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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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all recht zu geben. So ist der zurückgesetzte Manu im Kreise seiner Bekannte",
seiner Verwandtschaft, seiner Familie ein Manu von zweifelhaftem Werth.

Das sind Nachtheile nnter welchen Private leiden. Aber auch der Staat ist
bei seinen Conduitenlisten schwer betheiligt.

Wer in eine Hierarchie tritt, nimmt die Hoffnung in den Kauf, daß er höher
und höher steigen werde. Wenn der österreichische Cvnccptspraktikant kein Anrecht
aus die Rathsstelle hatte, fanden sich nicht nur keine unentgeldlichen Conceptsprak¬
tikanten, es fänden sich auch keine um 200 und 300 Fi. Der Fabrikant findet
keine unbezahlten Arbeiter. Den Staat hingegen administriren zum Theil' un¬
bezahlte Beamte, obgleich ihre Arbeite" Leistungen sind, die einen weit höhern
Tauschwerth haben als die Leistungen des Tagelöhners.

Die Conduiteliste, das vieldeutige Interesse des Dienstes, das Vorspringen
der angeblich Vorzüglichsten macheu die Ansprüche der Beamten unsicher. Diese
Unsicherheit zieht den Werth der Staatsbedicustuugeu herab und so bewerben sich
immer schlechtere Subjekte um sie. Die Grüude gegen die Vorrückung des ältern
tadellosen Beamten laufen am Ende auf die Betrachtung aus, daß der Aeltere nicht
immer der Vorzüglichere sei. Aber dein Staate thun nur für wenig Bedienstuugen
hochbegabte Leute noth. Denn die Arbeit zerfällt hier wie überall in zwei ungleiche
Theile. Nur der kleinere Theil fordert Fähigkeiten, welche uuter Umständen schwer
aufgewogen werden müssen. Dagegen genügen für den größten Theil der mensch¬
lichen Arbeit Eigenschaften, um welche man nirgend verlegen ist. In einer Fa¬
brik, beim Bau einer Eisenbahn wird das deutlich. Der Staat bedarf einer
Masse von Beamten. Ein kleiner Theil von ihnen kann viel Gutes und viel
Schlechtes bewirten. Der größte Theil jedoch arbeitet in streng vorgezeichne-
ten Bahnen. Diejenigen, welche das Grabscheit handhaben, welche die Klötze zim¬
mern auf denen die Schienen laufen, welche die Bahnhvfgcbände eindecken, haben
ans die Vorzüge eines Eisenbcchnbanes einen Einfluß, der so gut als keiner ist.
Die vollziehenden Beamten sind, was die Kärrner sind beim Bau eines Palastes.

Das Kabinet, die Gesetzgebung überhaupt, die auswärtigen Angelegenheiten
können nicht Leuten anvertraut werden, die nichts für sich haben als lange treue
Dienste. Den Kammerpräsidenten darf das Seninin nicht bestimmen. Aber die
ausübenden Posten im Staate können mit voller Beruhigung nach dem Semina
besetzt werden. Die Leute, welche die Staatsprüfungen gemacht haben, welche
den Dienst von unten herauf kennen gelernt haben, welche sich keinen gerechten
Tadel zugezogen haben, werden jedenfalls fähig sein, die laufenden Geschäfte be¬
friedigend zu besorgen.

Die Amtsvorsteher haben Hofmeister, Empfohlne n. s. w. Ihre Söhne und
Neffen haben Begünstigungen nothwendig, so begünstigen sie die Söhne und Nef¬
fen anderer vermögenden Leute. So sind Geld, Verdienste um die Präsidenten


all recht zu geben. So ist der zurückgesetzte Manu im Kreise seiner Bekannte»,
seiner Verwandtschaft, seiner Familie ein Manu von zweifelhaftem Werth.

Das sind Nachtheile nnter welchen Private leiden. Aber auch der Staat ist
bei seinen Conduitenlisten schwer betheiligt.

Wer in eine Hierarchie tritt, nimmt die Hoffnung in den Kauf, daß er höher
und höher steigen werde. Wenn der österreichische Cvnccptspraktikant kein Anrecht
aus die Rathsstelle hatte, fanden sich nicht nur keine unentgeldlichen Conceptsprak¬
tikanten, es fänden sich auch keine um 200 und 300 Fi. Der Fabrikant findet
keine unbezahlten Arbeiter. Den Staat hingegen administriren zum Theil' un¬
bezahlte Beamte, obgleich ihre Arbeite» Leistungen sind, die einen weit höhern
Tauschwerth haben als die Leistungen des Tagelöhners.

Die Conduiteliste, das vieldeutige Interesse des Dienstes, das Vorspringen
der angeblich Vorzüglichsten macheu die Ansprüche der Beamten unsicher. Diese
Unsicherheit zieht den Werth der Staatsbedicustuugeu herab und so bewerben sich
immer schlechtere Subjekte um sie. Die Grüude gegen die Vorrückung des ältern
tadellosen Beamten laufen am Ende auf die Betrachtung aus, daß der Aeltere nicht
immer der Vorzüglichere sei. Aber dein Staate thun nur für wenig Bedienstuugen
hochbegabte Leute noth. Denn die Arbeit zerfällt hier wie überall in zwei ungleiche
Theile. Nur der kleinere Theil fordert Fähigkeiten, welche uuter Umständen schwer
aufgewogen werden müssen. Dagegen genügen für den größten Theil der mensch¬
lichen Arbeit Eigenschaften, um welche man nirgend verlegen ist. In einer Fa¬
brik, beim Bau einer Eisenbahn wird das deutlich. Der Staat bedarf einer
Masse von Beamten. Ein kleiner Theil von ihnen kann viel Gutes und viel
Schlechtes bewirten. Der größte Theil jedoch arbeitet in streng vorgezeichne-
ten Bahnen. Diejenigen, welche das Grabscheit handhaben, welche die Klötze zim¬
mern auf denen die Schienen laufen, welche die Bahnhvfgcbände eindecken, haben
ans die Vorzüge eines Eisenbcchnbanes einen Einfluß, der so gut als keiner ist.
Die vollziehenden Beamten sind, was die Kärrner sind beim Bau eines Palastes.

Das Kabinet, die Gesetzgebung überhaupt, die auswärtigen Angelegenheiten
können nicht Leuten anvertraut werden, die nichts für sich haben als lange treue
Dienste. Den Kammerpräsidenten darf das Seninin nicht bestimmen. Aber die
ausübenden Posten im Staate können mit voller Beruhigung nach dem Semina
besetzt werden. Die Leute, welche die Staatsprüfungen gemacht haben, welche
den Dienst von unten herauf kennen gelernt haben, welche sich keinen gerechten
Tadel zugezogen haben, werden jedenfalls fähig sein, die laufenden Geschäfte be¬
friedigend zu besorgen.

Die Amtsvorsteher haben Hofmeister, Empfohlne n. s. w. Ihre Söhne und
Neffen haben Begünstigungen nothwendig, so begünstigen sie die Söhne und Nef¬
fen anderer vermögenden Leute. So sind Geld, Verdienste um die Präsidenten


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[0286] all recht zu geben. So ist der zurückgesetzte Manu im Kreise seiner Bekannte», seiner Verwandtschaft, seiner Familie ein Manu von zweifelhaftem Werth. Das sind Nachtheile nnter welchen Private leiden. Aber auch der Staat ist bei seinen Conduitenlisten schwer betheiligt. Wer in eine Hierarchie tritt, nimmt die Hoffnung in den Kauf, daß er höher und höher steigen werde. Wenn der österreichische Cvnccptspraktikant kein Anrecht aus die Rathsstelle hatte, fanden sich nicht nur keine unentgeldlichen Conceptsprak¬ tikanten, es fänden sich auch keine um 200 und 300 Fi. Der Fabrikant findet keine unbezahlten Arbeiter. Den Staat hingegen administriren zum Theil' un¬ bezahlte Beamte, obgleich ihre Arbeite» Leistungen sind, die einen weit höhern Tauschwerth haben als die Leistungen des Tagelöhners. Die Conduiteliste, das vieldeutige Interesse des Dienstes, das Vorspringen der angeblich Vorzüglichsten macheu die Ansprüche der Beamten unsicher. Diese Unsicherheit zieht den Werth der Staatsbedicustuugeu herab und so bewerben sich immer schlechtere Subjekte um sie. Die Grüude gegen die Vorrückung des ältern tadellosen Beamten laufen am Ende auf die Betrachtung aus, daß der Aeltere nicht immer der Vorzüglichere sei. Aber dein Staate thun nur für wenig Bedienstuugen hochbegabte Leute noth. Denn die Arbeit zerfällt hier wie überall in zwei ungleiche Theile. Nur der kleinere Theil fordert Fähigkeiten, welche uuter Umständen schwer aufgewogen werden müssen. Dagegen genügen für den größten Theil der mensch¬ lichen Arbeit Eigenschaften, um welche man nirgend verlegen ist. In einer Fa¬ brik, beim Bau einer Eisenbahn wird das deutlich. Der Staat bedarf einer Masse von Beamten. Ein kleiner Theil von ihnen kann viel Gutes und viel Schlechtes bewirten. Der größte Theil jedoch arbeitet in streng vorgezeichne- ten Bahnen. Diejenigen, welche das Grabscheit handhaben, welche die Klötze zim¬ mern auf denen die Schienen laufen, welche die Bahnhvfgcbände eindecken, haben ans die Vorzüge eines Eisenbcchnbanes einen Einfluß, der so gut als keiner ist. Die vollziehenden Beamten sind, was die Kärrner sind beim Bau eines Palastes. Das Kabinet, die Gesetzgebung überhaupt, die auswärtigen Angelegenheiten können nicht Leuten anvertraut werden, die nichts für sich haben als lange treue Dienste. Den Kammerpräsidenten darf das Seninin nicht bestimmen. Aber die ausübenden Posten im Staate können mit voller Beruhigung nach dem Semina besetzt werden. Die Leute, welche die Staatsprüfungen gemacht haben, welche den Dienst von unten herauf kennen gelernt haben, welche sich keinen gerechten Tadel zugezogen haben, werden jedenfalls fähig sein, die laufenden Geschäfte be¬ friedigend zu besorgen. Die Amtsvorsteher haben Hofmeister, Empfohlne n. s. w. Ihre Söhne und Neffen haben Begünstigungen nothwendig, so begünstigen sie die Söhne und Nef¬ fen anderer vermögenden Leute. So sind Geld, Verdienste um die Präsidenten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/286>, abgerufen am 22.07.2024.