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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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von Hrn. Vogel von Vögelst ein, eines vom Professor Hübner
und eines von Hildebrand in Düsseldorf, in welchen gleiche Vollen¬
dung wahrzunehmen, und welche durch meistcrvolle Ausführung und die
ausgesprochenste Aehnlichkeit allen Anforderungen genügten; nächst diesen
boten auch A. Grabt, Röling und Bary tüchtige männliche Por¬
traits. Von Winter halt er in Paris sahen wir ein ausgezeichnet weib¬
liches Bildniß ausgestellt, darin die Aufgabe, Natur und Ideal zu ver¬
schmelzen, auf das vollendetste gelöst war.

Im Fach derHistorie bot die Ausstellung manches Bedeutende; Theo-
bald von Oer gibt in Darstellung einer Scene aus dem sächsischen
Prinzcnraub, wo der aus Kunz von Kaufungcns Händen durch die Köh¬
ler gerettete Prinz in die Heimathburg zurückgeführt wird, ein Bild deut¬
scher Geschichte, deutscher Gesinnung und deutscher Empfindung. Das
Princip des Vorwärts Strebenden scheint der Grundgedanke, welchen
der Künstler in seinem Werke zur Anschauung führen wollte; das gerettete
Fürstenkind sitzt gesichert auf dem v or schreitenden Pferde und blickt lä¬
chelnd nach dem Kloster hin, nach welchem der neben ihm wandelnde
Abt Liborius hinzeigt und ihm ein Asyl bietet; alle Umgebende, die Freien
wie die Gefangenen, richten sich vorwärts, felbst der gefesselte Prin¬
zenräuber scheint in den festen, fast zu redlichen Zügen feines Angesichts
der Welt zuzurufen: Nur "Vorwärts, der Deutsche weiß sein
gut Recht zu gewinnen." Die verschiedenen Gruppen sind harmo¬
nisch zusammengestellt, in jedem Einzelnen der Dargestellten der entspre¬
chende Charakter ausgedrückt, und wie verschieden auch diese Charaktere
sein mögen, so ist das edel Rationelle des Deutschen in einem
Jeden sprechend ausgeprägt. Professor Peschels Gemälde: ,,Jakob
begegnet auf seiner Reise dem Zuge der Engel" ist vom Mini¬
ster Lindenau käuflich erworben worden und wird dem in Altenburg von
Lindenau gegründeten Museum ein reicher Schmuck werden. Ein Werk
voll tiefem Ernst und überwältigender Wahrheit bietet Jhlve in Frank¬
furt in dem großen Gemälde: die Gründung des Hospitals in Compiegne
durch Ludwig den Heiligen; der fromme König trägt mit Hilfe des Kö¬
nigs von Navarra einen Kranken die Stufen zum Hospital hinan, es
ist der erste Kranke, der in das neu erbaute Asyl gebracht wird; mit
gleicher Menschenfreundlichkeit sind mehrere Große des Reichs beschäftigt,
Kranke in Hie bestimmten Räume zu bringen; Mönche, Reisige, Frauen,
sind in ansprechenden Gruppen in dem künstlerisch reich componirter Bilde
vertheilt. Ein Eigenthum des Halleschen Kunstvereins: die lustigen Bauern
von Brackelaer in Antwerpen, sind würdige Verwandte der in diesem Genre
ausgeführten Werke älterer niederländischer Meister.

Professor Bendemann's "Hirt und Hirtin" ist ein von dem Zau¬
ber tief empfundener Poesie durchdrungenes Werk. Eine gleiche dichterische
Aufgabe löste befriedigend Prof. Hübner in dem heitern Cyklus "Amor
>n verschiedener Gestalt." Loths in München "Hirtin mit der weiden¬
den Heerde" ist ein liebliches Idyll. "Der Violinunterricht" vonEppe-
lin, "Die Fischerfamilie am Strande" von Ludwig Most, "Der ehr-


von Hrn. Vogel von Vögelst ein, eines vom Professor Hübner
und eines von Hildebrand in Düsseldorf, in welchen gleiche Vollen¬
dung wahrzunehmen, und welche durch meistcrvolle Ausführung und die
ausgesprochenste Aehnlichkeit allen Anforderungen genügten; nächst diesen
boten auch A. Grabt, Röling und Bary tüchtige männliche Por¬
traits. Von Winter halt er in Paris sahen wir ein ausgezeichnet weib¬
liches Bildniß ausgestellt, darin die Aufgabe, Natur und Ideal zu ver¬
schmelzen, auf das vollendetste gelöst war.

Im Fach derHistorie bot die Ausstellung manches Bedeutende; Theo-
bald von Oer gibt in Darstellung einer Scene aus dem sächsischen
Prinzcnraub, wo der aus Kunz von Kaufungcns Händen durch die Köh¬
ler gerettete Prinz in die Heimathburg zurückgeführt wird, ein Bild deut¬
scher Geschichte, deutscher Gesinnung und deutscher Empfindung. Das
Princip des Vorwärts Strebenden scheint der Grundgedanke, welchen
der Künstler in seinem Werke zur Anschauung führen wollte; das gerettete
Fürstenkind sitzt gesichert auf dem v or schreitenden Pferde und blickt lä¬
chelnd nach dem Kloster hin, nach welchem der neben ihm wandelnde
Abt Liborius hinzeigt und ihm ein Asyl bietet; alle Umgebende, die Freien
wie die Gefangenen, richten sich vorwärts, felbst der gefesselte Prin¬
zenräuber scheint in den festen, fast zu redlichen Zügen feines Angesichts
der Welt zuzurufen: Nur „Vorwärts, der Deutsche weiß sein
gut Recht zu gewinnen." Die verschiedenen Gruppen sind harmo¬
nisch zusammengestellt, in jedem Einzelnen der Dargestellten der entspre¬
chende Charakter ausgedrückt, und wie verschieden auch diese Charaktere
sein mögen, so ist das edel Rationelle des Deutschen in einem
Jeden sprechend ausgeprägt. Professor Peschels Gemälde: ,,Jakob
begegnet auf seiner Reise dem Zuge der Engel" ist vom Mini¬
ster Lindenau käuflich erworben worden und wird dem in Altenburg von
Lindenau gegründeten Museum ein reicher Schmuck werden. Ein Werk
voll tiefem Ernst und überwältigender Wahrheit bietet Jhlve in Frank¬
furt in dem großen Gemälde: die Gründung des Hospitals in Compiegne
durch Ludwig den Heiligen; der fromme König trägt mit Hilfe des Kö¬
nigs von Navarra einen Kranken die Stufen zum Hospital hinan, es
ist der erste Kranke, der in das neu erbaute Asyl gebracht wird; mit
gleicher Menschenfreundlichkeit sind mehrere Große des Reichs beschäftigt,
Kranke in Hie bestimmten Räume zu bringen; Mönche, Reisige, Frauen,
sind in ansprechenden Gruppen in dem künstlerisch reich componirter Bilde
vertheilt. Ein Eigenthum des Halleschen Kunstvereins: die lustigen Bauern
von Brackelaer in Antwerpen, sind würdige Verwandte der in diesem Genre
ausgeführten Werke älterer niederländischer Meister.

Professor Bendemann's „Hirt und Hirtin" ist ein von dem Zau¬
ber tief empfundener Poesie durchdrungenes Werk. Eine gleiche dichterische
Aufgabe löste befriedigend Prof. Hübner in dem heitern Cyklus „Amor
>n verschiedener Gestalt." Loths in München „Hirtin mit der weiden¬
den Heerde" ist ein liebliches Idyll. „Der Violinunterricht" vonEppe-
lin, „Die Fischerfamilie am Strande" von Ludwig Most, „Der ehr-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/77>, abgerufen am 23.07.2024.