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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band.

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Monat August auf. Tägliche vertraute Gespräche mit dem Fürsten,
bald über die öffentlichen Angelegenheiten, bald über seine eigenen, --
der Umgang mit Baron Humboldt, der von Berlin, mit Adam Mül¬
ler, der auf acht Tage zum Besuch gekommen war, -- dann mit Ba¬
ron Binder, General Steigentesch, Fürst Windischgrätz, Fürst Wenzel
Liechtenstein, und vielen andern Personen, -- endlich jeden Abend eine
l'Hombre-Parthie bei oder mit der alten Gräfin Fekete, -- füllten,
neben mancherlei Arbeiten, meine Zeit aus. Die Bäder setzte ich ziem¬
lich regelmäßig fort; und meine Gesundheit, schrieb ich, "so riMü'mit
^lo^i^ieusvmvnt."

Am 15. hatte ich einen schweren Kummer, weil Karl Leiden, den
ich mit der ganzen Zärtlichkeit eines Vaters liebte, sich plötzlich, von
einer Jugendgrille verleitet, von mir entfernt hatte. Die Sache ging
mir so zu Herzen, daß nur die Anwesenheit Adam Müllers und seine
geistreichen und erhebenden Gespräche mich aufrichten konnten. Indes¬
sen kehrte der Flüchtling bereits am 19. wieder zurück, und alles war
vergessen.

In den ersten Tagen des September siel schlechtes und sehr kal¬
tes Wetter eil,, welches den Aufenthalt in Baden unangenehm machte,
mir auch einen leichten Fieberanfall zuzog, der mich mehrere Tage im
Hause hielt. Doctor Koreff, der damals auch in Baden wohnte,
(welches die Fürstin Bagrathion krankheitshalber verlassen hatte) ver¬
schrieb mir einige Arzneien; Fürst Metternich, Gräfin Fuchs, Graf
Louis Schönfeld, Ferdinand Palffy, Felir Woyna, Fürst Löwenstein,
Neumann, besuchten mich häufig. Es wurde mehrmals bei mir die
l'Hombre-Parthie gemacht, an der auch Fürst Metternich zuweilen Theil
nahm. Am 14. konnte ich wieder in's Bad gehen.

An eben diesem Tage erhielten wir die Nachricht von der An¬
kunft des Lord Castlereagh, des Fürsten Hardenberg, des Grasen Nes¬
selrode, und anderer Minister in Wien. Der zu Paris beschlossene
allgemeine Congreß sollte seinen Anfang nehmen. Da keiner der Her¬
ren Lust bezeigte, nach Baden zu kommen, hingegen Lord Castlereagh
den Fürsten Metternich in einem sehr ernsten und feierlichen Billet
aufforderte, das große Geschäft je eher je lieber zu beginnen, so begab
sich dieser am 15. in die Stadt; und als er zurückkam, kündigte er
den unmittelbaren Aufbruch von Baden an. Ich nahm am 16. das
letzte Bad, und zog am 17. in die Stadt.

Hier that sich eine neue Welt auf. Schon am 18. besuchte ich
Nesselrode und seine Gemahlin, mit denen ich von Stunde an in die


Monat August auf. Tägliche vertraute Gespräche mit dem Fürsten,
bald über die öffentlichen Angelegenheiten, bald über seine eigenen, —
der Umgang mit Baron Humboldt, der von Berlin, mit Adam Mül¬
ler, der auf acht Tage zum Besuch gekommen war, — dann mit Ba¬
ron Binder, General Steigentesch, Fürst Windischgrätz, Fürst Wenzel
Liechtenstein, und vielen andern Personen, — endlich jeden Abend eine
l'Hombre-Parthie bei oder mit der alten Gräfin Fekete, — füllten,
neben mancherlei Arbeiten, meine Zeit aus. Die Bäder setzte ich ziem¬
lich regelmäßig fort; und meine Gesundheit, schrieb ich, „so riMü'mit
^lo^i^ieusvmvnt."

Am 15. hatte ich einen schweren Kummer, weil Karl Leiden, den
ich mit der ganzen Zärtlichkeit eines Vaters liebte, sich plötzlich, von
einer Jugendgrille verleitet, von mir entfernt hatte. Die Sache ging
mir so zu Herzen, daß nur die Anwesenheit Adam Müllers und seine
geistreichen und erhebenden Gespräche mich aufrichten konnten. Indes¬
sen kehrte der Flüchtling bereits am 19. wieder zurück, und alles war
vergessen.

In den ersten Tagen des September siel schlechtes und sehr kal¬
tes Wetter eil,, welches den Aufenthalt in Baden unangenehm machte,
mir auch einen leichten Fieberanfall zuzog, der mich mehrere Tage im
Hause hielt. Doctor Koreff, der damals auch in Baden wohnte,
(welches die Fürstin Bagrathion krankheitshalber verlassen hatte) ver¬
schrieb mir einige Arzneien; Fürst Metternich, Gräfin Fuchs, Graf
Louis Schönfeld, Ferdinand Palffy, Felir Woyna, Fürst Löwenstein,
Neumann, besuchten mich häufig. Es wurde mehrmals bei mir die
l'Hombre-Parthie gemacht, an der auch Fürst Metternich zuweilen Theil
nahm. Am 14. konnte ich wieder in's Bad gehen.

An eben diesem Tage erhielten wir die Nachricht von der An¬
kunft des Lord Castlereagh, des Fürsten Hardenberg, des Grasen Nes¬
selrode, und anderer Minister in Wien. Der zu Paris beschlossene
allgemeine Congreß sollte seinen Anfang nehmen. Da keiner der Her¬
ren Lust bezeigte, nach Baden zu kommen, hingegen Lord Castlereagh
den Fürsten Metternich in einem sehr ernsten und feierlichen Billet
aufforderte, das große Geschäft je eher je lieber zu beginnen, so begab
sich dieser am 15. in die Stadt; und als er zurückkam, kündigte er
den unmittelbaren Aufbruch von Baden an. Ich nahm am 16. das
letzte Bad, und zog am 17. in die Stadt.

Hier that sich eine neue Welt auf. Schon am 18. besuchte ich
Nesselrode und seine Gemahlin, mit denen ich von Stunde an in die


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[0108] Monat August auf. Tägliche vertraute Gespräche mit dem Fürsten, bald über die öffentlichen Angelegenheiten, bald über seine eigenen, — der Umgang mit Baron Humboldt, der von Berlin, mit Adam Mül¬ ler, der auf acht Tage zum Besuch gekommen war, — dann mit Ba¬ ron Binder, General Steigentesch, Fürst Windischgrätz, Fürst Wenzel Liechtenstein, und vielen andern Personen, — endlich jeden Abend eine l'Hombre-Parthie bei oder mit der alten Gräfin Fekete, — füllten, neben mancherlei Arbeiten, meine Zeit aus. Die Bäder setzte ich ziem¬ lich regelmäßig fort; und meine Gesundheit, schrieb ich, „so riMü'mit ^lo^i^ieusvmvnt." Am 15. hatte ich einen schweren Kummer, weil Karl Leiden, den ich mit der ganzen Zärtlichkeit eines Vaters liebte, sich plötzlich, von einer Jugendgrille verleitet, von mir entfernt hatte. Die Sache ging mir so zu Herzen, daß nur die Anwesenheit Adam Müllers und seine geistreichen und erhebenden Gespräche mich aufrichten konnten. Indes¬ sen kehrte der Flüchtling bereits am 19. wieder zurück, und alles war vergessen. In den ersten Tagen des September siel schlechtes und sehr kal¬ tes Wetter eil,, welches den Aufenthalt in Baden unangenehm machte, mir auch einen leichten Fieberanfall zuzog, der mich mehrere Tage im Hause hielt. Doctor Koreff, der damals auch in Baden wohnte, (welches die Fürstin Bagrathion krankheitshalber verlassen hatte) ver¬ schrieb mir einige Arzneien; Fürst Metternich, Gräfin Fuchs, Graf Louis Schönfeld, Ferdinand Palffy, Felir Woyna, Fürst Löwenstein, Neumann, besuchten mich häufig. Es wurde mehrmals bei mir die l'Hombre-Parthie gemacht, an der auch Fürst Metternich zuweilen Theil nahm. Am 14. konnte ich wieder in's Bad gehen. An eben diesem Tage erhielten wir die Nachricht von der An¬ kunft des Lord Castlereagh, des Fürsten Hardenberg, des Grasen Nes¬ selrode, und anderer Minister in Wien. Der zu Paris beschlossene allgemeine Congreß sollte seinen Anfang nehmen. Da keiner der Her¬ ren Lust bezeigte, nach Baden zu kommen, hingegen Lord Castlereagh den Fürsten Metternich in einem sehr ernsten und feierlichen Billet aufforderte, das große Geschäft je eher je lieber zu beginnen, so begab sich dieser am 15. in die Stadt; und als er zurückkam, kündigte er den unmittelbaren Aufbruch von Baden an. Ich nahm am 16. das letzte Bad, und zog am 17. in die Stadt. Hier that sich eine neue Welt auf. Schon am 18. besuchte ich Nesselrode und seine Gemahlin, mit denen ich von Stunde an in die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365123/108>, abgerufen am 23.07.2024.