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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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Chef der Stelle vorzulegen hatten. Dieser änderte sie nach Gutdünken und ap-
probirte sie. Die Conduitenlisten aller Behörden wurden jährlich dem Staatsrathe
vorgelegt. Die künftigen Beförderungen sollten nach diesen Conduitenlisten einge¬
richtet werden.

Die Conduitenlisten sollten den darin beurtheilten Beamten ein unverbrüchliches
Geheimniß sein. Der Vorstand jeder Stelle hatte sie nnter eigner Sperre zu
verwahren. Er hatte die Rubriken, welche deu Charakter, die Geschicklichkeit nud
den Fleiß der Beamten betrafen, eigenhändig einzutragen, damit das Geheimniß
so viel als möglich unter Wenigen bleibe. Einzig die Rubriken, welche den Namen,
die Dienstjahre u. tgi. enthielten, konnten von der Präsidialcanzlei geschrieben
werden. Die Beweggründe der Geheimhaltung lauteten dahin, daß die Conduiten¬
listen blos zum Gebrauch der öffentlichen Verwaltung dienen können, daß dnrch
ihre Geheimhaltung der gute Name eines etwa übel beschriebenen Beamten ge¬
schont werde, daß die Chefs in der Beurtheilung ihrer Untergebenen desto freier
vorgehen können.

Leopoldll. bestimmte mit dem Hosdecret vom 13. August 1790, daß es von
der Abgabe von Conduitenlisten allgemein und völlig abzukommen habe.

Unter Kaiser Franz wurde mittelst Cabinetsschreiben vom 16. April 1803 die
Vorlegung von Conduitenlisten von Neuem angeordnet.

Die Conduitenlisten waren nach folgendem Muster auszufertigen: 1) Diensteigen¬
schaft. 2) Vor- und Familienname des Beamten, im Fall er adlig, seine Adels-
eigenschast. 3) Vaterland und Geburtsort. 4) Religion. 5) Alter. ' 0) Ob der
Beamte verheirathet sei. 7) Ob er Kiuder habe, im bejahenden Fall wie viele.
8) Gesundheitsumstände. 0) Gemüthsbeschaffenheit. 10) Einkünfte sBesoldung,
Emolnmente, eignes Vermögens. 11) Dauer der Verwendung im k. k. Staats¬
dienste sbei der Stelle, wo der Beamte derzeit dient; bei andern Behörden; zu¬
sammengenommen!. >2) Privaten oder fremden Höfen geleistete Dienste. 13) Be¬
tragen sgegen Vorgesetzte, gegen Untergebene, im Allgemeinen^ 14) Fehler sTrin-
ker, Spieler, Zänker, Schuldenmacher durch üble Wirthschaft oder Unglücksfällej.
15) Fähigkeiten sTalente, Studien, Sprachen, sonstige Wissenschastenj. 16) Ge¬
schäfts- oder Dienstkenntuiß. 17) Verwendung. >8) Sonst im Dienste. 19) Zur
Beförderung geeignet. 20) Ob der Beamte mit irgend einer Secte, geheimen
oder bedenklichen Gesellschaft in Verbindung stehe.

Die Rubriken 1 bis einschließlich 7, 10--12, die Rubrik 15 mit Auslassung
der Unterabtheilung "Talente," endlich die Rubrik 20 seiner Conduitenliste hatte
jeder Beamte eigenhändig auszufüllen. Die übrigen Rubriken füllte der Amts-
vorsteher aus.

Rücksichtlich der Geheimhaltung der Conduitenlisten', ihrer Allgemeinheit^ der
Gebrauchmachung von ihnen u. s. w. galten völlig die Josephinischen Bestimmun¬
gen. Nach Ablauf jedes Jahres waren dem Kaiser jene Veränderungen anzuzeigen,


Chef der Stelle vorzulegen hatten. Dieser änderte sie nach Gutdünken und ap-
probirte sie. Die Conduitenlisten aller Behörden wurden jährlich dem Staatsrathe
vorgelegt. Die künftigen Beförderungen sollten nach diesen Conduitenlisten einge¬
richtet werden.

Die Conduitenlisten sollten den darin beurtheilten Beamten ein unverbrüchliches
Geheimniß sein. Der Vorstand jeder Stelle hatte sie nnter eigner Sperre zu
verwahren. Er hatte die Rubriken, welche deu Charakter, die Geschicklichkeit nud
den Fleiß der Beamten betrafen, eigenhändig einzutragen, damit das Geheimniß
so viel als möglich unter Wenigen bleibe. Einzig die Rubriken, welche den Namen,
die Dienstjahre u. tgi. enthielten, konnten von der Präsidialcanzlei geschrieben
werden. Die Beweggründe der Geheimhaltung lauteten dahin, daß die Conduiten¬
listen blos zum Gebrauch der öffentlichen Verwaltung dienen können, daß dnrch
ihre Geheimhaltung der gute Name eines etwa übel beschriebenen Beamten ge¬
schont werde, daß die Chefs in der Beurtheilung ihrer Untergebenen desto freier
vorgehen können.

Leopoldll. bestimmte mit dem Hosdecret vom 13. August 1790, daß es von
der Abgabe von Conduitenlisten allgemein und völlig abzukommen habe.

Unter Kaiser Franz wurde mittelst Cabinetsschreiben vom 16. April 1803 die
Vorlegung von Conduitenlisten von Neuem angeordnet.

Die Conduitenlisten waren nach folgendem Muster auszufertigen: 1) Diensteigen¬
schaft. 2) Vor- und Familienname des Beamten, im Fall er adlig, seine Adels-
eigenschast. 3) Vaterland und Geburtsort. 4) Religion. 5) Alter. ' 0) Ob der
Beamte verheirathet sei. 7) Ob er Kiuder habe, im bejahenden Fall wie viele.
8) Gesundheitsumstände. 0) Gemüthsbeschaffenheit. 10) Einkünfte sBesoldung,
Emolnmente, eignes Vermögens. 11) Dauer der Verwendung im k. k. Staats¬
dienste sbei der Stelle, wo der Beamte derzeit dient; bei andern Behörden; zu¬
sammengenommen!. >2) Privaten oder fremden Höfen geleistete Dienste. 13) Be¬
tragen sgegen Vorgesetzte, gegen Untergebene, im Allgemeinen^ 14) Fehler sTrin-
ker, Spieler, Zänker, Schuldenmacher durch üble Wirthschaft oder Unglücksfällej.
15) Fähigkeiten sTalente, Studien, Sprachen, sonstige Wissenschastenj. 16) Ge¬
schäfts- oder Dienstkenntuiß. 17) Verwendung. >8) Sonst im Dienste. 19) Zur
Beförderung geeignet. 20) Ob der Beamte mit irgend einer Secte, geheimen
oder bedenklichen Gesellschaft in Verbindung stehe.

Die Rubriken 1 bis einschließlich 7, 10—12, die Rubrik 15 mit Auslassung
der Unterabtheilung „Talente," endlich die Rubrik 20 seiner Conduitenliste hatte
jeder Beamte eigenhändig auszufüllen. Die übrigen Rubriken füllte der Amts-
vorsteher aus.

Rücksichtlich der Geheimhaltung der Conduitenlisten', ihrer Allgemeinheit^ der
Gebrauchmachung von ihnen u. s. w. galten völlig die Josephinischen Bestimmun¬
gen. Nach Ablauf jedes Jahres waren dem Kaiser jene Veränderungen anzuzeigen,


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[0274] Chef der Stelle vorzulegen hatten. Dieser änderte sie nach Gutdünken und ap- probirte sie. Die Conduitenlisten aller Behörden wurden jährlich dem Staatsrathe vorgelegt. Die künftigen Beförderungen sollten nach diesen Conduitenlisten einge¬ richtet werden. Die Conduitenlisten sollten den darin beurtheilten Beamten ein unverbrüchliches Geheimniß sein. Der Vorstand jeder Stelle hatte sie nnter eigner Sperre zu verwahren. Er hatte die Rubriken, welche deu Charakter, die Geschicklichkeit nud den Fleiß der Beamten betrafen, eigenhändig einzutragen, damit das Geheimniß so viel als möglich unter Wenigen bleibe. Einzig die Rubriken, welche den Namen, die Dienstjahre u. tgi. enthielten, konnten von der Präsidialcanzlei geschrieben werden. Die Beweggründe der Geheimhaltung lauteten dahin, daß die Conduiten¬ listen blos zum Gebrauch der öffentlichen Verwaltung dienen können, daß dnrch ihre Geheimhaltung der gute Name eines etwa übel beschriebenen Beamten ge¬ schont werde, daß die Chefs in der Beurtheilung ihrer Untergebenen desto freier vorgehen können. Leopoldll. bestimmte mit dem Hosdecret vom 13. August 1790, daß es von der Abgabe von Conduitenlisten allgemein und völlig abzukommen habe. Unter Kaiser Franz wurde mittelst Cabinetsschreiben vom 16. April 1803 die Vorlegung von Conduitenlisten von Neuem angeordnet. Die Conduitenlisten waren nach folgendem Muster auszufertigen: 1) Diensteigen¬ schaft. 2) Vor- und Familienname des Beamten, im Fall er adlig, seine Adels- eigenschast. 3) Vaterland und Geburtsort. 4) Religion. 5) Alter. ' 0) Ob der Beamte verheirathet sei. 7) Ob er Kiuder habe, im bejahenden Fall wie viele. 8) Gesundheitsumstände. 0) Gemüthsbeschaffenheit. 10) Einkünfte sBesoldung, Emolnmente, eignes Vermögens. 11) Dauer der Verwendung im k. k. Staats¬ dienste sbei der Stelle, wo der Beamte derzeit dient; bei andern Behörden; zu¬ sammengenommen!. >2) Privaten oder fremden Höfen geleistete Dienste. 13) Be¬ tragen sgegen Vorgesetzte, gegen Untergebene, im Allgemeinen^ 14) Fehler sTrin- ker, Spieler, Zänker, Schuldenmacher durch üble Wirthschaft oder Unglücksfällej. 15) Fähigkeiten sTalente, Studien, Sprachen, sonstige Wissenschastenj. 16) Ge¬ schäfts- oder Dienstkenntuiß. 17) Verwendung. >8) Sonst im Dienste. 19) Zur Beförderung geeignet. 20) Ob der Beamte mit irgend einer Secte, geheimen oder bedenklichen Gesellschaft in Verbindung stehe. Die Rubriken 1 bis einschließlich 7, 10—12, die Rubrik 15 mit Auslassung der Unterabtheilung „Talente," endlich die Rubrik 20 seiner Conduitenliste hatte jeder Beamte eigenhändig auszufüllen. Die übrigen Rubriken füllte der Amts- vorsteher aus. Rücksichtlich der Geheimhaltung der Conduitenlisten', ihrer Allgemeinheit^ der Gebrauchmachung von ihnen u. s. w. galten völlig die Josephinischen Bestimmun¬ gen. Nach Ablauf jedes Jahres waren dem Kaiser jene Veränderungen anzuzeigen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/274>, abgerufen am 22.07.2024.