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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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welche innerhalb des Jahres, sowohl in Ansehung des Betragens der Beamten,
als in Bezug auf Vorrücknugcn, Pensiouirungen oder neue Anstellungen vorge¬
fallen waren. Hvftammerdecrct vom 21. Juli 1803.

Bis heute wird der gesammte Beamtenstand der österreichischen Monarchie in
Eondnitenlisteu beurtheilt. Dagegen sind das Formular von 1803 und die Gesetze
rücksichtlich der jährlichen Erneuerung der Couduitelisten abgeschafft worden. Die
heutigen Condnitenlisten werden nach verschiedenen Mustern, am häufigsten nach
dem durch das k. Decret vom 2". März 1d32 eingeführten Formular verfaßt. Alle
Condnitenlisten enthalten folgende Rubriken: 1) Vor- und Familienname des
Beamten, im Fall er adlig, seine Adelseigenschast. 2) Vaterland und Geburtsort.
3) Dieusteigenschaft. 4) Einkommen. 5) Religion. 0) Alter. 7) Ob der Beamte
verheirathet sei. 8) Ob er Kinder habe, im bejahenden Falle wie viele. 9) Die
Dauer der bisherigen Dienstleistung sin der gegenwärtigen Diensteigenschaft; in
andern Diensteigenschastenj. 10) Die Fähigkeiten des Beamten. I I) Seine Ver¬
wendung im Dienste. 12) Seine Eignung zu einer Beförderung. 1Z) Seine
Kenntnisse. 14) sein sittliches Betragen. 15) Anmerkung.

Die Dienstkategvrien, welche eine jährlich wiederkehrende Qualification mit
sich bringen, siud heute besonders bezeichnet. Wo die periodische Abgabe von
Couduiteulisten nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist, wird eine Conduitenliste um
insofern ausgefertigt, als es sich um die Beförderung, Versetzung, Auszeichnung,
Bestrafung, Quiescirung oder Penstoniruug eines Beamten handelt, oder wo
die Verabreichung einer Gehaltszulage, Remuneration oder Aushülfe in Frage
kömmt. --

Wann immer eine Conduitenliste abgegeben wird, muß sie in allen Rubriken
ausgefüllt sein. Der Inhalt der einzelnen Rubriken gilt für eine Gewißheit.
Darum darf der Verfasser der Conduitenliste kein Wort brauchen, dessen Bedeutung
die Gewißheit ausschließt. Er darf die Worte "angeblich, wahrscheinlich" u. s. w.
nicht brauchen, Hofkammerdekrct vom 26. November 1820.

Der Amtsvorsteher ist regelmäßig der Verfasser der Conduitenliste. Ausnahms¬
weise nehmen ans ihren Inhalt auch Kollegien oder einzelne Collegialräthe Einfluß.
Dieser Fall tritt bei Beurtheilung der niederen eoucipireudeu Beamte" ein. Wie
unter Joseph i!I. entwirft auch jetzt jeder Kauzleivorstaud die Couduiteulisten des
ihm untergeordneten Personals.

Es gibt vielfache Gründe für und gegen Couduiteulisten; sie werde" am
augenfälligsten, wenn man die Stellung der Staatsbeamten mit Hinwegdentuug
jeder Conduitenliste betrachtet. Versetzen wir uns nur in Gedanken in einen solche"
Staat ohne Conduitenlisten.

Wo die Conduitenliste nicht in Aufnahme ist, ist der Beamte in jeder Lebens¬
lage deu allgemein gültigen Gesetzen des Staates untergeordnet. Er kauu sie für sich
anrufen, sie können wider ihn angerufen werden. Er wird geschützt, er wird zur


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welche innerhalb des Jahres, sowohl in Ansehung des Betragens der Beamten,
als in Bezug auf Vorrücknugcn, Pensiouirungen oder neue Anstellungen vorge¬
fallen waren. Hvftammerdecrct vom 21. Juli 1803.

Bis heute wird der gesammte Beamtenstand der österreichischen Monarchie in
Eondnitenlisteu beurtheilt. Dagegen sind das Formular von 1803 und die Gesetze
rücksichtlich der jährlichen Erneuerung der Couduitelisten abgeschafft worden. Die
heutigen Condnitenlisten werden nach verschiedenen Mustern, am häufigsten nach
dem durch das k. Decret vom 2». März 1d32 eingeführten Formular verfaßt. Alle
Condnitenlisten enthalten folgende Rubriken: 1) Vor- und Familienname des
Beamten, im Fall er adlig, seine Adelseigenschast. 2) Vaterland und Geburtsort.
3) Dieusteigenschaft. 4) Einkommen. 5) Religion. 0) Alter. 7) Ob der Beamte
verheirathet sei. 8) Ob er Kinder habe, im bejahenden Falle wie viele. 9) Die
Dauer der bisherigen Dienstleistung sin der gegenwärtigen Diensteigenschaft; in
andern Diensteigenschastenj. 10) Die Fähigkeiten des Beamten. I I) Seine Ver¬
wendung im Dienste. 12) Seine Eignung zu einer Beförderung. 1Z) Seine
Kenntnisse. 14) sein sittliches Betragen. 15) Anmerkung.

Die Dienstkategvrien, welche eine jährlich wiederkehrende Qualification mit
sich bringen, siud heute besonders bezeichnet. Wo die periodische Abgabe von
Couduiteulisten nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist, wird eine Conduitenliste um
insofern ausgefertigt, als es sich um die Beförderung, Versetzung, Auszeichnung,
Bestrafung, Quiescirung oder Penstoniruug eines Beamten handelt, oder wo
die Verabreichung einer Gehaltszulage, Remuneration oder Aushülfe in Frage
kömmt. —

Wann immer eine Conduitenliste abgegeben wird, muß sie in allen Rubriken
ausgefüllt sein. Der Inhalt der einzelnen Rubriken gilt für eine Gewißheit.
Darum darf der Verfasser der Conduitenliste kein Wort brauchen, dessen Bedeutung
die Gewißheit ausschließt. Er darf die Worte „angeblich, wahrscheinlich" u. s. w.
nicht brauchen, Hofkammerdekrct vom 26. November 1820.

Der Amtsvorsteher ist regelmäßig der Verfasser der Conduitenliste. Ausnahms¬
weise nehmen ans ihren Inhalt auch Kollegien oder einzelne Collegialräthe Einfluß.
Dieser Fall tritt bei Beurtheilung der niederen eoucipireudeu Beamte» ein. Wie
unter Joseph i!I. entwirft auch jetzt jeder Kauzleivorstaud die Couduiteulisten des
ihm untergeordneten Personals.

Es gibt vielfache Gründe für und gegen Couduiteulisten; sie werde» am
augenfälligsten, wenn man die Stellung der Staatsbeamten mit Hinwegdentuug
jeder Conduitenliste betrachtet. Versetzen wir uns nur in Gedanken in einen solche»
Staat ohne Conduitenlisten.

Wo die Conduitenliste nicht in Aufnahme ist, ist der Beamte in jeder Lebens¬
lage deu allgemein gültigen Gesetzen des Staates untergeordnet. Er kauu sie für sich
anrufen, sie können wider ihn angerufen werden. Er wird geschützt, er wird zur


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[0275] welche innerhalb des Jahres, sowohl in Ansehung des Betragens der Beamten, als in Bezug auf Vorrücknugcn, Pensiouirungen oder neue Anstellungen vorge¬ fallen waren. Hvftammerdecrct vom 21. Juli 1803. Bis heute wird der gesammte Beamtenstand der österreichischen Monarchie in Eondnitenlisteu beurtheilt. Dagegen sind das Formular von 1803 und die Gesetze rücksichtlich der jährlichen Erneuerung der Couduitelisten abgeschafft worden. Die heutigen Condnitenlisten werden nach verschiedenen Mustern, am häufigsten nach dem durch das k. Decret vom 2». März 1d32 eingeführten Formular verfaßt. Alle Condnitenlisten enthalten folgende Rubriken: 1) Vor- und Familienname des Beamten, im Fall er adlig, seine Adelseigenschast. 2) Vaterland und Geburtsort. 3) Dieusteigenschaft. 4) Einkommen. 5) Religion. 0) Alter. 7) Ob der Beamte verheirathet sei. 8) Ob er Kinder habe, im bejahenden Falle wie viele. 9) Die Dauer der bisherigen Dienstleistung sin der gegenwärtigen Diensteigenschaft; in andern Diensteigenschastenj. 10) Die Fähigkeiten des Beamten. I I) Seine Ver¬ wendung im Dienste. 12) Seine Eignung zu einer Beförderung. 1Z) Seine Kenntnisse. 14) sein sittliches Betragen. 15) Anmerkung. Die Dienstkategvrien, welche eine jährlich wiederkehrende Qualification mit sich bringen, siud heute besonders bezeichnet. Wo die periodische Abgabe von Couduiteulisten nicht ausdrücklich vorgeschrieben ist, wird eine Conduitenliste um insofern ausgefertigt, als es sich um die Beförderung, Versetzung, Auszeichnung, Bestrafung, Quiescirung oder Penstoniruug eines Beamten handelt, oder wo die Verabreichung einer Gehaltszulage, Remuneration oder Aushülfe in Frage kömmt. — Wann immer eine Conduitenliste abgegeben wird, muß sie in allen Rubriken ausgefüllt sein. Der Inhalt der einzelnen Rubriken gilt für eine Gewißheit. Darum darf der Verfasser der Conduitenliste kein Wort brauchen, dessen Bedeutung die Gewißheit ausschließt. Er darf die Worte „angeblich, wahrscheinlich" u. s. w. nicht brauchen, Hofkammerdekrct vom 26. November 1820. Der Amtsvorsteher ist regelmäßig der Verfasser der Conduitenliste. Ausnahms¬ weise nehmen ans ihren Inhalt auch Kollegien oder einzelne Collegialräthe Einfluß. Dieser Fall tritt bei Beurtheilung der niederen eoucipireudeu Beamte» ein. Wie unter Joseph i!I. entwirft auch jetzt jeder Kauzleivorstaud die Couduiteulisten des ihm untergeordneten Personals. Es gibt vielfache Gründe für und gegen Couduiteulisten; sie werde» am augenfälligsten, wenn man die Stellung der Staatsbeamten mit Hinwegdentuug jeder Conduitenliste betrachtet. Versetzen wir uns nur in Gedanken in einen solche» Staat ohne Conduitenlisten. Wo die Conduitenliste nicht in Aufnahme ist, ist der Beamte in jeder Lebens¬ lage deu allgemein gültigen Gesetzen des Staates untergeordnet. Er kauu sie für sich anrufen, sie können wider ihn angerufen werden. Er wird geschützt, er wird zur 35*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/275>, abgerufen am 24.08.2024.