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Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band.

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unserem erleuchteten Staatsrathe sanctionirt werden, denn ihm werden die un¬
berechenbaren Nachtheile nicht entgehen, welche durch die allgemeine Entmuthigung
der bereits angestellten Aerzte, dnrch das Ausbleiben eines jeden begabten, ehr-
fühlenden Mannes in der nächsten Zukunft in der feldärztlichen Branche entstehen
müssen, und er wird nicht die furchtbare Verantwortung auf sich nehmen, durch
eigene Schuld das ganze Heer, dessen Conservation und Körperheil aufs Spiel
gesetzt zu haben. -- Der Hofkriegsrath behauptet zwar, er habe genug Aerzte,
besonders Doctoren, aber wie lange wird das noch anhalten, und welcher Mittel
mußte er sich bisher bedienen, um die Aerzte anzuwerben? Seit 20 Jahren er¬
läßt er Jahr für Jahr Versprechungen der nahen Neorganistruug, ja im Jahre
1837 mißbrauchte man sogar dazu den hohen Namen unseres gütigen Monarchen,
indem es hieß, daß Se. Majestät, überzeugt von der traurigen Stellung und noth-
dürftigen Existenz der Militärärzte zu beschließen geruht haben, demnächst die
Reorganisirung erfolgen zu lassen. Und that der Hofkriegsrat!) inzwischen nicht
alles, eine Reorganisation zu untergraben?

In die k. k. Joseph'sakademie als Bildungsschule der Aerzte für das Heer
werden gegenwärtig Schüler aufgenommen, die vor den Civildoctoren das Vorrecht
haben, acht Jahre als Oberärzte dienen zu dürfen und unter keiner Bedingung
früher entlassen zu werden; die früheren Zöglinge, sogenannte Militärschüler, ge¬
nossen einer monatlichen Zulage, mußten als Doctoren 15 Jahre dienen und
konnten nach Rückerstattung aller dem Staate verursachten Unkosten ihre Entlassung
erhalten. Als nun einige austreten wollten, gestattete dies der Hofkriegsrath
nicht, sondern sagte: "Nicht alle, die zahlen, können auftreten , sondern die aus¬
treten, müssen zahlen. Nun bewilligt aber der Hofkriegsrat!) nicht den Austritt
dieses Oberarztes" !!!. ..

Doch weiter. Obgleich an einer Militärschnle gebildet, müssen die Zög¬
linge doch die Rigorosen- und Promotionstaxeu wie an der Universität be¬
zahle", und dazu leidet der Hofkriegsrat!) den Unbemittelten das Geld gegen
monatlichen Abzug vou 5 Fi. Chirurgen aller Art aber werden bei der unzurei¬
chenden Zahl vom Civile aufgenommen, sind nnvbligat, und der Hofkriegsrath
streckt ihnen zur Uuiformiruug 6V Fi. vor gegen monatlichen Abzug von 3 Fi.
Da diese Leute in der Regel aller Geldmittel entblößt siud, so müssen sie daher
wenigstens zwei Jahre dienen, bevor die Summe rückcrstattet ist, schicken diese oder
die altgedienter Unterärzte ihre Entlassung ein, so müssen sie sechs bis neun
Monate warten, bevor sie selbe erhalten, wodurch sie gewöhnlich die ihnen bereits
zugesagten Civilanstellungen verlieren und so zum Fortdienen gezwungen werden.
Diese Mittel, Aerzte zu erhalten, sind gerade nicht die anständigsten, aber obendrein
wie wenig berücksichtigt man noch die Unglücklichen! Voriges Jahr kamen die
Fouriere in Wien bei der furchtbaren Theuerung um eine Zulage ein; das nieder¬
österreichische Generalkommando sprach aus eigenem Antriebe eine solche auch für


unserem erleuchteten Staatsrathe sanctionirt werden, denn ihm werden die un¬
berechenbaren Nachtheile nicht entgehen, welche durch die allgemeine Entmuthigung
der bereits angestellten Aerzte, dnrch das Ausbleiben eines jeden begabten, ehr-
fühlenden Mannes in der nächsten Zukunft in der feldärztlichen Branche entstehen
müssen, und er wird nicht die furchtbare Verantwortung auf sich nehmen, durch
eigene Schuld das ganze Heer, dessen Conservation und Körperheil aufs Spiel
gesetzt zu haben. — Der Hofkriegsrath behauptet zwar, er habe genug Aerzte,
besonders Doctoren, aber wie lange wird das noch anhalten, und welcher Mittel
mußte er sich bisher bedienen, um die Aerzte anzuwerben? Seit 20 Jahren er¬
läßt er Jahr für Jahr Versprechungen der nahen Neorganistruug, ja im Jahre
1837 mißbrauchte man sogar dazu den hohen Namen unseres gütigen Monarchen,
indem es hieß, daß Se. Majestät, überzeugt von der traurigen Stellung und noth-
dürftigen Existenz der Militärärzte zu beschließen geruht haben, demnächst die
Reorganisirung erfolgen zu lassen. Und that der Hofkriegsrat!) inzwischen nicht
alles, eine Reorganisation zu untergraben?

In die k. k. Joseph'sakademie als Bildungsschule der Aerzte für das Heer
werden gegenwärtig Schüler aufgenommen, die vor den Civildoctoren das Vorrecht
haben, acht Jahre als Oberärzte dienen zu dürfen und unter keiner Bedingung
früher entlassen zu werden; die früheren Zöglinge, sogenannte Militärschüler, ge¬
nossen einer monatlichen Zulage, mußten als Doctoren 15 Jahre dienen und
konnten nach Rückerstattung aller dem Staate verursachten Unkosten ihre Entlassung
erhalten. Als nun einige austreten wollten, gestattete dies der Hofkriegsrath
nicht, sondern sagte: „Nicht alle, die zahlen, können auftreten , sondern die aus¬
treten, müssen zahlen. Nun bewilligt aber der Hofkriegsrat!) nicht den Austritt
dieses Oberarztes" !!!. ..

Doch weiter. Obgleich an einer Militärschnle gebildet, müssen die Zög¬
linge doch die Rigorosen- und Promotionstaxeu wie an der Universität be¬
zahle», und dazu leidet der Hofkriegsrat!) den Unbemittelten das Geld gegen
monatlichen Abzug vou 5 Fi. Chirurgen aller Art aber werden bei der unzurei¬
chenden Zahl vom Civile aufgenommen, sind nnvbligat, und der Hofkriegsrath
streckt ihnen zur Uuiformiruug 6V Fi. vor gegen monatlichen Abzug von 3 Fi.
Da diese Leute in der Regel aller Geldmittel entblößt siud, so müssen sie daher
wenigstens zwei Jahre dienen, bevor die Summe rückcrstattet ist, schicken diese oder
die altgedienter Unterärzte ihre Entlassung ein, so müssen sie sechs bis neun
Monate warten, bevor sie selbe erhalten, wodurch sie gewöhnlich die ihnen bereits
zugesagten Civilanstellungen verlieren und so zum Fortdienen gezwungen werden.
Diese Mittel, Aerzte zu erhalten, sind gerade nicht die anständigsten, aber obendrein
wie wenig berücksichtigt man noch die Unglücklichen! Voriges Jahr kamen die
Fouriere in Wien bei der furchtbaren Theuerung um eine Zulage ein; das nieder¬
österreichische Generalkommando sprach aus eigenem Antriebe eine solche auch für


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[0117] unserem erleuchteten Staatsrathe sanctionirt werden, denn ihm werden die un¬ berechenbaren Nachtheile nicht entgehen, welche durch die allgemeine Entmuthigung der bereits angestellten Aerzte, dnrch das Ausbleiben eines jeden begabten, ehr- fühlenden Mannes in der nächsten Zukunft in der feldärztlichen Branche entstehen müssen, und er wird nicht die furchtbare Verantwortung auf sich nehmen, durch eigene Schuld das ganze Heer, dessen Conservation und Körperheil aufs Spiel gesetzt zu haben. — Der Hofkriegsrath behauptet zwar, er habe genug Aerzte, besonders Doctoren, aber wie lange wird das noch anhalten, und welcher Mittel mußte er sich bisher bedienen, um die Aerzte anzuwerben? Seit 20 Jahren er¬ läßt er Jahr für Jahr Versprechungen der nahen Neorganistruug, ja im Jahre 1837 mißbrauchte man sogar dazu den hohen Namen unseres gütigen Monarchen, indem es hieß, daß Se. Majestät, überzeugt von der traurigen Stellung und noth- dürftigen Existenz der Militärärzte zu beschließen geruht haben, demnächst die Reorganisirung erfolgen zu lassen. Und that der Hofkriegsrat!) inzwischen nicht alles, eine Reorganisation zu untergraben? In die k. k. Joseph'sakademie als Bildungsschule der Aerzte für das Heer werden gegenwärtig Schüler aufgenommen, die vor den Civildoctoren das Vorrecht haben, acht Jahre als Oberärzte dienen zu dürfen und unter keiner Bedingung früher entlassen zu werden; die früheren Zöglinge, sogenannte Militärschüler, ge¬ nossen einer monatlichen Zulage, mußten als Doctoren 15 Jahre dienen und konnten nach Rückerstattung aller dem Staate verursachten Unkosten ihre Entlassung erhalten. Als nun einige austreten wollten, gestattete dies der Hofkriegsrath nicht, sondern sagte: „Nicht alle, die zahlen, können auftreten , sondern die aus¬ treten, müssen zahlen. Nun bewilligt aber der Hofkriegsrat!) nicht den Austritt dieses Oberarztes" !!!. .. Doch weiter. Obgleich an einer Militärschnle gebildet, müssen die Zög¬ linge doch die Rigorosen- und Promotionstaxeu wie an der Universität be¬ zahle», und dazu leidet der Hofkriegsrat!) den Unbemittelten das Geld gegen monatlichen Abzug vou 5 Fi. Chirurgen aller Art aber werden bei der unzurei¬ chenden Zahl vom Civile aufgenommen, sind nnvbligat, und der Hofkriegsrath streckt ihnen zur Uuiformiruug 6V Fi. vor gegen monatlichen Abzug von 3 Fi. Da diese Leute in der Regel aller Geldmittel entblößt siud, so müssen sie daher wenigstens zwei Jahre dienen, bevor die Summe rückcrstattet ist, schicken diese oder die altgedienter Unterärzte ihre Entlassung ein, so müssen sie sechs bis neun Monate warten, bevor sie selbe erhalten, wodurch sie gewöhnlich die ihnen bereits zugesagten Civilanstellungen verlieren und so zum Fortdienen gezwungen werden. Diese Mittel, Aerzte zu erhalten, sind gerade nicht die anständigsten, aber obendrein wie wenig berücksichtigt man noch die Unglücklichen! Voriges Jahr kamen die Fouriere in Wien bei der furchtbaren Theuerung um eine Zulage ein; das nieder¬ österreichische Generalkommando sprach aus eigenem Antriebe eine solche auch für

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 6, 1847, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341559_184763/117>, abgerufen am 22.07.2024.