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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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Spitze hinauf controlirt, prüft, beobachtet Einer den Andern, garantirt Einer die
Gesetzmäßigkeit des Andern. In der Kirche, in einem Heere, in einer Zunft wird
das augenscheinlich. In der Bureaukratie überwachen die Amtsvorsteher die Tüch¬
tigkeit ihrer untergeordneten Beamten.

Der Beamte kann auf viererlei Weise hinter seinen Mitbeamten zurückbleiben:
durch Begehung gemein bürgerlicher Uebertretungen; dnrch eine Benehmuugs-
weise, welche die pflichtmäßige Besorgung seiner Amtövbliegenheiten verdächtigt
oder mit ihr unvereinbar ist; durch den Eintritt von Ereignissen, welche außer
der Willkür, außer der Schuld des Beamten liegen, aber nichts desto weniger auf
seine Amtsführung einen nachtheiligen Einfluß äußern oder zu äußern drohen;
endlich auch dadurch, daß seine Mitbeamten sich Verdienste erwerben, welche er
nicht aufzuwiegen vermag. Betrachten wir nun diese vier Kategorien im Einzelnen.

Uebertretungen gehören den Strafgerichten des Staates. Diese sind gehalten,
ihr Einschreiten gegen einen Beamten seinen Vorgesetzten officiell zu eröffnen. Die
Regierung hat allgemein festgesetzt, welche bürgerliche Uebertretungen den Verlust
des Dienstes, welche den der Pension, welche endlich Versetzung, Degradation oder
Verlust der Vorrückung nach sich ziehen.

Wo die Nachlässigkeit im Amte anfängt und wo sie aushört, ist uicht schwer
zu bestimmen. Geschäftsrückstände, unvollständige Informationen von Kollegien,
ungenaue Berichte lassen sich in vorkommenden Fällen nicht hinweglcngncn. Mit
Snbordinationsfehlern ist es ein ähnlicher Fall. Verdachtsgnindc sind Thatsachen.
Wovon der Amtsvorsteher meint, es gravire einen Beamten, das hat er diesem
zu verweisen. Meint der Beamte, er habe sich rechtmäßig benommen, kauu er
sich gegen die ihm zugegangene Zurechtweisung an die vorgesetzte Behörde be¬
rufen. Diese untersucht die Beschwerde und erkennt, ob der Beamte die Zurecht¬
weisung verdient habe oder nicht. Im ersten Fall und wenn der Beamte sich die
Zurechtweisung gefallen ließ, ist die Veranlassung derselben bewiesen.... Eine
"ut die andere Ungenauigkeit genügen jedoch nicht Jemand unzuverlässig zu nennen.
Eine und die andere mißlungene Arbeit machen noch keinen ungeschickten Beamten.
Ein Schuhmacher macht eben nicht alle Schuhe gut. Der Beamte ist in der Lage,
seiue schlechten Arbeiten, seine gelungenen entgegen zu setzen. Es wird erkannt,
ob die Ungenauigkeit, ob das ungeschickte Anfassen der Geschäfte im concreten Fall
habituell geworden oder nicht.

Die Amtsvorsteher haben das Recht und die Pflicht, sämmtliche UmMde
anzuzeigen, welche auf das Beste des Dienstes Einfluß nehmen. Sie haben
nach Beschaffenheit der Fälle die Gesundheitsumstände, die Gemüthsbeschaffenheit,
die vorherrschenden Neigungen ihrer Untergebenen anzuzeigen. Insofern aber der
Inhalt einer solchen Anzeige einen Beamte" benachtheiligen soll, tritt die allge¬
meine Regel ein. Der angezeigte Umstand muß in's Klare gebracht werden. Der


Spitze hinauf controlirt, prüft, beobachtet Einer den Andern, garantirt Einer die
Gesetzmäßigkeit des Andern. In der Kirche, in einem Heere, in einer Zunft wird
das augenscheinlich. In der Bureaukratie überwachen die Amtsvorsteher die Tüch¬
tigkeit ihrer untergeordneten Beamten.

Der Beamte kann auf viererlei Weise hinter seinen Mitbeamten zurückbleiben:
durch Begehung gemein bürgerlicher Uebertretungen; dnrch eine Benehmuugs-
weise, welche die pflichtmäßige Besorgung seiner Amtövbliegenheiten verdächtigt
oder mit ihr unvereinbar ist; durch den Eintritt von Ereignissen, welche außer
der Willkür, außer der Schuld des Beamten liegen, aber nichts desto weniger auf
seine Amtsführung einen nachtheiligen Einfluß äußern oder zu äußern drohen;
endlich auch dadurch, daß seine Mitbeamten sich Verdienste erwerben, welche er
nicht aufzuwiegen vermag. Betrachten wir nun diese vier Kategorien im Einzelnen.

Uebertretungen gehören den Strafgerichten des Staates. Diese sind gehalten,
ihr Einschreiten gegen einen Beamten seinen Vorgesetzten officiell zu eröffnen. Die
Regierung hat allgemein festgesetzt, welche bürgerliche Uebertretungen den Verlust
des Dienstes, welche den der Pension, welche endlich Versetzung, Degradation oder
Verlust der Vorrückung nach sich ziehen.

Wo die Nachlässigkeit im Amte anfängt und wo sie aushört, ist uicht schwer
zu bestimmen. Geschäftsrückstände, unvollständige Informationen von Kollegien,
ungenaue Berichte lassen sich in vorkommenden Fällen nicht hinweglcngncn. Mit
Snbordinationsfehlern ist es ein ähnlicher Fall. Verdachtsgnindc sind Thatsachen.
Wovon der Amtsvorsteher meint, es gravire einen Beamten, das hat er diesem
zu verweisen. Meint der Beamte, er habe sich rechtmäßig benommen, kauu er
sich gegen die ihm zugegangene Zurechtweisung an die vorgesetzte Behörde be¬
rufen. Diese untersucht die Beschwerde und erkennt, ob der Beamte die Zurecht¬
weisung verdient habe oder nicht. Im ersten Fall und wenn der Beamte sich die
Zurechtweisung gefallen ließ, ist die Veranlassung derselben bewiesen.... Eine
»ut die andere Ungenauigkeit genügen jedoch nicht Jemand unzuverlässig zu nennen.
Eine und die andere mißlungene Arbeit machen noch keinen ungeschickten Beamten.
Ein Schuhmacher macht eben nicht alle Schuhe gut. Der Beamte ist in der Lage,
seiue schlechten Arbeiten, seine gelungenen entgegen zu setzen. Es wird erkannt,
ob die Ungenauigkeit, ob das ungeschickte Anfassen der Geschäfte im concreten Fall
habituell geworden oder nicht.

Die Amtsvorsteher haben das Recht und die Pflicht, sämmtliche UmMde
anzuzeigen, welche auf das Beste des Dienstes Einfluß nehmen. Sie haben
nach Beschaffenheit der Fälle die Gesundheitsumstände, die Gemüthsbeschaffenheit,
die vorherrschenden Neigungen ihrer Untergebenen anzuzeigen. Insofern aber der
Inhalt einer solchen Anzeige einen Beamte» benachtheiligen soll, tritt die allge¬
meine Regel ein. Der angezeigte Umstand muß in's Klare gebracht werden. Der


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[0277] Spitze hinauf controlirt, prüft, beobachtet Einer den Andern, garantirt Einer die Gesetzmäßigkeit des Andern. In der Kirche, in einem Heere, in einer Zunft wird das augenscheinlich. In der Bureaukratie überwachen die Amtsvorsteher die Tüch¬ tigkeit ihrer untergeordneten Beamten. Der Beamte kann auf viererlei Weise hinter seinen Mitbeamten zurückbleiben: durch Begehung gemein bürgerlicher Uebertretungen; dnrch eine Benehmuugs- weise, welche die pflichtmäßige Besorgung seiner Amtövbliegenheiten verdächtigt oder mit ihr unvereinbar ist; durch den Eintritt von Ereignissen, welche außer der Willkür, außer der Schuld des Beamten liegen, aber nichts desto weniger auf seine Amtsführung einen nachtheiligen Einfluß äußern oder zu äußern drohen; endlich auch dadurch, daß seine Mitbeamten sich Verdienste erwerben, welche er nicht aufzuwiegen vermag. Betrachten wir nun diese vier Kategorien im Einzelnen. Uebertretungen gehören den Strafgerichten des Staates. Diese sind gehalten, ihr Einschreiten gegen einen Beamten seinen Vorgesetzten officiell zu eröffnen. Die Regierung hat allgemein festgesetzt, welche bürgerliche Uebertretungen den Verlust des Dienstes, welche den der Pension, welche endlich Versetzung, Degradation oder Verlust der Vorrückung nach sich ziehen. Wo die Nachlässigkeit im Amte anfängt und wo sie aushört, ist uicht schwer zu bestimmen. Geschäftsrückstände, unvollständige Informationen von Kollegien, ungenaue Berichte lassen sich in vorkommenden Fällen nicht hinweglcngncn. Mit Snbordinationsfehlern ist es ein ähnlicher Fall. Verdachtsgnindc sind Thatsachen. Wovon der Amtsvorsteher meint, es gravire einen Beamten, das hat er diesem zu verweisen. Meint der Beamte, er habe sich rechtmäßig benommen, kauu er sich gegen die ihm zugegangene Zurechtweisung an die vorgesetzte Behörde be¬ rufen. Diese untersucht die Beschwerde und erkennt, ob der Beamte die Zurecht¬ weisung verdient habe oder nicht. Im ersten Fall und wenn der Beamte sich die Zurechtweisung gefallen ließ, ist die Veranlassung derselben bewiesen.... Eine »ut die andere Ungenauigkeit genügen jedoch nicht Jemand unzuverlässig zu nennen. Eine und die andere mißlungene Arbeit machen noch keinen ungeschickten Beamten. Ein Schuhmacher macht eben nicht alle Schuhe gut. Der Beamte ist in der Lage, seiue schlechten Arbeiten, seine gelungenen entgegen zu setzen. Es wird erkannt, ob die Ungenauigkeit, ob das ungeschickte Anfassen der Geschäfte im concreten Fall habituell geworden oder nicht. Die Amtsvorsteher haben das Recht und die Pflicht, sämmtliche UmMde anzuzeigen, welche auf das Beste des Dienstes Einfluß nehmen. Sie haben nach Beschaffenheit der Fälle die Gesundheitsumstände, die Gemüthsbeschaffenheit, die vorherrschenden Neigungen ihrer Untergebenen anzuzeigen. Insofern aber der Inhalt einer solchen Anzeige einen Beamte» benachtheiligen soll, tritt die allge¬ meine Regel ein. Der angezeigte Umstand muß in's Klare gebracht werden. Der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/277>, abgerufen am 22.07.2024.