Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

August Büret bye in einem Bande eine Lebensgeschichte Ulrich's
von Hütten gegeben und zwar in der Absicht, ein populäres Buch zu
liefern. Ob ihm dies in ganzer Ausdehnung des Wortes gelungen
sei, müssen wir vom Urtheile des Populus, heutiges Tags Publicum
genannt, erwarten. Die gewisse Kraft, welche einschmeichelnd und
nachdrücklich zugleich Popularität zu gewinnen pflegt, ist Büret nicht
grade eigenthümlich, aber er ist ihr in diesem Buche näher gekommen,
als in irgend einem frühern, besonders durch ein sehr anerkenneils-
werthes Streben nach Einfachheit. Die Art der Quellenbenutzung ist
etwas wunderlich, insoweit von Quellen die Rede ist, welche das Hütten-
Thema schon zu einem schiffbaren Flusse gemacht haben. Er läßt
nämlich Ranke, Hagen, Meiners ze. oft wörtlich sprechen und zeigt
uns durch beigefügten Namen des Historikers an, daß er hiermit die An¬
sicht eines Andern zu der seinigen mache. Demgemäß sagt er denn
auch im Vorworte, daß er nicht mit fremden Federn glänzen wolle,
indem er ihnen hier und da eine andere Färbung zu geben suche, daß
er aber- auch den als tüchtig erkannten Ausdruck nicht Paraphrasiren
möge. Ich fürchte nur, die Einheit des Buches leidet darunter ein
wenig und mit ihr der größere Eindruck, welchen es machen kann, so¬
bald die ganze Darstellung ans der Persönlichkeit des Autors hervor¬
strömt. Wenn also die Ansichten Ranke's, Hagen's ze. über Hütten
von Büret nicht blos eingestrent, sondern durch dessen Auffassung und
eigne Wiedergabe vermittelt würden, so wäre ein weiterer Schritt zur
Popularität gewonnen. Das Publicum ist indessen vielleicht der Mei¬
nung, es sei wünschenswert!), dergestalt in Kürze und den Hauptpunk¬
ten die Ansicht berühmter Historiker unverändert mitgetheilt zu er¬
halten, und damit gibt es dem Herausgeber Recht. Der schön ge¬
druckte, übersichtlich und interessant abgetheilte Band ist jedenfalls eine
willkommene Gabe, doppelt willkommen in einer Zeit, welche die Streit-
fragen Hutten's allesammt wieder in brausende Bewegung gesetzt hat.

Jesuiten. Eine historische Ergänzung nach entgegengesetzter
Seite bietet ein anonym erschienenes Bändchen mit folgendem Titel:
"Das Innere der Gesellschaft Jesu. Eine durch Documente des Ordens
gegebene Darlegung der Erziehung, Bildung, des innern Ganges, der
Verwaltung, des Bestandes und der Wirksamkeit der Gesellschaft in
unsern Tagen." Ich weiß von dem Verfasser, daß er viele Jahre
blos darauf verwendet hat, das Institut der Jesuiten durch eigne An^
schauung kennen zu lernen, daß er zu dem Ende in fremden Ländern,
namentlich in Frankreich, soweit es möglich war, in die Häuser der


August Büret bye in einem Bande eine Lebensgeschichte Ulrich's
von Hütten gegeben und zwar in der Absicht, ein populäres Buch zu
liefern. Ob ihm dies in ganzer Ausdehnung des Wortes gelungen
sei, müssen wir vom Urtheile des Populus, heutiges Tags Publicum
genannt, erwarten. Die gewisse Kraft, welche einschmeichelnd und
nachdrücklich zugleich Popularität zu gewinnen pflegt, ist Büret nicht
grade eigenthümlich, aber er ist ihr in diesem Buche näher gekommen,
als in irgend einem frühern, besonders durch ein sehr anerkenneils-
werthes Streben nach Einfachheit. Die Art der Quellenbenutzung ist
etwas wunderlich, insoweit von Quellen die Rede ist, welche das Hütten-
Thema schon zu einem schiffbaren Flusse gemacht haben. Er läßt
nämlich Ranke, Hagen, Meiners ze. oft wörtlich sprechen und zeigt
uns durch beigefügten Namen des Historikers an, daß er hiermit die An¬
sicht eines Andern zu der seinigen mache. Demgemäß sagt er denn
auch im Vorworte, daß er nicht mit fremden Federn glänzen wolle,
indem er ihnen hier und da eine andere Färbung zu geben suche, daß
er aber- auch den als tüchtig erkannten Ausdruck nicht Paraphrasiren
möge. Ich fürchte nur, die Einheit des Buches leidet darunter ein
wenig und mit ihr der größere Eindruck, welchen es machen kann, so¬
bald die ganze Darstellung ans der Persönlichkeit des Autors hervor¬
strömt. Wenn also die Ansichten Ranke's, Hagen's ze. über Hütten
von Büret nicht blos eingestrent, sondern durch dessen Auffassung und
eigne Wiedergabe vermittelt würden, so wäre ein weiterer Schritt zur
Popularität gewonnen. Das Publicum ist indessen vielleicht der Mei¬
nung, es sei wünschenswert!), dergestalt in Kürze und den Hauptpunk¬
ten die Ansicht berühmter Historiker unverändert mitgetheilt zu er¬
halten, und damit gibt es dem Herausgeber Recht. Der schön ge¬
druckte, übersichtlich und interessant abgetheilte Band ist jedenfalls eine
willkommene Gabe, doppelt willkommen in einer Zeit, welche die Streit-
fragen Hutten's allesammt wieder in brausende Bewegung gesetzt hat.

Jesuiten. Eine historische Ergänzung nach entgegengesetzter
Seite bietet ein anonym erschienenes Bändchen mit folgendem Titel:
„Das Innere der Gesellschaft Jesu. Eine durch Documente des Ordens
gegebene Darlegung der Erziehung, Bildung, des innern Ganges, der
Verwaltung, des Bestandes und der Wirksamkeit der Gesellschaft in
unsern Tagen." Ich weiß von dem Verfasser, daß er viele Jahre
blos darauf verwendet hat, das Institut der Jesuiten durch eigne An^
schauung kennen zu lernen, daß er zu dem Ende in fremden Ländern,
namentlich in Frankreich, soweit es möglich war, in die Häuser der


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0150" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183732"/>
            <p xml:id="ID_392"> August Büret bye in einem Bande eine Lebensgeschichte Ulrich's<lb/>
von Hütten gegeben und zwar in der Absicht, ein populäres Buch zu<lb/>
liefern.  Ob ihm dies in ganzer Ausdehnung des Wortes gelungen<lb/>
sei, müssen wir vom Urtheile des Populus, heutiges Tags Publicum<lb/>
genannt, erwarten.  Die gewisse Kraft, welche einschmeichelnd und<lb/>
nachdrücklich zugleich Popularität zu gewinnen pflegt, ist Büret nicht<lb/>
grade eigenthümlich, aber er ist ihr in diesem Buche näher gekommen,<lb/>
als in irgend einem frühern, besonders durch ein sehr anerkenneils-<lb/>
werthes Streben nach Einfachheit.  Die Art der Quellenbenutzung ist<lb/>
etwas wunderlich, insoweit von Quellen die Rede ist, welche das Hütten-<lb/>
Thema schon zu einem schiffbaren Flusse gemacht haben.  Er läßt<lb/>
nämlich Ranke, Hagen, Meiners ze. oft wörtlich sprechen und zeigt<lb/>
uns durch beigefügten Namen des Historikers an, daß er hiermit die An¬<lb/>
sicht eines Andern zu der seinigen mache.  Demgemäß sagt er denn<lb/>
auch im Vorworte, daß er nicht mit fremden Federn glänzen wolle,<lb/>
indem er ihnen hier und da eine andere Färbung zu geben suche, daß<lb/>
er aber- auch den als tüchtig erkannten Ausdruck nicht Paraphrasiren<lb/>
möge.  Ich fürchte nur, die Einheit des Buches leidet darunter ein<lb/>
wenig und mit ihr der größere Eindruck, welchen es machen kann, so¬<lb/>
bald die ganze Darstellung ans der Persönlichkeit des Autors hervor¬<lb/>
strömt.  Wenn also die Ansichten Ranke's, Hagen's ze. über Hütten<lb/>
von Büret nicht blos eingestrent, sondern durch dessen Auffassung und<lb/>
eigne Wiedergabe vermittelt würden, so wäre ein weiterer Schritt zur<lb/>
Popularität gewonnen. Das Publicum ist indessen vielleicht der Mei¬<lb/>
nung, es sei wünschenswert!), dergestalt in Kürze und den Hauptpunk¬<lb/>
ten die Ansicht berühmter Historiker unverändert mitgetheilt zu er¬<lb/>
halten, und damit gibt es dem Herausgeber Recht.  Der schön ge¬<lb/>
druckte, übersichtlich und interessant abgetheilte Band ist jedenfalls eine<lb/>
willkommene Gabe, doppelt willkommen in einer Zeit, welche die Streit-<lb/>
fragen Hutten's allesammt wieder in brausende Bewegung gesetzt hat.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_393" next="#ID_394"> Jesuiten. Eine historische Ergänzung nach entgegengesetzter<lb/>
Seite bietet ein anonym erschienenes Bändchen mit folgendem Titel:<lb/>
&#x201E;Das Innere der Gesellschaft Jesu. Eine durch Documente des Ordens<lb/>
gegebene Darlegung der Erziehung, Bildung, des innern Ganges, der<lb/>
Verwaltung, des Bestandes und der Wirksamkeit der Gesellschaft in<lb/>
unsern Tagen." Ich weiß von dem Verfasser, daß er viele Jahre<lb/>
blos darauf verwendet hat, das Institut der Jesuiten durch eigne An^<lb/>
schauung kennen zu lernen, daß er zu dem Ende in fremden Ländern,<lb/>
namentlich in Frankreich, soweit es möglich war, in die Häuser der</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0150] August Büret bye in einem Bande eine Lebensgeschichte Ulrich's von Hütten gegeben und zwar in der Absicht, ein populäres Buch zu liefern. Ob ihm dies in ganzer Ausdehnung des Wortes gelungen sei, müssen wir vom Urtheile des Populus, heutiges Tags Publicum genannt, erwarten. Die gewisse Kraft, welche einschmeichelnd und nachdrücklich zugleich Popularität zu gewinnen pflegt, ist Büret nicht grade eigenthümlich, aber er ist ihr in diesem Buche näher gekommen, als in irgend einem frühern, besonders durch ein sehr anerkenneils- werthes Streben nach Einfachheit. Die Art der Quellenbenutzung ist etwas wunderlich, insoweit von Quellen die Rede ist, welche das Hütten- Thema schon zu einem schiffbaren Flusse gemacht haben. Er läßt nämlich Ranke, Hagen, Meiners ze. oft wörtlich sprechen und zeigt uns durch beigefügten Namen des Historikers an, daß er hiermit die An¬ sicht eines Andern zu der seinigen mache. Demgemäß sagt er denn auch im Vorworte, daß er nicht mit fremden Federn glänzen wolle, indem er ihnen hier und da eine andere Färbung zu geben suche, daß er aber- auch den als tüchtig erkannten Ausdruck nicht Paraphrasiren möge. Ich fürchte nur, die Einheit des Buches leidet darunter ein wenig und mit ihr der größere Eindruck, welchen es machen kann, so¬ bald die ganze Darstellung ans der Persönlichkeit des Autors hervor¬ strömt. Wenn also die Ansichten Ranke's, Hagen's ze. über Hütten von Büret nicht blos eingestrent, sondern durch dessen Auffassung und eigne Wiedergabe vermittelt würden, so wäre ein weiterer Schritt zur Popularität gewonnen. Das Publicum ist indessen vielleicht der Mei¬ nung, es sei wünschenswert!), dergestalt in Kürze und den Hauptpunk¬ ten die Ansicht berühmter Historiker unverändert mitgetheilt zu er¬ halten, und damit gibt es dem Herausgeber Recht. Der schön ge¬ druckte, übersichtlich und interessant abgetheilte Band ist jedenfalls eine willkommene Gabe, doppelt willkommen in einer Zeit, welche die Streit- fragen Hutten's allesammt wieder in brausende Bewegung gesetzt hat. Jesuiten. Eine historische Ergänzung nach entgegengesetzter Seite bietet ein anonym erschienenes Bändchen mit folgendem Titel: „Das Innere der Gesellschaft Jesu. Eine durch Documente des Ordens gegebene Darlegung der Erziehung, Bildung, des innern Ganges, der Verwaltung, des Bestandes und der Wirksamkeit der Gesellschaft in unsern Tagen." Ich weiß von dem Verfasser, daß er viele Jahre blos darauf verwendet hat, das Institut der Jesuiten durch eigne An^ schauung kennen zu lernen, daß er zu dem Ende in fremden Ländern, namentlich in Frankreich, soweit es möglich war, in die Häuser der

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/150
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/150>, abgerufen am 26.08.2024.