Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.falls in Schweden viel gelernt, in Dänemark aber fast von jedem falls in Schweden viel gelernt, in Dänemark aber fast von jedem <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0082" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182505"/> <p xml:id="ID_195" prev="#ID_194" next="#ID_196"> falls in Schweden viel gelernt, in Dänemark aber fast von jedem<lb/> Gebildeten verstanden und gesprochen wird. -— Jetzt findet hier eine<lb/> bedeutende demokratische Bewegung, vorzüglich unter den dänischen<lb/> Bauern statt, die wohl zu erheblichen Resultaten führen dürfte. Die<lb/> Bauern sind zwar durchaus nicht mehr leibeigen, aber auf den adligen<lb/> Gütern leben sie großentheils in beschränkten Verhältnissen, sind nur<lb/> Pachter der Stellen, welche sie bewirthschaften, müssen Frohndienste<lb/> thun und können vertrieben werden. Nun verlangen sie Ablösung und<lb/> festes Eigenthum. Einige Gutsbesitzer sind auch darauf eingegangen,<lb/> und haben zu beiderseitigen Vortheil feste Contracte errichtet, andre<lb/> aber haben es verweigert und die Regierung veranlaßt, dazwischen zu<lb/> treten, und die stattfindende Associationsfreiheit dahin zu beschränke»,<lb/> daß die Bauern sich nun nicht versammeln dürfen, um sich über solche<lb/> Angelegenheiten zu besprechen. Das hat bedeutende Aufregung gesetzt<lb/> und die Agitation noch verstärkt. Der Bürgerstand hat sich dem<lb/> Bauernstand gleich angeschlossen, viele liberale Männer haben sich<lb/> dafür erklärt und gehen den Bauern mit Rathschlägen an die Hand.<lb/> Die Presse führt gleichfalls ihre Sache, der König wird von Adressen<lb/> und Bitten bestürmt und die Regierungspresse hat nicht allein schon<lb/> angekündigt, daß das verhaßte Verbot werde zurückgenommen werden,<lb/> wenn die nächsten Ständeversammlungen es verlangten, sondern auch,<lb/> daß dem Könige die Verwandlung des Pachtguts in festes Eigen¬<lb/> thum ganz lieb sei. Zur näheren Charakteristik der Bauern mag aber<lb/> Folgendes dienen: Zwei sehr intelligente Ständedeputirte des Bauern¬<lb/> standes, der Kammerrath Drewsen und der Procurator Christensen<lb/> haben eine Gesellschaft von „Bauernfreunden" gegründet, mit deren<lb/> Organisation durch das ganze Land man sich eifrig beschäftigt. Der<lb/> Zweck dieser Gesellschaft geht dahin, den Bauernstand zur Selbstständig-<lb/> keit und Bildung zu führen. Ein anderer Volksführer, der frühere<lb/> Volksschullehrer Sörensen, verbreitet den Plan zu einer Actiengesell-<lb/> schaft von Bauern, um durch die auf solche Weise zusammengebrach¬<lb/> ten Mittel adlige Güter anzukaufen und zerstückelt wieder zu verkaufen.<lb/> Außerdem sagen die Bauern sich in Massen von den Brandcassen<lb/> so wie Spar- und Leihcassen, welche sie bisher mit den adligen Guts¬<lb/> besitzern gemeinschaftlich halten, los. Diese Cassen wurden nämlich<lb/> von den Gutsbesitzern verwaltet, die daraus einen erheblichen directen<lb/> und indirecten Nutzen zogen, namentlich durch Radicirung der Capitalien<lb/> in großen Gütern zu niedrigem Zinsfuß. Die Bauern gründen nun<lb/> selbst solche Cassen und die öffentlichen Bekanntmachungen ergeben<lb/> schon ganz bedeutende Resultate. Endlich sind die Bauern und ihre<lb/> Führer auf Gründung von höheren Bauerschulen bedacht; in Jütland<lb/> ist schon eine solche entstanden, und auf Seeland ist man mit deren<lb/> Errichtung beschäftigt. Hier hat eine Deputation neulich den König<lb/> gebeten, die Akademie zu Sorö, welche ursprünglich für den dänischen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0082]
falls in Schweden viel gelernt, in Dänemark aber fast von jedem
Gebildeten verstanden und gesprochen wird. -— Jetzt findet hier eine
bedeutende demokratische Bewegung, vorzüglich unter den dänischen
Bauern statt, die wohl zu erheblichen Resultaten führen dürfte. Die
Bauern sind zwar durchaus nicht mehr leibeigen, aber auf den adligen
Gütern leben sie großentheils in beschränkten Verhältnissen, sind nur
Pachter der Stellen, welche sie bewirthschaften, müssen Frohndienste
thun und können vertrieben werden. Nun verlangen sie Ablösung und
festes Eigenthum. Einige Gutsbesitzer sind auch darauf eingegangen,
und haben zu beiderseitigen Vortheil feste Contracte errichtet, andre
aber haben es verweigert und die Regierung veranlaßt, dazwischen zu
treten, und die stattfindende Associationsfreiheit dahin zu beschränke»,
daß die Bauern sich nun nicht versammeln dürfen, um sich über solche
Angelegenheiten zu besprechen. Das hat bedeutende Aufregung gesetzt
und die Agitation noch verstärkt. Der Bürgerstand hat sich dem
Bauernstand gleich angeschlossen, viele liberale Männer haben sich
dafür erklärt und gehen den Bauern mit Rathschlägen an die Hand.
Die Presse führt gleichfalls ihre Sache, der König wird von Adressen
und Bitten bestürmt und die Regierungspresse hat nicht allein schon
angekündigt, daß das verhaßte Verbot werde zurückgenommen werden,
wenn die nächsten Ständeversammlungen es verlangten, sondern auch,
daß dem Könige die Verwandlung des Pachtguts in festes Eigen¬
thum ganz lieb sei. Zur näheren Charakteristik der Bauern mag aber
Folgendes dienen: Zwei sehr intelligente Ständedeputirte des Bauern¬
standes, der Kammerrath Drewsen und der Procurator Christensen
haben eine Gesellschaft von „Bauernfreunden" gegründet, mit deren
Organisation durch das ganze Land man sich eifrig beschäftigt. Der
Zweck dieser Gesellschaft geht dahin, den Bauernstand zur Selbstständig-
keit und Bildung zu führen. Ein anderer Volksführer, der frühere
Volksschullehrer Sörensen, verbreitet den Plan zu einer Actiengesell-
schaft von Bauern, um durch die auf solche Weise zusammengebrach¬
ten Mittel adlige Güter anzukaufen und zerstückelt wieder zu verkaufen.
Außerdem sagen die Bauern sich in Massen von den Brandcassen
so wie Spar- und Leihcassen, welche sie bisher mit den adligen Guts¬
besitzern gemeinschaftlich halten, los. Diese Cassen wurden nämlich
von den Gutsbesitzern verwaltet, die daraus einen erheblichen directen
und indirecten Nutzen zogen, namentlich durch Radicirung der Capitalien
in großen Gütern zu niedrigem Zinsfuß. Die Bauern gründen nun
selbst solche Cassen und die öffentlichen Bekanntmachungen ergeben
schon ganz bedeutende Resultate. Endlich sind die Bauern und ihre
Führer auf Gründung von höheren Bauerschulen bedacht; in Jütland
ist schon eine solche entstanden, und auf Seeland ist man mit deren
Errichtung beschäftigt. Hier hat eine Deputation neulich den König
gebeten, die Akademie zu Sorö, welche ursprünglich für den dänischen
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