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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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welcher sich der Anwesenden bemächtigte, war selbst bei uns leicht enthnsiasmirba-
ren Magyaren ein unerhörter. Sehr richtig bemerkte die Preßburger Zeitung
einen ähnlichen Anblick mochte nur jene Versammlung bieten, welche das histori¬
sche mali-unur in-o re^o oostiu gerufen. Es ist dies auch kein kleines Ereigniß
und der langjährige Sprachcnkampf ist hierdurch zu einem siegreichen Abschlüsse ge¬
kommen. Da>. der erste Punkt der königlichen Propositronen die Palatinswahl
verordnet, wurde unter Jubelgeschrei der Anwesenden Erzherzog Stephan einstiim
ung zum Palatin proclamirt, wie dies auch vorauszusehen war. Möge es Gott
fügen, daß all' die schönen Hoffnungen realisirt werden, welche die Nation von
ihrem jungen Palatin hegt. Und nun zu den königl. Propositionen. Dieselben
sind, wie ich Ihnen schon angezeigt, wirklich und im Vergleiche mit den bisheri¬
gen -- sehr liberal ausgefallen, doch fehlen, wie ich Ihnen auch wieder voraus¬
gesagt, die nöthigen Hinterpförtchen für die Negierung durchaus nicht. Die Adreß-
debatte wird uns zeigen, wie sie von den Vertretern der Nation ausgenommen
wird. -- Den Inhalt des ersten Punktes kennen Sie bereits. Der zweite
Punkt verlangt Berathung des in Angelegenheiten der KriegSalimentation geschehe¬
nen Gesetzesvorschlages. Drittens wird Ertheilung des Stimmrechtes an die
königl. Frei- und an die Bergstädte vorgeschlagen, so wie diesfällige billige Be¬
rücksichtigung der Domcapitel nird der freien Bezirke. Viertens. Die vernunft-
und zeitgemäße Entwickelung des Städtewesens im Herzen tragend, wünscht Se.
Majestät die baldmöglichste verfassungsmäßige Ordnung und Organisation der k.
Frei- und der Bergstädte. Der beiliegende Gesetzcsvvrschlag hat die Absicht, die
betreffenden Verhandlungen zu kürzen und die Verfassung eines neuen Gesetzes zu
erleichtern. Fünftens. Im Interesse der Sicherung des adeligen Grundbesitzes
und des hiervoll bedingten Privatcredits sollen die Gesetze über Besitzerwerb und
Uebertragung mit gehöriger Vorsicht modificirt und die diesfällige Prozeßordnung
in gleicher Weise geregelt werden. Auch wären Grundbücher einzuführen und zum
Gedeihen dieser Gesetze stehende Comitatögerichtsstühle zu errichten. (Bis jetzt
sind blos vier Cvmitatssitznngcn in jedem Jahre). S ach se en s. Da die Erbablö-
sungsfähigkeit des Bauers schon durch ein Gesetz ausgesprochen worden, derselben
aber viele Hindernisse entgegenstehen, so wünschten Se. Majestät, daß die Stände
noch im Laufe des gegenwärtigen Landtages einen GesetzeSvvrschlag unterbrei¬
ten, welcher die Erbablösnng bei Beseitigung der aus gegenwärtigen Gesetzen ent¬
springenden Hindernisse zugleich mit der Billigkeit und der Achtung des Eigen-
thumörechtes in Einklang bringe. Siebentens. Zur Erleichterung des Han-
delvert'chrs wollen Sr. Majestät Abschaffung der ungarisch-österreichischen Mauth-



*) Ich kann nicht umhin, hier zu erwähnen, daß diese "o" dem umsichtigen Adolph Neu¬
stadt redigirte Zeitung die Verhandlungen des 12. Novembers schon denselben Abend brachte, so
daß man sie bereits am andern Morgen in Wien lesen konnte. Bei dem gewöhnlichen Schnecken-
Lange unserer Journalistik erscheint diese Schnelligkeit als Zauber-

welcher sich der Anwesenden bemächtigte, war selbst bei uns leicht enthnsiasmirba-
ren Magyaren ein unerhörter. Sehr richtig bemerkte die Preßburger Zeitung
einen ähnlichen Anblick mochte nur jene Versammlung bieten, welche das histori¬
sche mali-unur in-o re^o oostiu gerufen. Es ist dies auch kein kleines Ereigniß
und der langjährige Sprachcnkampf ist hierdurch zu einem siegreichen Abschlüsse ge¬
kommen. Da>. der erste Punkt der königlichen Propositronen die Palatinswahl
verordnet, wurde unter Jubelgeschrei der Anwesenden Erzherzog Stephan einstiim
ung zum Palatin proclamirt, wie dies auch vorauszusehen war. Möge es Gott
fügen, daß all' die schönen Hoffnungen realisirt werden, welche die Nation von
ihrem jungen Palatin hegt. Und nun zu den königl. Propositionen. Dieselben
sind, wie ich Ihnen schon angezeigt, wirklich und im Vergleiche mit den bisheri¬
gen — sehr liberal ausgefallen, doch fehlen, wie ich Ihnen auch wieder voraus¬
gesagt, die nöthigen Hinterpförtchen für die Negierung durchaus nicht. Die Adreß-
debatte wird uns zeigen, wie sie von den Vertretern der Nation ausgenommen
wird. — Den Inhalt des ersten Punktes kennen Sie bereits. Der zweite
Punkt verlangt Berathung des in Angelegenheiten der KriegSalimentation geschehe¬
nen Gesetzesvorschlages. Drittens wird Ertheilung des Stimmrechtes an die
königl. Frei- und an die Bergstädte vorgeschlagen, so wie diesfällige billige Be¬
rücksichtigung der Domcapitel nird der freien Bezirke. Viertens. Die vernunft-
und zeitgemäße Entwickelung des Städtewesens im Herzen tragend, wünscht Se.
Majestät die baldmöglichste verfassungsmäßige Ordnung und Organisation der k.
Frei- und der Bergstädte. Der beiliegende Gesetzcsvvrschlag hat die Absicht, die
betreffenden Verhandlungen zu kürzen und die Verfassung eines neuen Gesetzes zu
erleichtern. Fünftens. Im Interesse der Sicherung des adeligen Grundbesitzes
und des hiervoll bedingten Privatcredits sollen die Gesetze über Besitzerwerb und
Uebertragung mit gehöriger Vorsicht modificirt und die diesfällige Prozeßordnung
in gleicher Weise geregelt werden. Auch wären Grundbücher einzuführen und zum
Gedeihen dieser Gesetze stehende Comitatögerichtsstühle zu errichten. (Bis jetzt
sind blos vier Cvmitatssitznngcn in jedem Jahre). S ach se en s. Da die Erbablö-
sungsfähigkeit des Bauers schon durch ein Gesetz ausgesprochen worden, derselben
aber viele Hindernisse entgegenstehen, so wünschten Se. Majestät, daß die Stände
noch im Laufe des gegenwärtigen Landtages einen GesetzeSvvrschlag unterbrei¬
ten, welcher die Erbablösnng bei Beseitigung der aus gegenwärtigen Gesetzen ent¬
springenden Hindernisse zugleich mit der Billigkeit und der Achtung des Eigen-
thumörechtes in Einklang bringe. Siebentens. Zur Erleichterung des Han-
delvert'chrs wollen Sr. Majestät Abschaffung der ungarisch-österreichischen Mauth-



*) Ich kann nicht umhin, hier zu erwähnen, daß diese »o» dem umsichtigen Adolph Neu¬
stadt redigirte Zeitung die Verhandlungen des 12. Novembers schon denselben Abend brachte, so
daß man sie bereits am andern Morgen in Wien lesen konnte. Bei dem gewöhnlichen Schnecken-
Lange unserer Journalistik erscheint diese Schnelligkeit als Zauber-
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/303>, abgerufen am 22.07.2024.