Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.der letztem Klasse eine wahre Heirathswuth stattfindet. Die traurige Folge davon Man hat, um dem immer mehr um sich greifenden Uebelstande, daß Heirachen Die Gehalte der Justizbeamten in Böhmen wurden übrigens seit "0 -- 7V Alles Dieses findet leider auch bei den politischen Beamten, vom Gubernial- Endlich müssen wir das in jeder Hinsicht höchst mangelhafte Advokaten¬ Die österreichische Gesetzgebung wie auch die Gerichte sind im Allgemeinen . Wenn wir gleich an-erkennen müssen, daß sich dieses Mißtrauen durch die Die nnr wenige Stunden von einander entfernt liegenden Städte des König¬ der letztem Klasse eine wahre Heirathswuth stattfindet. Die traurige Folge davon Man hat, um dem immer mehr um sich greifenden Uebelstande, daß Heirachen Die Gehalte der Justizbeamten in Böhmen wurden übrigens seit »0 — 7V Alles Dieses findet leider auch bei den politischen Beamten, vom Gubernial- Endlich müssen wir das in jeder Hinsicht höchst mangelhafte Advokaten¬ Die österreichische Gesetzgebung wie auch die Gerichte sind im Allgemeinen . Wenn wir gleich an-erkennen müssen, daß sich dieses Mißtrauen durch die Die nnr wenige Stunden von einander entfernt liegenden Städte des König¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0475" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185239"/> <p xml:id="ID_1568" prev="#ID_1567"> der letztem Klasse eine wahre Heirathswuth stattfindet. Die traurige Folge davon<lb/> ist, daß man von einem großen Theile der Kanzleibeamten das Meiste, für Geld<lb/> und Weniges ohne dasselbe haben kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_1569"> Man hat, um dem immer mehr um sich greifenden Uebelstande, daß Heirachen<lb/> ohne Vermögen und gesetzliches Einkommen geschlossen werden, vorzubeugen, vor¬<lb/> geschlagen, bei Civil-Beamten gleich den Militairofficieren den Ausweis von Hei-<lb/> rathskautionen einzuführen, wogegen jedoch von der andern Seite eine solche Ma߬<lb/> regel als unmenschlich, tyrannisch und der Moralität nachtheilig getadelt wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1570"> Die Gehalte der Justizbeamten in Böhmen wurden übrigens seit »0 — 7V<lb/> Jahren nicht erhöht, während doch die Preise aller Lebensbedürfnisse und insbe^<lb/> sondere die Wohnzinsnngeu, Holzpreise, die Erziehungskoften der Kinder, sich<lb/> seitdem um das Doppelte bis Vierfache erhöht haben, so daß es wirklich absolut<lb/> unmöglich ist, daß ein Beamter, der eine nur etwas zahlreichere Familie hat,<lb/> selbe, wenn er kein Vermögen besitzt, anständig erhalten kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_1571"> Alles Dieses findet leider auch bei den politischen Beamten, vom Gubernial-<lb/> rathe abwärts, gleichfalls seine Anwendung und nur die Cameral-Becunten, deren<lb/> Gehaltsregulirung erst in der ucueruZeit geschah, siud hierin etwas bessergestellt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1572"> Endlich müssen wir das in jeder Hinsicht höchst mangelhafte Advokaten¬<lb/> wesen als einen Hauptgrund des Verfalles des Justizwesens angeben. Hierin<lb/> liegt eine Hauptursache der Arbeitsüberhäufung bei den Gerichten und Appellatious-<lb/> gerichteu, wie dieses auch in einem Staate, wo der Winkelschreiberei so wenig<lb/> gesteuert wird, nicht besser sein kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_1573"> Die österreichische Gesetzgebung wie auch die Gerichte sind im Allgemeinen<lb/> gegen die Advokaten etwas feindselig gestimmt, wie sich dieses durch so manches<lb/> Hofdecret und die Gerichtsordnung selbst mehr als hinreichend belegen ließe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1574"> . Wenn wir gleich an-erkennen müssen, daß sich dieses Mißtrauen durch die<lb/> Persönlichkeit eines Theiles der Advocaten und insbesondere jener auf dem Lande<lb/> vollkommen rechtfertigen läßt, so müssen wir dagegen unbedingt behaupte», daß die<lb/> Demoralisirung des Advokatenstandes durch das vou der Negierung befolgte<lb/> System ungemein befördert wird. Die Scheu vor der Vermehrung der Zahl<lb/> der Advokaten führt grade zu dem entgegengesetzten Resultat. Es befördert<lb/> die Wittkelschreiberei, überhäuft die Gerichte und verzögert den Geschäftsgang der¬<lb/> selben durch die unzähligen sinnlosen und dummen Eingaben, welche bei dem<lb/> jetzigen Zustande vorkommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1575" next="#ID_1576"> Die nnr wenige Stunden von einander entfernt liegenden Städte des König¬<lb/> reichs Sachsen, Zittau, Bautzen, Löbau und Herrnhut zählen mehr befugte Advo¬<lb/> katen, als ganz Böhmen mit seinen 4,600,00 0 Einwohnern. Wer aber wird zu<lb/> behaupten wagen, daß bei uns, trotzdem daß unser bürgerliches Gesetzbuch dem<lb/> sächsischen Rechte weit vorzuziehen ist, die gerichtliche Vertretung der Partei besser<lb/> "is in Sachsen daran sei, — bei uns, wo sich aus dem Lande Jedermann selbst</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0475]
der letztem Klasse eine wahre Heirathswuth stattfindet. Die traurige Folge davon
ist, daß man von einem großen Theile der Kanzleibeamten das Meiste, für Geld
und Weniges ohne dasselbe haben kann.
Man hat, um dem immer mehr um sich greifenden Uebelstande, daß Heirachen
ohne Vermögen und gesetzliches Einkommen geschlossen werden, vorzubeugen, vor¬
geschlagen, bei Civil-Beamten gleich den Militairofficieren den Ausweis von Hei-
rathskautionen einzuführen, wogegen jedoch von der andern Seite eine solche Ma߬
regel als unmenschlich, tyrannisch und der Moralität nachtheilig getadelt wurde.
Die Gehalte der Justizbeamten in Böhmen wurden übrigens seit »0 — 7V
Jahren nicht erhöht, während doch die Preise aller Lebensbedürfnisse und insbe^
sondere die Wohnzinsnngeu, Holzpreise, die Erziehungskoften der Kinder, sich
seitdem um das Doppelte bis Vierfache erhöht haben, so daß es wirklich absolut
unmöglich ist, daß ein Beamter, der eine nur etwas zahlreichere Familie hat,
selbe, wenn er kein Vermögen besitzt, anständig erhalten kann.
Alles Dieses findet leider auch bei den politischen Beamten, vom Gubernial-
rathe abwärts, gleichfalls seine Anwendung und nur die Cameral-Becunten, deren
Gehaltsregulirung erst in der ucueruZeit geschah, siud hierin etwas bessergestellt.
Endlich müssen wir das in jeder Hinsicht höchst mangelhafte Advokaten¬
wesen als einen Hauptgrund des Verfalles des Justizwesens angeben. Hierin
liegt eine Hauptursache der Arbeitsüberhäufung bei den Gerichten und Appellatious-
gerichteu, wie dieses auch in einem Staate, wo der Winkelschreiberei so wenig
gesteuert wird, nicht besser sein kann.
Die österreichische Gesetzgebung wie auch die Gerichte sind im Allgemeinen
gegen die Advokaten etwas feindselig gestimmt, wie sich dieses durch so manches
Hofdecret und die Gerichtsordnung selbst mehr als hinreichend belegen ließe.
. Wenn wir gleich an-erkennen müssen, daß sich dieses Mißtrauen durch die
Persönlichkeit eines Theiles der Advocaten und insbesondere jener auf dem Lande
vollkommen rechtfertigen läßt, so müssen wir dagegen unbedingt behaupte», daß die
Demoralisirung des Advokatenstandes durch das vou der Negierung befolgte
System ungemein befördert wird. Die Scheu vor der Vermehrung der Zahl
der Advokaten führt grade zu dem entgegengesetzten Resultat. Es befördert
die Wittkelschreiberei, überhäuft die Gerichte und verzögert den Geschäftsgang der¬
selben durch die unzähligen sinnlosen und dummen Eingaben, welche bei dem
jetzigen Zustande vorkommen.
Die nnr wenige Stunden von einander entfernt liegenden Städte des König¬
reichs Sachsen, Zittau, Bautzen, Löbau und Herrnhut zählen mehr befugte Advo¬
katen, als ganz Böhmen mit seinen 4,600,00 0 Einwohnern. Wer aber wird zu
behaupten wagen, daß bei uns, trotzdem daß unser bürgerliches Gesetzbuch dem
sächsischen Rechte weit vorzuziehen ist, die gerichtliche Vertretung der Partei besser
"is in Sachsen daran sei, — bei uns, wo sich aus dem Lande Jedermann selbst
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