Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.Aber auch später, als die Franzosen, von nationalem Wetteifer ge, Die physiologische Erklärung liegt gewiß jedem Leser auf der Die fetten Substanzen, Milch, Butter undOel schwächen Aber auch später, als die Franzosen, von nationalem Wetteifer ge, Die physiologische Erklärung liegt gewiß jedem Leser auf der Die fetten Substanzen, Milch, Butter undOel schwächen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0008" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182431"/> <p xml:id="ID_9" prev="#ID_8"> Aber auch später, als die Franzosen, von nationalem Wetteifer ge,<lb/> stachelt, den Engländern in jenen beiden Punkten gleichkamen, lei¬<lb/> steten sie in derselben Zeit und unter derselben Leitung nur zwei<lb/> Drittel von Dem, was die britischen Cyklopen zu Stande brachten.<lb/> Die englischen Ingenieure lächelten und sagten: Essed mit unsern<lb/> Landsleuten an Einem Tisch. Und merkwürdig, von dem Augen¬<lb/> blick an, wo die Franzosen sich zur Diät ihrer Mitarbeiter bequem¬<lb/> ten, war in der Schnelligkeit und Tüchtigkeit ihrer Arbeiten kein<lb/> Unterschied.</p><lb/> <p xml:id="ID_10"> Die physiologische Erklärung liegt gewiß jedem Leser auf der<lb/> Hand, aber es dürfte vielleicht doch interessant sein, anzuführen,<lb/> was ein Franzose, Dr. Bujeon, über diese Erscheinung und zum<lb/> Preis und Ruhm der englischen Kost sagt. Obst und Gemüse<lb/> stillen den Hunger nur momentan, denn sie bieten der Verdauungs-<lb/> kraft wenig Stoff; sie machen den Blutlauf und den Herzschlag<lb/> langsamer, sie dämpfen die thierische Wärme und geben eine ge¬<lb/> wisse Empfindung innerlicher Frische, Im Uebermaaß genossen<lb/> sind sie gefährlich. Man sieht, daß dies für nordische Länder die<lb/> schlechteste Kost ist, tenn es versteht sich von selbst, daß man stets<lb/> das Klima berücksichtigen muß. Der Neapolitaner oder Andalusier<lb/> wird auch, wenn man ihm Roastbeef geben wollte, kein Herkules<lb/> werden, weil er's nicht vertragen, verdauen und auch nicht gou-<lb/> tiren wird. Auch möchten wir eben so wenig Beefsteak und Plum-<lb/> pudding als eine gute Vorbereitung für Kopfarbeiten empfehlen.<lb/> Die norddeutsche Philosophie z. B. könnte bei englischer Kost lange<lb/> nicht so abstract sein, als sie ist; im Gegentheil scheinen schwere<lb/> Schildkrötensuppen und Hammelökeulen einen gewissen orthodoxen<lb/> Optimismus zu begünstigen, während selbst Champagner und Au¬<lb/> stern, — die man so gern von manchen Seiten unsern Malcon¬<lb/> tenten vorwirft — die Himmelsstürmerischen Triebe nur befeuern.</p><lb/> <p xml:id="ID_11"> Die fetten Substanzen, Milch, Butter undOel schwächen<lb/> die Verdauungskraft und erzeugen jenes unnütze Embonpoint, wel¬<lb/> ches den Säuglingen und Weibern eigen ist und allerdings zu¬<lb/> weilen die Formen anmuthiger macht. Diese Formenfülle ist meist<lb/> mit einer lymphatischen Constitution verbunden, mit geistiger Schwer¬<lb/> fälligkeit und Apathie. Daher das holländische und flandrische<lb/> Phlegma, daher Pedanterie und Materialismus.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0008]
Aber auch später, als die Franzosen, von nationalem Wetteifer ge,
stachelt, den Engländern in jenen beiden Punkten gleichkamen, lei¬
steten sie in derselben Zeit und unter derselben Leitung nur zwei
Drittel von Dem, was die britischen Cyklopen zu Stande brachten.
Die englischen Ingenieure lächelten und sagten: Essed mit unsern
Landsleuten an Einem Tisch. Und merkwürdig, von dem Augen¬
blick an, wo die Franzosen sich zur Diät ihrer Mitarbeiter bequem¬
ten, war in der Schnelligkeit und Tüchtigkeit ihrer Arbeiten kein
Unterschied.
Die physiologische Erklärung liegt gewiß jedem Leser auf der
Hand, aber es dürfte vielleicht doch interessant sein, anzuführen,
was ein Franzose, Dr. Bujeon, über diese Erscheinung und zum
Preis und Ruhm der englischen Kost sagt. Obst und Gemüse
stillen den Hunger nur momentan, denn sie bieten der Verdauungs-
kraft wenig Stoff; sie machen den Blutlauf und den Herzschlag
langsamer, sie dämpfen die thierische Wärme und geben eine ge¬
wisse Empfindung innerlicher Frische, Im Uebermaaß genossen
sind sie gefährlich. Man sieht, daß dies für nordische Länder die
schlechteste Kost ist, tenn es versteht sich von selbst, daß man stets
das Klima berücksichtigen muß. Der Neapolitaner oder Andalusier
wird auch, wenn man ihm Roastbeef geben wollte, kein Herkules
werden, weil er's nicht vertragen, verdauen und auch nicht gou-
tiren wird. Auch möchten wir eben so wenig Beefsteak und Plum-
pudding als eine gute Vorbereitung für Kopfarbeiten empfehlen.
Die norddeutsche Philosophie z. B. könnte bei englischer Kost lange
nicht so abstract sein, als sie ist; im Gegentheil scheinen schwere
Schildkrötensuppen und Hammelökeulen einen gewissen orthodoxen
Optimismus zu begünstigen, während selbst Champagner und Au¬
stern, — die man so gern von manchen Seiten unsern Malcon¬
tenten vorwirft — die Himmelsstürmerischen Triebe nur befeuern.
Die fetten Substanzen, Milch, Butter undOel schwächen
die Verdauungskraft und erzeugen jenes unnütze Embonpoint, wel¬
ches den Säuglingen und Weibern eigen ist und allerdings zu¬
weilen die Formen anmuthiger macht. Diese Formenfülle ist meist
mit einer lymphatischen Constitution verbunden, mit geistiger Schwer¬
fälligkeit und Apathie. Daher das holländische und flandrische
Phlegma, daher Pedanterie und Materialismus.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |