Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.zahlloser Ungerechtigkeiten, daß man nicht genug staunen kann, wie ein solcher Zu¬ Während der Justiziarius eines Patrimonialgerichtes einen Prozeß bei dem Von dieser bedauernswerthen, aber getreuen Skizze unseres gerichtlichen Man würde sehr irren, wenn man deshalb annehmen wollte, daß,in den auf dem Lande gestattet hat. Doch hat man sich überzeugt, daß diese Individuen aus Viel¬
fachen Gründen die Geißel der Prozcsjführcn'ven sind. Sie werden deshalb in neuerer Zeit all D. Red. enthalben durch Landadvocciten ersetzt und sterben allmälig aus. zahlloser Ungerechtigkeiten, daß man nicht genug staunen kann, wie ein solcher Zu¬ Während der Justiziarius eines Patrimonialgerichtes einen Prozeß bei dem Von dieser bedauernswerthen, aber getreuen Skizze unseres gerichtlichen Man würde sehr irren, wenn man deshalb annehmen wollte, daß,in den auf dem Lande gestattet hat. Doch hat man sich überzeugt, daß diese Individuen aus Viel¬
fachen Gründen die Geißel der Prozcsjführcn'ven sind. Sie werden deshalb in neuerer Zeit all D. Red. enthalben durch Landadvocciten ersetzt und sterben allmälig aus. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0391" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185155"/> <p xml:id="ID_1279" prev="#ID_1278"> zahlloser Ungerechtigkeiten, daß man nicht genug staunen kann, wie ein solcher Zu¬<lb/> stand je in einem civilisirten Staate entstehen, oder sich gar bis zum gegenwärtigen<lb/> Zeitpunkte erhalten konnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1280"> Während der Justiziarius eines Patrimonialgerichtes einen Prozeß bei dem<lb/> eines zweiten derartigen Gerichtes zu verhandeln hat, erscheint dagegen der Justi¬<lb/> ziarius dieses Gerichtes bei seinem eigenen als Parteienvertreter, und es ist dann<lb/> gewiß anzunehmen, daß gegenseitige Gefälligkeiten die nothwendigen Folgen eines<lb/> solchen Verhältnisses sein müssen und daß insbesondere eine von einem dieser<lb/> Herren dem andern übertragene fette Curatel ihre Früchte tragen müsse.</p><lb/> <p xml:id="ID_1281"> Von dieser bedauernswerthen, aber getreuen Skizze unseres gerichtlichen<lb/> Verfahrens macht das im Jahre 1846 über Klagen, bei welchen es sich um nicht<lb/> mehr als 200 Fi. handelt, eingeführte summarische Verfahren in so fern eine<lb/> Ausnahme, als der ganze Prozeß bis zum Urtheile in der Regel bei einer und<lb/> derselben Tagsatzung beendigt werdeu soll, während dagegen von der Urtheilöschö-<lb/> Pfung angefangen ähnliche Verzögerungen, wie solche eben geschildert wurden, ein¬<lb/> treten. Demungeachtet sehen wir uns verpflichtet der Staatsverwaltung für diese»,<lb/> wenn gleich nur geringen Fortschritt unserm Dank zu sagen. Nur hätten wir gewünscht,<lb/> daß man bei Erlassung jenes Gesetzes nicht eine wesentliche Hauptsache übersehen hätte,<lb/> die (besonders bei sogenannten Bettelprozessen) so sehr drückenden Gerichtskosten,<lb/> welche ohne Berücksichtigung des Gegenstandes, um welchen es sich handelt, sich<lb/> immer ganz gleich bleiben und wenn gleich nicht bei den landesfürstlichen Stellen,<lb/> so doch bei den übrigen und insbesondere den Magistraten der Hauptstädte unge¬<lb/> mein drückend sind. Nach der einfachsten Logik läßt sich schließen, daß Jemand<lb/> der um Tausende« prozesstrt, billiger Weise mehr zahlen kann als der, welcher<lb/> blos einzelne Gulden einzutreiben hat. Aber leider offenbart sich hierin derselbe<lb/> Geist, welcher bei dem neuen Stempelgesetze den Reichen im Verhältnisse gegen<lb/> den Bedürftigen aus die auffallendste Weise begünstigt, Obendrein wird die Staats-<lb/> regierung auf die widerrechtlichste Weise eines Einkommens von Millionen beraubt,<lb/> indem man die Taxen bei sämmtlichen landesfürstlichen Stellen ganz aufhob, wäh¬<lb/> rend man sie bei den Magistraten und Patrimonial-Gerichten beibehielt; bei er¬<lb/> steren ward zwar ein etwas höherer Stempel eingeführt, diese wurden jedoch dnrch<lb/> die bei letzteren üblichen Taxen bei Weitem überwogen, während doch bei diesen<lb/> und keineswegs bei den ersteren der ärmere Theil der Staatsbürger sein Recht zu<lb/> suchen hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1282" next="#ID_1283"> Man würde sehr irren, wenn man deshalb annehmen wollte, daß,in den<lb/> höhern Sphären der österreichischen Negierung dieser den Reichen auf Kosten des</p><lb/> <note xml:id="FID_55" prev="#FID_54" place="foot"> auf dem Lande gestattet hat. Doch hat man sich überzeugt, daß diese Individuen aus Viel¬<lb/> fachen Gründen die Geißel der Prozcsjführcn'ven sind. Sie werden deshalb in neuerer Zeit<lb/> all<note type="byline"> D. Red.</note> enthalben durch Landadvocciten ersetzt und sterben allmälig aus. </note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0391]
zahlloser Ungerechtigkeiten, daß man nicht genug staunen kann, wie ein solcher Zu¬
stand je in einem civilisirten Staate entstehen, oder sich gar bis zum gegenwärtigen
Zeitpunkte erhalten konnte.
Während der Justiziarius eines Patrimonialgerichtes einen Prozeß bei dem
eines zweiten derartigen Gerichtes zu verhandeln hat, erscheint dagegen der Justi¬
ziarius dieses Gerichtes bei seinem eigenen als Parteienvertreter, und es ist dann
gewiß anzunehmen, daß gegenseitige Gefälligkeiten die nothwendigen Folgen eines
solchen Verhältnisses sein müssen und daß insbesondere eine von einem dieser
Herren dem andern übertragene fette Curatel ihre Früchte tragen müsse.
Von dieser bedauernswerthen, aber getreuen Skizze unseres gerichtlichen
Verfahrens macht das im Jahre 1846 über Klagen, bei welchen es sich um nicht
mehr als 200 Fi. handelt, eingeführte summarische Verfahren in so fern eine
Ausnahme, als der ganze Prozeß bis zum Urtheile in der Regel bei einer und
derselben Tagsatzung beendigt werdeu soll, während dagegen von der Urtheilöschö-
Pfung angefangen ähnliche Verzögerungen, wie solche eben geschildert wurden, ein¬
treten. Demungeachtet sehen wir uns verpflichtet der Staatsverwaltung für diese»,
wenn gleich nur geringen Fortschritt unserm Dank zu sagen. Nur hätten wir gewünscht,
daß man bei Erlassung jenes Gesetzes nicht eine wesentliche Hauptsache übersehen hätte,
die (besonders bei sogenannten Bettelprozessen) so sehr drückenden Gerichtskosten,
welche ohne Berücksichtigung des Gegenstandes, um welchen es sich handelt, sich
immer ganz gleich bleiben und wenn gleich nicht bei den landesfürstlichen Stellen,
so doch bei den übrigen und insbesondere den Magistraten der Hauptstädte unge¬
mein drückend sind. Nach der einfachsten Logik läßt sich schließen, daß Jemand
der um Tausende« prozesstrt, billiger Weise mehr zahlen kann als der, welcher
blos einzelne Gulden einzutreiben hat. Aber leider offenbart sich hierin derselbe
Geist, welcher bei dem neuen Stempelgesetze den Reichen im Verhältnisse gegen
den Bedürftigen aus die auffallendste Weise begünstigt, Obendrein wird die Staats-
regierung auf die widerrechtlichste Weise eines Einkommens von Millionen beraubt,
indem man die Taxen bei sämmtlichen landesfürstlichen Stellen ganz aufhob, wäh¬
rend man sie bei den Magistraten und Patrimonial-Gerichten beibehielt; bei er¬
steren ward zwar ein etwas höherer Stempel eingeführt, diese wurden jedoch dnrch
die bei letzteren üblichen Taxen bei Weitem überwogen, während doch bei diesen
und keineswegs bei den ersteren der ärmere Theil der Staatsbürger sein Recht zu
suchen hat.
Man würde sehr irren, wenn man deshalb annehmen wollte, daß,in den
höhern Sphären der österreichischen Negierung dieser den Reichen auf Kosten des
auf dem Lande gestattet hat. Doch hat man sich überzeugt, daß diese Individuen aus Viel¬
fachen Gründen die Geißel der Prozcsjführcn'ven sind. Sie werden deshalb in neuerer Zeit
all D. Red. enthalben durch Landadvocciten ersetzt und sterben allmälig aus.
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