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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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Zeit die Vorschriften der Pest-Polizeivrdmmg vorgelesen. Die Cordonsmann-
schast darf sich mit den Bewohnern der abgesperrten Gegenden nicht einmal im
Gespräch einlassen und jeder frei herumlaufende Hund, selbst jede Katze wird nieder¬
geschossen. Jeden Morgen muß nachgesehen werden, ob sich an der Grenze Vieh,
Kleidungsstücke, Waaren oder Sachen, oder frische Fußstapfen vorfinden; diese wer¬
den verfolgt, wenn sie landeinwärts gehen, die werthlosen Sachen werden verbrannt,
die andern vorsichtig gereinigt, das ohne Aufsicht herumlaufende Vieh aber zurück¬
getriebene

Die an der Grenze ankommenden Reisenden werden von einer Wache bis zu
der Contnmazanftalt begleitet, welche weder selbst mit ihnen in Berührung kommen
noch zugebe" darf, daß dies von andern geschieht. Wer sich außer den Straßen,
die zum Verkehr geöffnet sind, dem Cordon nähert, wird an die nächste Eingangs¬
station verwiesen, wer sich nicht abweisen läßt, wird niedergeschossen; auch solche,
welche sich mit Fremden blos vermischt haben und der Wachbegleitung entfliehe"
wolle", werden eben so behandelt. Ans gemeinschaftlichen Flüssen darf das Wasser¬
schöpfen und Waschen nur unter Aussicht eiuer Woche geschehen; Schiffer dürfen
nur bei Tage solche Gewässer befahren, und wenn Fischer über die Mitte derselben
hinausfahren wollen, muß eine Wache mitgenommen werden. Wird ein jenseitiges
Schiff an das Ufer geworfen, so muß die Mannschaft unter Aufsicht auf dem
Schiffe übernachten; wird ein diesseitiges durch die Witterung an das andere Ufer
getrieben, so muß die Mannschaft bei ihrer Rückkehr sich der contnmazäintlichen
Behandlung unterwerfen.

Jede Contnmazanstalt ist in einen exponirten und einen nichtezponirten Be¬
zirk eingetheilt, auch letzterer durch eine acht Fuß hohe Umzäunung getrennt. Ersterer
ist zur Unterbringung der aus der Türkei kommenden Personen, Thiere und sonsti¬
gen Gegenstände bestimmt. Zur Besprechung mit den Fremden dient ein Lokal,
das durch ein doppeltes, sechs Fuß breit entferntes Gitter getrennt ist. Zur Un¬
terbringung der Personen und Absonderung derselben nach der verschiedenen Zeit
ihrer Ankunft sind besondere Zimmer mit einer Küche und einem Vorhofe zur
Bewegung in freier Luft bestimmt; eine solche abgesonderte Wohnung heißt Kobyle.

Für die Waarenreiniguug ist ein offener Lüftungsplatz, ein bedecktes Lüftungs^
und Reinigungsmagazin und eine Näucherungstammer bestimmt, wo die Waaren
besonders durch Erhitzung gereinigt werde"; hier wird die Temperatur stets auf
40 Grad erhalten. Ferner befindet sich hier eine BriefreinignngSkammcr, ein
Bassin zu", Untertauchen und Waschen verschiedener Gegenstände und eine Vieh¬
schwemme, beide in fließendem Wasser. In gehöriger Entfernung befindet sich der
ebenfalls verschlossene Begräbnißplatz auf die der Gefahr ausgesetzten Seite zu
gelegen.

Jeder Contnmazanstalt steht ein Director vor, der Arzt sein muß. Unter
ihm steht ein besonderer Qnarantainearzt; dieser hat über die conwmazirende"


Zeit die Vorschriften der Pest-Polizeivrdmmg vorgelesen. Die Cordonsmann-
schast darf sich mit den Bewohnern der abgesperrten Gegenden nicht einmal im
Gespräch einlassen und jeder frei herumlaufende Hund, selbst jede Katze wird nieder¬
geschossen. Jeden Morgen muß nachgesehen werden, ob sich an der Grenze Vieh,
Kleidungsstücke, Waaren oder Sachen, oder frische Fußstapfen vorfinden; diese wer¬
den verfolgt, wenn sie landeinwärts gehen, die werthlosen Sachen werden verbrannt,
die andern vorsichtig gereinigt, das ohne Aufsicht herumlaufende Vieh aber zurück¬
getriebene

Die an der Grenze ankommenden Reisenden werden von einer Wache bis zu
der Contnmazanftalt begleitet, welche weder selbst mit ihnen in Berührung kommen
noch zugebe» darf, daß dies von andern geschieht. Wer sich außer den Straßen,
die zum Verkehr geöffnet sind, dem Cordon nähert, wird an die nächste Eingangs¬
station verwiesen, wer sich nicht abweisen läßt, wird niedergeschossen; auch solche,
welche sich mit Fremden blos vermischt haben und der Wachbegleitung entfliehe«
wolle», werden eben so behandelt. Ans gemeinschaftlichen Flüssen darf das Wasser¬
schöpfen und Waschen nur unter Aussicht eiuer Woche geschehen; Schiffer dürfen
nur bei Tage solche Gewässer befahren, und wenn Fischer über die Mitte derselben
hinausfahren wollen, muß eine Wache mitgenommen werden. Wird ein jenseitiges
Schiff an das Ufer geworfen, so muß die Mannschaft unter Aufsicht auf dem
Schiffe übernachten; wird ein diesseitiges durch die Witterung an das andere Ufer
getrieben, so muß die Mannschaft bei ihrer Rückkehr sich der contnmazäintlichen
Behandlung unterwerfen.

Jede Contnmazanstalt ist in einen exponirten und einen nichtezponirten Be¬
zirk eingetheilt, auch letzterer durch eine acht Fuß hohe Umzäunung getrennt. Ersterer
ist zur Unterbringung der aus der Türkei kommenden Personen, Thiere und sonsti¬
gen Gegenstände bestimmt. Zur Besprechung mit den Fremden dient ein Lokal,
das durch ein doppeltes, sechs Fuß breit entferntes Gitter getrennt ist. Zur Un¬
terbringung der Personen und Absonderung derselben nach der verschiedenen Zeit
ihrer Ankunft sind besondere Zimmer mit einer Küche und einem Vorhofe zur
Bewegung in freier Luft bestimmt; eine solche abgesonderte Wohnung heißt Kobyle.

Für die Waarenreiniguug ist ein offener Lüftungsplatz, ein bedecktes Lüftungs^
und Reinigungsmagazin und eine Näucherungstammer bestimmt, wo die Waaren
besonders durch Erhitzung gereinigt werde»; hier wird die Temperatur stets auf
40 Grad erhalten. Ferner befindet sich hier eine BriefreinignngSkammcr, ein
Bassin zu», Untertauchen und Waschen verschiedener Gegenstände und eine Vieh¬
schwemme, beide in fließendem Wasser. In gehöriger Entfernung befindet sich der
ebenfalls verschlossene Begräbnißplatz auf die der Gefahr ausgesetzten Seite zu
gelegen.

Jeder Contnmazanstalt steht ein Director vor, der Arzt sein muß. Unter
ihm steht ein besonderer Qnarantainearzt; dieser hat über die conwmazirende»


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[0015] Zeit die Vorschriften der Pest-Polizeivrdmmg vorgelesen. Die Cordonsmann- schast darf sich mit den Bewohnern der abgesperrten Gegenden nicht einmal im Gespräch einlassen und jeder frei herumlaufende Hund, selbst jede Katze wird nieder¬ geschossen. Jeden Morgen muß nachgesehen werden, ob sich an der Grenze Vieh, Kleidungsstücke, Waaren oder Sachen, oder frische Fußstapfen vorfinden; diese wer¬ den verfolgt, wenn sie landeinwärts gehen, die werthlosen Sachen werden verbrannt, die andern vorsichtig gereinigt, das ohne Aufsicht herumlaufende Vieh aber zurück¬ getriebene Die an der Grenze ankommenden Reisenden werden von einer Wache bis zu der Contnmazanftalt begleitet, welche weder selbst mit ihnen in Berührung kommen noch zugebe» darf, daß dies von andern geschieht. Wer sich außer den Straßen, die zum Verkehr geöffnet sind, dem Cordon nähert, wird an die nächste Eingangs¬ station verwiesen, wer sich nicht abweisen läßt, wird niedergeschossen; auch solche, welche sich mit Fremden blos vermischt haben und der Wachbegleitung entfliehe« wolle», werden eben so behandelt. Ans gemeinschaftlichen Flüssen darf das Wasser¬ schöpfen und Waschen nur unter Aussicht eiuer Woche geschehen; Schiffer dürfen nur bei Tage solche Gewässer befahren, und wenn Fischer über die Mitte derselben hinausfahren wollen, muß eine Wache mitgenommen werden. Wird ein jenseitiges Schiff an das Ufer geworfen, so muß die Mannschaft unter Aufsicht auf dem Schiffe übernachten; wird ein diesseitiges durch die Witterung an das andere Ufer getrieben, so muß die Mannschaft bei ihrer Rückkehr sich der contnmazäintlichen Behandlung unterwerfen. Jede Contnmazanstalt ist in einen exponirten und einen nichtezponirten Be¬ zirk eingetheilt, auch letzterer durch eine acht Fuß hohe Umzäunung getrennt. Ersterer ist zur Unterbringung der aus der Türkei kommenden Personen, Thiere und sonsti¬ gen Gegenstände bestimmt. Zur Besprechung mit den Fremden dient ein Lokal, das durch ein doppeltes, sechs Fuß breit entferntes Gitter getrennt ist. Zur Un¬ terbringung der Personen und Absonderung derselben nach der verschiedenen Zeit ihrer Ankunft sind besondere Zimmer mit einer Küche und einem Vorhofe zur Bewegung in freier Luft bestimmt; eine solche abgesonderte Wohnung heißt Kobyle. Für die Waarenreiniguug ist ein offener Lüftungsplatz, ein bedecktes Lüftungs^ und Reinigungsmagazin und eine Näucherungstammer bestimmt, wo die Waaren besonders durch Erhitzung gereinigt werde»; hier wird die Temperatur stets auf 40 Grad erhalten. Ferner befindet sich hier eine BriefreinignngSkammcr, ein Bassin zu», Untertauchen und Waschen verschiedener Gegenstände und eine Vieh¬ schwemme, beide in fließendem Wasser. In gehöriger Entfernung befindet sich der ebenfalls verschlossene Begräbnißplatz auf die der Gefahr ausgesetzten Seite zu gelegen. Jeder Contnmazanstalt steht ein Director vor, der Arzt sein muß. Unter ihm steht ein besonderer Qnarantainearzt; dieser hat über die conwmazirende»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/15>, abgerufen am 22.07.2024.