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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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den, ist doch nicht aufzugeben, und die Studenten selbst können hierzu
nicht wenig beitragen.

Der Anblick des gegenwärtigen Untversitätslebens ist, wie man
wohl gestehen muß, nicht eben erquicklich. Von oben her fehlt es nicht
an Bestrebungen, die Universitäten zu Schulen hinabzudrücken, die
Lehrfreiheit zur Illusion zu machen und die Studenten zu, vereinzeln
und auseinanderzuhalten. Von unten mangelt die Grundlage eines
freien Volkslebens und eines allseitigen Schulwesens, es mangelt ins¬
besondere die Erziehung zur Freiheit. Professoren und Studenten ste¬
hen sich meistens noch fremd und ohne daß zwischen ihnen eine gegen¬
seitige Anregung und Belebung -- und auch die Professoren bedürfen
einer solchen -- stattfände, gegenüber. Im Studentenleben sehen wir
auf der einen Seite die Ruinen früherer Lebensgestaltungen, .die von
den Einflüssen der Zeit allmülig zerbröckelt werden, auf ver ändern eine
Partei, die sich in einem Kampfe gegen Formen abmüht, die von selbst
zerfallen werden, zwischen ihnen eine Masse völlig Indifferenter, die
nur geselligen Genuß oder einstime Befriedigung suchen. Nur hier
und da tauchen Bestrebungen auf, denen eine Zukunft zuzusprechen ist.
Das Studentenleben bedarf vor allen Dingen eines festen Rechtsbo-
dens, eines selbständigen und besondern Rechtes innerhalb des all¬
gemein bürgerlichen, das als solches kein Privilegium ist, es bedarf
ferner wahrhaft sittlicher Vereinigungen, welche verschiedene Richtungen
und Aufgaben deö Volkslebens in sich zur Klarheit und Wirklichkeit
zu bringen suchen, und die Geltung der Persönlichkeit durch sich selbst
möglich machen, und es bedarf allgemein bildender Institute, von de¬
nen wir nnr als besonders wichtig gymnastische Anstalten erwäh¬
nen. Die Poesie und die Freiheit deö Scheines mögen untergehen,
an ihre Stelle r>le der Wahrheit und Schönheit treten!
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den, ist doch nicht aufzugeben, und die Studenten selbst können hierzu
nicht wenig beitragen.

Der Anblick des gegenwärtigen Untversitätslebens ist, wie man
wohl gestehen muß, nicht eben erquicklich. Von oben her fehlt es nicht
an Bestrebungen, die Universitäten zu Schulen hinabzudrücken, die
Lehrfreiheit zur Illusion zu machen und die Studenten zu, vereinzeln
und auseinanderzuhalten. Von unten mangelt die Grundlage eines
freien Volkslebens und eines allseitigen Schulwesens, es mangelt ins¬
besondere die Erziehung zur Freiheit. Professoren und Studenten ste¬
hen sich meistens noch fremd und ohne daß zwischen ihnen eine gegen¬
seitige Anregung und Belebung — und auch die Professoren bedürfen
einer solchen — stattfände, gegenüber. Im Studentenleben sehen wir
auf der einen Seite die Ruinen früherer Lebensgestaltungen, .die von
den Einflüssen der Zeit allmülig zerbröckelt werden, auf ver ändern eine
Partei, die sich in einem Kampfe gegen Formen abmüht, die von selbst
zerfallen werden, zwischen ihnen eine Masse völlig Indifferenter, die
nur geselligen Genuß oder einstime Befriedigung suchen. Nur hier
und da tauchen Bestrebungen auf, denen eine Zukunft zuzusprechen ist.
Das Studentenleben bedarf vor allen Dingen eines festen Rechtsbo-
dens, eines selbständigen und besondern Rechtes innerhalb des all¬
gemein bürgerlichen, das als solches kein Privilegium ist, es bedarf
ferner wahrhaft sittlicher Vereinigungen, welche verschiedene Richtungen
und Aufgaben deö Volkslebens in sich zur Klarheit und Wirklichkeit
zu bringen suchen, und die Geltung der Persönlichkeit durch sich selbst
möglich machen, und es bedarf allgemein bildender Institute, von de¬
nen wir nnr als besonders wichtig gymnastische Anstalten erwäh¬
nen. Die Poesie und die Freiheit deö Scheines mögen untergehen,
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[0544] den, ist doch nicht aufzugeben, und die Studenten selbst können hierzu nicht wenig beitragen. Der Anblick des gegenwärtigen Untversitätslebens ist, wie man wohl gestehen muß, nicht eben erquicklich. Von oben her fehlt es nicht an Bestrebungen, die Universitäten zu Schulen hinabzudrücken, die Lehrfreiheit zur Illusion zu machen und die Studenten zu, vereinzeln und auseinanderzuhalten. Von unten mangelt die Grundlage eines freien Volkslebens und eines allseitigen Schulwesens, es mangelt ins¬ besondere die Erziehung zur Freiheit. Professoren und Studenten ste¬ hen sich meistens noch fremd und ohne daß zwischen ihnen eine gegen¬ seitige Anregung und Belebung — und auch die Professoren bedürfen einer solchen — stattfände, gegenüber. Im Studentenleben sehen wir auf der einen Seite die Ruinen früherer Lebensgestaltungen, .die von den Einflüssen der Zeit allmülig zerbröckelt werden, auf ver ändern eine Partei, die sich in einem Kampfe gegen Formen abmüht, die von selbst zerfallen werden, zwischen ihnen eine Masse völlig Indifferenter, die nur geselligen Genuß oder einstime Befriedigung suchen. Nur hier und da tauchen Bestrebungen auf, denen eine Zukunft zuzusprechen ist. Das Studentenleben bedarf vor allen Dingen eines festen Rechtsbo- dens, eines selbständigen und besondern Rechtes innerhalb des all¬ gemein bürgerlichen, das als solches kein Privilegium ist, es bedarf ferner wahrhaft sittlicher Vereinigungen, welche verschiedene Richtungen und Aufgaben deö Volkslebens in sich zur Klarheit und Wirklichkeit zu bringen suchen, und die Geltung der Persönlichkeit durch sich selbst möglich machen, und es bedarf allgemein bildender Institute, von de¬ nen wir nnr als besonders wichtig gymnastische Anstalten erwäh¬ nen. Die Poesie und die Freiheit deö Scheines mögen untergehen, an ihre Stelle r>le der Wahrheit und Schönheit treten! Kur» 5i<Ki!l>5in !n<et ^HiHttSl-vG "Hols Hi»> in?5 in ,um?,<» '

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/544>, abgerufen am 26.08.2024.