note type="byline"> Ciws Ullrich.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur- I. Kurant«.<lb/> Druck von Friedrich Andrä.</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0564]
überschreiten, wollten wir auf eine Beurtheilung und Zergliederung der unter den eben
genannten Titeln vorgeführten einzelnen Gedichte eingingen. Wir geben mir den allge¬
meinen Eindruck, welchen diese Produktionen auf uns machten, wieder.
Wer denkt nicht bei den Namen Karl Beck'S an brausenden Sturm, an tobendes
Feuer, an Ergüsse einer heißblütigen, wildringcndcn Natur? Und so zeigte sich unser
Dichter in der That in seinen früheren Produktionen, und zum Theil auch in seinem
Hauptwerke „Iauko," welches immer noch nicht jene Verbreitung gefunden, die es als
eine eben so eigenthümliche, wie vvllsaftige Schöpfung in unserer Literatur gewiß ver¬
dient?- Es liegt in dem Wesen einer jeden auf solche Weise in jugendlichem Sturme
und Drange ausbrechenden nud gebärenden Phantasie, daß Schlacke und edles Metall
chaotisch durch einander gemengt zum Vorschein kommen. Bei einem wirklich für eine
höhere Reise in der Kunst organisirten Geiste bleibt jedoch der Länterungsprozeß nie¬
mals aus, und der Beobachter genießt in der vor Aller Augen sich darlegenden Ent¬
wickelung eiues Dichters ein eben so ergötzendes, wie lehrreiches Schauspiel. Andrer¬
seits ^wüßten wir auch keinen zu ächter Bedeutung gelangten Poeten, der nicht gerade
solch eine Gährung und Durchbildung in sich erlebt hätte, so daß, im Gegentheil, ein
namentlich formell schon abgeschlossenes und ausgeglattctes Antritts-Werk einem jungen
Autor kaum ein günstiges Vorurtheil erwecken dürfte.
Wir können nach dieser Vorbemerkung nun unser Urtheil über die neuesten Pro¬
duktionen K. Beck's in das Eine Wort zusammenfassen: Beck ist zum Künstler her¬
angereift. Wen gemahnte es nicht, wenn er z. B. unter den „Berliner Elegieen" das
melodische.Genrebild „Der Schreiber" liest, an sogenannte klassische Comvositions-
wcise, an eine Vollendung äußerer und innerer Form, an eine Plastik, wie wir sie bei
den verstorbenen Koryphäen unsrer Literatur finden? Beck hat das heilige Maaß der
Schönheit erkannt, und durchdrungen und geweiht von dieser Erkenntniß, zwang es
ihn, Alles abzuschneiden und zu verwerfe», was irgend mit der Einheit und Klarheit
der Auffassung, so wie mit der harmonischen Gliederung der Durchführung in Wider¬
spruch stand, namentlich alle Ucberschwänglichkeit und Ueberfülle in Bildern, mußte un¬
ter dem Verworfenen auch Manches falle», was seiner Phantasie gewiß hoch theuer war,
und mochten ihm diese operativen Bestrebungen des erwachten Bewußtseins künstlerischer
Abrundung hier und da bittere Schmerzen verursachen. Glücklich, wem es wie Beck
endlich gelungen, seine Natur zu zähmen und zu regeln und mit Obmacht über den
erkornen Vorwurf zu walten. Und wir können uns nach diesen ersten Schritten, welche
er im neuen Kreise gethan, den schönsten Hoffnungen auf eine reiche und bedeutungs¬
volle Zukunft hingeben, wenn der herrliche Dichter pedem seinen künstlerischen Intentio¬
nen darauf ausgeht, seinen Geist stofflich mit immer größerer Wisscuscrsahruug, mit
aller möglichen Errungenschaft der Vergangenheit zu befruchten, und in dieser Befruch¬
tung seine Weltanschauung zu erhöhen und zu erweitern."
Möge das deutsche Volk, welchem in den „Monatsrosen eine belletristische Zeit¬
schrift von so hervorragendem Werthe geboten wird, nnn auch durch eine zahlreiche Be¬
theiligung ihr volles, lebendiges Interesse zu erkennen geben, um so mehr, als, neben
dem trefflichen Gehalte, anch der bei wahrhaft glänzender Ausstattung äußerst billige
Preis eines jeden Heftes die willkommenste Einladung sein dürste.
Ciws Ullrich.
Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur- I. Kurant«.
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