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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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Zollvereins mit Frankreich sprechen, dürste es kaum noch vonnöthen
sein, auch auf die übrigen minder gewichtigen aufmerksam zu machen.
Doch will ich, zu allem Ueberflusse, hier noch daran erinnern, daß dem
Zollvereine, wenn er endlich einmal daran denken sollte, die ihm so
überaus nöthige Marine sich zuzulegen, die Unterstützung und der
Schirm Frankreichs ebenso trefflich zu Statten kommen, als gerne
gewährt werden dürsten; daß die Schleswig-holsteinische, richtiger die
Sund-Frage (denn daß der Sund umgetauft, russischer Religion werde,
das ist der eigentliche Sens an dieser) doch einmal über kurz oder
lang, Preußen und den Zollverein gegen Rußland und England in
die Schranken rufen muß. Frankreich kann hier mindestens neutral
bleiben , findet aber wahrscheinlich in seiner veränderten Stellung zu
England und Deutschland ein genügendes Motiv letzteres zu unter¬
stützen, während es dem, gegen den Zollverein so erbitterten Albion
(für welches es, beiläufig bemerkt, eine Kleinigkeit ist, dafür zu sor¬
gen, daß aus der beregten Umlaufe des Sunds ihm keine Unbequem¬
lichkeiten erwachsen) überaus erwünscht sein muß, jenem eine so hä߬
liche Brille auf die Nase zu setzen, seiner, immer impertinenter werden¬
den, Entwicklung einen solchen Hemmschuh anzulegen. Man sieht,
wie auch in dieser, Deutschland so nahe berührenden, Angelegenheit
deS Czarenstaates und Großbritanniens Interesse Hand in Hand
geht. --

Wann werden diese Beiden, nachdem sie in der orientalischen
Frage wieder, wie im Jahre 1840 einig geworden, wohl auf ihre
Beute sich losstürzen? Sobald es ihnen gelingt, Deutschland und
Frankreich wieder aneinander zu Hetzen; wahrscheinlich warten sie auch
nur den Hintritt Louis Philipps ab. --

Möchte dieser Deutschland und Frankreich vereint, gewappnet
finden zur Vereitelung der schlimmen Anschläge ihrer ärgsten Feinde,
vollkommen einverstanden über die zu dem Behufe, im beiderseitigen
wohlverstandenen Interesse, zu ergreifenden Maßregeln. Daß Frank¬
reich dem Bunde auch Master John Bulls Brüderchen, den kleinen
Jonathan (der aber ein schönes Wachsthum und, gleich allen im
Wachsen begriffenen Jungen, einen wahren Wolfsappetit entwickelt)
zuführen wird, darf nicht bezweifelt werden. Die verdächtigen Liebes¬
blicke, die der Bursche der Jungfer Canada schon seit geraumer
Zeit zuwirft, sind der französischen Diplomatie gewiß nicht entgangen,
so wenig wie es ihr entging, daß die Copulation des Herzogs von
Montpensier mit der spanischen Infantin am schicklichsten in dem Mo-


Zollvereins mit Frankreich sprechen, dürste es kaum noch vonnöthen
sein, auch auf die übrigen minder gewichtigen aufmerksam zu machen.
Doch will ich, zu allem Ueberflusse, hier noch daran erinnern, daß dem
Zollvereine, wenn er endlich einmal daran denken sollte, die ihm so
überaus nöthige Marine sich zuzulegen, die Unterstützung und der
Schirm Frankreichs ebenso trefflich zu Statten kommen, als gerne
gewährt werden dürsten; daß die Schleswig-holsteinische, richtiger die
Sund-Frage (denn daß der Sund umgetauft, russischer Religion werde,
das ist der eigentliche Sens an dieser) doch einmal über kurz oder
lang, Preußen und den Zollverein gegen Rußland und England in
die Schranken rufen muß. Frankreich kann hier mindestens neutral
bleiben , findet aber wahrscheinlich in seiner veränderten Stellung zu
England und Deutschland ein genügendes Motiv letzteres zu unter¬
stützen, während es dem, gegen den Zollverein so erbitterten Albion
(für welches es, beiläufig bemerkt, eine Kleinigkeit ist, dafür zu sor¬
gen, daß aus der beregten Umlaufe des Sunds ihm keine Unbequem¬
lichkeiten erwachsen) überaus erwünscht sein muß, jenem eine so hä߬
liche Brille auf die Nase zu setzen, seiner, immer impertinenter werden¬
den, Entwicklung einen solchen Hemmschuh anzulegen. Man sieht,
wie auch in dieser, Deutschland so nahe berührenden, Angelegenheit
deS Czarenstaates und Großbritanniens Interesse Hand in Hand
geht. —

Wann werden diese Beiden, nachdem sie in der orientalischen
Frage wieder, wie im Jahre 1840 einig geworden, wohl auf ihre
Beute sich losstürzen? Sobald es ihnen gelingt, Deutschland und
Frankreich wieder aneinander zu Hetzen; wahrscheinlich warten sie auch
nur den Hintritt Louis Philipps ab. —

Möchte dieser Deutschland und Frankreich vereint, gewappnet
finden zur Vereitelung der schlimmen Anschläge ihrer ärgsten Feinde,
vollkommen einverstanden über die zu dem Behufe, im beiderseitigen
wohlverstandenen Interesse, zu ergreifenden Maßregeln. Daß Frank¬
reich dem Bunde auch Master John Bulls Brüderchen, den kleinen
Jonathan (der aber ein schönes Wachsthum und, gleich allen im
Wachsen begriffenen Jungen, einen wahren Wolfsappetit entwickelt)
zuführen wird, darf nicht bezweifelt werden. Die verdächtigen Liebes¬
blicke, die der Bursche der Jungfer Canada schon seit geraumer
Zeit zuwirft, sind der französischen Diplomatie gewiß nicht entgangen,
so wenig wie es ihr entging, daß die Copulation des Herzogs von
Montpensier mit der spanischen Infantin am schicklichsten in dem Mo-


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[0259] Zollvereins mit Frankreich sprechen, dürste es kaum noch vonnöthen sein, auch auf die übrigen minder gewichtigen aufmerksam zu machen. Doch will ich, zu allem Ueberflusse, hier noch daran erinnern, daß dem Zollvereine, wenn er endlich einmal daran denken sollte, die ihm so überaus nöthige Marine sich zuzulegen, die Unterstützung und der Schirm Frankreichs ebenso trefflich zu Statten kommen, als gerne gewährt werden dürsten; daß die Schleswig-holsteinische, richtiger die Sund-Frage (denn daß der Sund umgetauft, russischer Religion werde, das ist der eigentliche Sens an dieser) doch einmal über kurz oder lang, Preußen und den Zollverein gegen Rußland und England in die Schranken rufen muß. Frankreich kann hier mindestens neutral bleiben , findet aber wahrscheinlich in seiner veränderten Stellung zu England und Deutschland ein genügendes Motiv letzteres zu unter¬ stützen, während es dem, gegen den Zollverein so erbitterten Albion (für welches es, beiläufig bemerkt, eine Kleinigkeit ist, dafür zu sor¬ gen, daß aus der beregten Umlaufe des Sunds ihm keine Unbequem¬ lichkeiten erwachsen) überaus erwünscht sein muß, jenem eine so hä߬ liche Brille auf die Nase zu setzen, seiner, immer impertinenter werden¬ den, Entwicklung einen solchen Hemmschuh anzulegen. Man sieht, wie auch in dieser, Deutschland so nahe berührenden, Angelegenheit deS Czarenstaates und Großbritanniens Interesse Hand in Hand geht. — Wann werden diese Beiden, nachdem sie in der orientalischen Frage wieder, wie im Jahre 1840 einig geworden, wohl auf ihre Beute sich losstürzen? Sobald es ihnen gelingt, Deutschland und Frankreich wieder aneinander zu Hetzen; wahrscheinlich warten sie auch nur den Hintritt Louis Philipps ab. — Möchte dieser Deutschland und Frankreich vereint, gewappnet finden zur Vereitelung der schlimmen Anschläge ihrer ärgsten Feinde, vollkommen einverstanden über die zu dem Behufe, im beiderseitigen wohlverstandenen Interesse, zu ergreifenden Maßregeln. Daß Frank¬ reich dem Bunde auch Master John Bulls Brüderchen, den kleinen Jonathan (der aber ein schönes Wachsthum und, gleich allen im Wachsen begriffenen Jungen, einen wahren Wolfsappetit entwickelt) zuführen wird, darf nicht bezweifelt werden. Die verdächtigen Liebes¬ blicke, die der Bursche der Jungfer Canada schon seit geraumer Zeit zuwirft, sind der französischen Diplomatie gewiß nicht entgangen, so wenig wie es ihr entging, daß die Copulation des Herzogs von Montpensier mit der spanischen Infantin am schicklichsten in dem Mo-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/259>, abgerufen am 23.07.2024.