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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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Lobe zu gedenken. Es ist dies die sogenannte Landtafel, welche mit dem Grund¬
buch der ständischen Realitäten betraut ist. Was Verläßlichkeit, schnelle Uebersicht,
schleunige Erledigung und Ausfertigung der Extracte betrifft, so müssen wir dieses
Institut für beinahe vollkommen erklären*).

So unbedingt wir nun der Landtafel dieses Lob spenden, so sind wir dage¬
gen genöthigt zuzugestehen, daß es in jeder Hinsicht nichts Jämmerlicheres als
die böhmischen städtischen Grundbücher geben könne, und daß damit die bei¬
spiellos langsame Erledigung, die oft viele Monate bedürfende Ausfertigung der
Extracte und insbesondere die Persönlichkeit der bei denselben angestellten Beamten
im vollkommensten Einklange steht.

Ueberdies müssen wir hier mit Beziehung auf eine frühere Bemerkung über
das neue Stcmpclpatent erwähnen, daß, während die Einverleibung in die Land¬
tafel, welche bei dem k. k. Landrechte geführt wird, ohne Unterschied des zu ver-
hypothccireuden Betrages in der Regel nur ? Fi. 12 Kr. an Stempeln kostet,
(da die Taxen hier ganz aufgehoben sind), von den beim Magistrate geführten
Stadtbüchern von dem ersten tausend Gulden Ein Kreuzer und von jedem fol¬
genden ein halber Kreuzer vom Gulden bezahlt werden muß, ein Verfahren, bei
dem abermals der minder Bemittelte höher besteuert ist, als der Reiche.

Daß dem traurigen Zustande der böhmischen Justiz nicht mit einem Schlage
abgeholfen werden könne, wird gewiß Jedermann zugestehen, denn ein so veraltetes
Uebel bedarf einer längern Heilung. Auch wird kein Unbefangener bestreiten, daß
nur in der Verfolgung des Principes der Oeffentlichkeit ein möglichst gesicherter
Rechtszustand zu erwarten steht, indem nur durch die Oeffentlichkeit eine ver¬
läßliche Controle über Richter und Advokaten geübt werden kann.

Vor der Hand aber können wir als dringend nothwendige Bedingungen zur
Hebung und Verbesserung der böhmischen Justizpflege uur Nachstehendes empfehle":

Die Erlassung eines ganz neuen Gesetzes über das gerichtliche Verfahren,
denn hier läßt sich mit Hofdecreteu, Resolutionen, Declarationen.und dergleichen
unmöglich mehr abhelfen.

Da man bereits so viele traurige Erfahrungen gemacht hat, daß die Gesetz-
gebuugshofcvmmissiou hierzu etwas gar zu viel Zeit brauche, so wäre es vielleicht
des Versuchs werth, die Verfassung eines neuen Gesetzes über das gerichtliche
Verfahren zum Gegenstand einer Preisaufgabe zu machen.

Daß insbesondere eine neue Gerichtsverfassung zu erlassen und sowohl für
die Civil- als Criminal-Rechtspflege laut es fürstliche Gerichte zu organisiren



Wenn hier noch etwas zu wünschen ist, so wäre es, daß den nachtheiligen Folgen,
welche die Vormerkungen im unbestimmten Betrage für den Hypothekenbesitzer nach sich ziehen,
dadurch vorgebeugt würde, daß man den Pränotationswerbcr verpflichtete, das Maximum seiner
unbestimmten Forderung anzugeben und ihn dafür verantwortlich machte, wenn er dieses ab¬
sich D. Ein s. tlich zu hoch angibt.

Lobe zu gedenken. Es ist dies die sogenannte Landtafel, welche mit dem Grund¬
buch der ständischen Realitäten betraut ist. Was Verläßlichkeit, schnelle Uebersicht,
schleunige Erledigung und Ausfertigung der Extracte betrifft, so müssen wir dieses
Institut für beinahe vollkommen erklären*).

So unbedingt wir nun der Landtafel dieses Lob spenden, so sind wir dage¬
gen genöthigt zuzugestehen, daß es in jeder Hinsicht nichts Jämmerlicheres als
die böhmischen städtischen Grundbücher geben könne, und daß damit die bei¬
spiellos langsame Erledigung, die oft viele Monate bedürfende Ausfertigung der
Extracte und insbesondere die Persönlichkeit der bei denselben angestellten Beamten
im vollkommensten Einklange steht.

Ueberdies müssen wir hier mit Beziehung auf eine frühere Bemerkung über
das neue Stcmpclpatent erwähnen, daß, während die Einverleibung in die Land¬
tafel, welche bei dem k. k. Landrechte geführt wird, ohne Unterschied des zu ver-
hypothccireuden Betrages in der Regel nur ? Fi. 12 Kr. an Stempeln kostet,
(da die Taxen hier ganz aufgehoben sind), von den beim Magistrate geführten
Stadtbüchern von dem ersten tausend Gulden Ein Kreuzer und von jedem fol¬
genden ein halber Kreuzer vom Gulden bezahlt werden muß, ein Verfahren, bei
dem abermals der minder Bemittelte höher besteuert ist, als der Reiche.

Daß dem traurigen Zustande der böhmischen Justiz nicht mit einem Schlage
abgeholfen werden könne, wird gewiß Jedermann zugestehen, denn ein so veraltetes
Uebel bedarf einer längern Heilung. Auch wird kein Unbefangener bestreiten, daß
nur in der Verfolgung des Principes der Oeffentlichkeit ein möglichst gesicherter
Rechtszustand zu erwarten steht, indem nur durch die Oeffentlichkeit eine ver¬
läßliche Controle über Richter und Advokaten geübt werden kann.

Vor der Hand aber können wir als dringend nothwendige Bedingungen zur
Hebung und Verbesserung der böhmischen Justizpflege uur Nachstehendes empfehle»:

Die Erlassung eines ganz neuen Gesetzes über das gerichtliche Verfahren,
denn hier läßt sich mit Hofdecreteu, Resolutionen, Declarationen.und dergleichen
unmöglich mehr abhelfen.

Da man bereits so viele traurige Erfahrungen gemacht hat, daß die Gesetz-
gebuugshofcvmmissiou hierzu etwas gar zu viel Zeit brauche, so wäre es vielleicht
des Versuchs werth, die Verfassung eines neuen Gesetzes über das gerichtliche
Verfahren zum Gegenstand einer Preisaufgabe zu machen.

Daß insbesondere eine neue Gerichtsverfassung zu erlassen und sowohl für
die Civil- als Criminal-Rechtspflege laut es fürstliche Gerichte zu organisiren



Wenn hier noch etwas zu wünschen ist, so wäre es, daß den nachtheiligen Folgen,
welche die Vormerkungen im unbestimmten Betrage für den Hypothekenbesitzer nach sich ziehen,
dadurch vorgebeugt würde, daß man den Pränotationswerbcr verpflichtete, das Maximum seiner
unbestimmten Forderung anzugeben und ihn dafür verantwortlich machte, wenn er dieses ab¬
sich D. Ein s. tlich zu hoch angibt.
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[0473] Lobe zu gedenken. Es ist dies die sogenannte Landtafel, welche mit dem Grund¬ buch der ständischen Realitäten betraut ist. Was Verläßlichkeit, schnelle Uebersicht, schleunige Erledigung und Ausfertigung der Extracte betrifft, so müssen wir dieses Institut für beinahe vollkommen erklären*). So unbedingt wir nun der Landtafel dieses Lob spenden, so sind wir dage¬ gen genöthigt zuzugestehen, daß es in jeder Hinsicht nichts Jämmerlicheres als die böhmischen städtischen Grundbücher geben könne, und daß damit die bei¬ spiellos langsame Erledigung, die oft viele Monate bedürfende Ausfertigung der Extracte und insbesondere die Persönlichkeit der bei denselben angestellten Beamten im vollkommensten Einklange steht. Ueberdies müssen wir hier mit Beziehung auf eine frühere Bemerkung über das neue Stcmpclpatent erwähnen, daß, während die Einverleibung in die Land¬ tafel, welche bei dem k. k. Landrechte geführt wird, ohne Unterschied des zu ver- hypothccireuden Betrages in der Regel nur ? Fi. 12 Kr. an Stempeln kostet, (da die Taxen hier ganz aufgehoben sind), von den beim Magistrate geführten Stadtbüchern von dem ersten tausend Gulden Ein Kreuzer und von jedem fol¬ genden ein halber Kreuzer vom Gulden bezahlt werden muß, ein Verfahren, bei dem abermals der minder Bemittelte höher besteuert ist, als der Reiche. Daß dem traurigen Zustande der böhmischen Justiz nicht mit einem Schlage abgeholfen werden könne, wird gewiß Jedermann zugestehen, denn ein so veraltetes Uebel bedarf einer längern Heilung. Auch wird kein Unbefangener bestreiten, daß nur in der Verfolgung des Principes der Oeffentlichkeit ein möglichst gesicherter Rechtszustand zu erwarten steht, indem nur durch die Oeffentlichkeit eine ver¬ läßliche Controle über Richter und Advokaten geübt werden kann. Vor der Hand aber können wir als dringend nothwendige Bedingungen zur Hebung und Verbesserung der böhmischen Justizpflege uur Nachstehendes empfehle»: Die Erlassung eines ganz neuen Gesetzes über das gerichtliche Verfahren, denn hier läßt sich mit Hofdecreteu, Resolutionen, Declarationen.und dergleichen unmöglich mehr abhelfen. Da man bereits so viele traurige Erfahrungen gemacht hat, daß die Gesetz- gebuugshofcvmmissiou hierzu etwas gar zu viel Zeit brauche, so wäre es vielleicht des Versuchs werth, die Verfassung eines neuen Gesetzes über das gerichtliche Verfahren zum Gegenstand einer Preisaufgabe zu machen. Daß insbesondere eine neue Gerichtsverfassung zu erlassen und sowohl für die Civil- als Criminal-Rechtspflege laut es fürstliche Gerichte zu organisiren Wenn hier noch etwas zu wünschen ist, so wäre es, daß den nachtheiligen Folgen, welche die Vormerkungen im unbestimmten Betrage für den Hypothekenbesitzer nach sich ziehen, dadurch vorgebeugt würde, daß man den Pränotationswerbcr verpflichtete, das Maximum seiner unbestimmten Forderung anzugeben und ihn dafür verantwortlich machte, wenn er dieses ab¬ sich D. Ein s. tlich zu hoch angibt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/473>, abgerufen am 22.07.2024.