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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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Max warf jetzt einen flüchtigen Blick auf die Doppc>>s,in^.

"Ein neuer Stütz, nicht wahr?" fragte er zerstreut. "Ihr habt
ihn wohl kürzlich gekauft? denn ich sah ihn noch nie im Hause."

"Das will ich glauben!".meinte der Alte lächelnd, "aber gekauft
habe ich ihn nicht. Se. Durchlaucht schenkte mir ihn, als er noch
Prinz war, und erzählte mir dabei, wie er einst dann eigenhändig
einen Wilddieb niedergeschossen. Da sieh nur das Wappen." Dabei
wies er auf ein silbernes Gepräge über dem Schloß. "Ich habe das
Ding" fuhr er geschwätzig fort, "immer eingeschlossen gehalten, und
weiß Gott, wie mir es einfiel, daß ich es morgen bei der Herrenjagd
tragen sollte -- vielleicht erkennt der Herzog das Geschenk und den
Beschenkten wieder. Das war ein lustiger Tag, wo ich es als Beute
heimbrachte, es war in demselben Herbste, wo du einst, als ein hilf¬
loser Bursche Mitleid heischend in meine Hütte kamst. Draußen an
der Grenze hatte ich die Fährte eines Hirsches wahrgenommen, und
er war schon ein Stück in's Land hineingegangen. Flugs laufe ich
hinüber auf das Schloß, und melde es dem Prinzen. Ein ächter
Waidmann, hängt er gleich Flinte und Tasche über, und so machten
wir Beide allein uns auf den Weg, beschlichen den Zwanzigender, und
erlegten ihn glücklich. Als wir nun so auf dem Haidekraut saßen,
und der Prinz mit mir theilte, was mir deine Marie als Imbiß in
die Tasche gesteckt, da wurde er redselig und erzählte mir die Geschichte
mit dem Wilddiebe. Er war auch einmal nur von einem Jägerbur¬
schen begleitet, hier herum in den Wald gegangen, da trifft er auf
zwei Männer mit grauen Kitteln und einen Jungen, die mit Büchsen
über den Schultern herumstreichen. Ohne Verzug legt er an, und
schießt den Aelteren der Beiden nieder. Damals hauste grade in der
Umgegend der berüchtigte Grauschütz, wie ihn die Bauern nannten,
ein verwegener Geselle, der wohl drüben an der Grenze seine Woh¬
nung hatte. Der Prinz versicherte mir nun, daß es der Beschreibung
nach derselbe gewesen wäre, den seine Kugel niedergestreckt, auch ver¬
scholl seitdem der Name des Grauschützen und bis heutigen Tages hat
sich-in unsern Landen nie wieder solch ein Freibeuter sehen lassen, denn
wenn einmal ein Bauersmann hier und da ein Häschen wegpafft,
nun so drückt man ein Auge zu -- denn das ist noch keine Wild¬
dieberei !"

"Aber die andern Beiden?" fiel ihm Mar rasch in's Wort, "was
sagte der Prinz von den beiden andern Wildschützen?"


Max warf jetzt einen flüchtigen Blick auf die Doppc>>s,in^.

„Ein neuer Stütz, nicht wahr?" fragte er zerstreut. „Ihr habt
ihn wohl kürzlich gekauft? denn ich sah ihn noch nie im Hause."

„Das will ich glauben!".meinte der Alte lächelnd, „aber gekauft
habe ich ihn nicht. Se. Durchlaucht schenkte mir ihn, als er noch
Prinz war, und erzählte mir dabei, wie er einst dann eigenhändig
einen Wilddieb niedergeschossen. Da sieh nur das Wappen." Dabei
wies er auf ein silbernes Gepräge über dem Schloß. „Ich habe das
Ding" fuhr er geschwätzig fort, „immer eingeschlossen gehalten, und
weiß Gott, wie mir es einfiel, daß ich es morgen bei der Herrenjagd
tragen sollte — vielleicht erkennt der Herzog das Geschenk und den
Beschenkten wieder. Das war ein lustiger Tag, wo ich es als Beute
heimbrachte, es war in demselben Herbste, wo du einst, als ein hilf¬
loser Bursche Mitleid heischend in meine Hütte kamst. Draußen an
der Grenze hatte ich die Fährte eines Hirsches wahrgenommen, und
er war schon ein Stück in's Land hineingegangen. Flugs laufe ich
hinüber auf das Schloß, und melde es dem Prinzen. Ein ächter
Waidmann, hängt er gleich Flinte und Tasche über, und so machten
wir Beide allein uns auf den Weg, beschlichen den Zwanzigender, und
erlegten ihn glücklich. Als wir nun so auf dem Haidekraut saßen,
und der Prinz mit mir theilte, was mir deine Marie als Imbiß in
die Tasche gesteckt, da wurde er redselig und erzählte mir die Geschichte
mit dem Wilddiebe. Er war auch einmal nur von einem Jägerbur¬
schen begleitet, hier herum in den Wald gegangen, da trifft er auf
zwei Männer mit grauen Kitteln und einen Jungen, die mit Büchsen
über den Schultern herumstreichen. Ohne Verzug legt er an, und
schießt den Aelteren der Beiden nieder. Damals hauste grade in der
Umgegend der berüchtigte Grauschütz, wie ihn die Bauern nannten,
ein verwegener Geselle, der wohl drüben an der Grenze seine Woh¬
nung hatte. Der Prinz versicherte mir nun, daß es der Beschreibung
nach derselbe gewesen wäre, den seine Kugel niedergestreckt, auch ver¬
scholl seitdem der Name des Grauschützen und bis heutigen Tages hat
sich-in unsern Landen nie wieder solch ein Freibeuter sehen lassen, denn
wenn einmal ein Bauersmann hier und da ein Häschen wegpafft,
nun so drückt man ein Auge zu — denn das ist noch keine Wild¬
dieberei !"

„Aber die andern Beiden?" fiel ihm Mar rasch in's Wort, „was
sagte der Prinz von den beiden andern Wildschützen?"


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[0160] Max warf jetzt einen flüchtigen Blick auf die Doppc>>s,in^. „Ein neuer Stütz, nicht wahr?" fragte er zerstreut. „Ihr habt ihn wohl kürzlich gekauft? denn ich sah ihn noch nie im Hause." „Das will ich glauben!".meinte der Alte lächelnd, „aber gekauft habe ich ihn nicht. Se. Durchlaucht schenkte mir ihn, als er noch Prinz war, und erzählte mir dabei, wie er einst dann eigenhändig einen Wilddieb niedergeschossen. Da sieh nur das Wappen." Dabei wies er auf ein silbernes Gepräge über dem Schloß. „Ich habe das Ding" fuhr er geschwätzig fort, „immer eingeschlossen gehalten, und weiß Gott, wie mir es einfiel, daß ich es morgen bei der Herrenjagd tragen sollte — vielleicht erkennt der Herzog das Geschenk und den Beschenkten wieder. Das war ein lustiger Tag, wo ich es als Beute heimbrachte, es war in demselben Herbste, wo du einst, als ein hilf¬ loser Bursche Mitleid heischend in meine Hütte kamst. Draußen an der Grenze hatte ich die Fährte eines Hirsches wahrgenommen, und er war schon ein Stück in's Land hineingegangen. Flugs laufe ich hinüber auf das Schloß, und melde es dem Prinzen. Ein ächter Waidmann, hängt er gleich Flinte und Tasche über, und so machten wir Beide allein uns auf den Weg, beschlichen den Zwanzigender, und erlegten ihn glücklich. Als wir nun so auf dem Haidekraut saßen, und der Prinz mit mir theilte, was mir deine Marie als Imbiß in die Tasche gesteckt, da wurde er redselig und erzählte mir die Geschichte mit dem Wilddiebe. Er war auch einmal nur von einem Jägerbur¬ schen begleitet, hier herum in den Wald gegangen, da trifft er auf zwei Männer mit grauen Kitteln und einen Jungen, die mit Büchsen über den Schultern herumstreichen. Ohne Verzug legt er an, und schießt den Aelteren der Beiden nieder. Damals hauste grade in der Umgegend der berüchtigte Grauschütz, wie ihn die Bauern nannten, ein verwegener Geselle, der wohl drüben an der Grenze seine Woh¬ nung hatte. Der Prinz versicherte mir nun, daß es der Beschreibung nach derselbe gewesen wäre, den seine Kugel niedergestreckt, auch ver¬ scholl seitdem der Name des Grauschützen und bis heutigen Tages hat sich-in unsern Landen nie wieder solch ein Freibeuter sehen lassen, denn wenn einmal ein Bauersmann hier und da ein Häschen wegpafft, nun so drückt man ein Auge zu — denn das ist noch keine Wild¬ dieberei !" „Aber die andern Beiden?" fiel ihm Mar rasch in's Wort, „was sagte der Prinz von den beiden andern Wildschützen?"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/160>, abgerufen am 04.07.2024.