Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.gewalt erheben können, er beherrscht die Natur nicht mit einem Theile Rauschet leis', ihr ernsten Bäume, Daß mein Herz in Andacht sei, Hüllet mir der Erde Saume, Laßt den co'gen Himmel frei. Auf den Zweigen sitzen Englein, Singen hell und singen klar; Blüthen spielen um die Wänglein Blätter um das goldne Haar. Sein Hang zur Naturreligion wird sogar sehr kleinlich-komisch ; Das Kirchlein ist der Brombeerstrauch, Das Dach von Blättern viel; (?) Kronleuchter drin und Bänkchen auch: Grasblüthe, Mooses Stiel. Und hell mit wunderbarem Klang Schlägt Glockenblümchen an, Goldkäfer schwingt den feinen Strang, Läuft emsig auf daran. Ein solches Spielen mit den Naturerscheinungen deutet immer aus Kindheit! Blindheit! Ueber Dinge, Deren Ringe Unter Harren Uns mit starren u. f. w. u. s. w. In den Gedichten, welche der Verfasser als "Kampf" zusammen¬ gewalt erheben können, er beherrscht die Natur nicht mit einem Theile Rauschet leis', ihr ernsten Bäume, Daß mein Herz in Andacht sei, Hüllet mir der Erde Saume, Laßt den co'gen Himmel frei. Auf den Zweigen sitzen Englein, Singen hell und singen klar; Blüthen spielen um die Wänglein Blätter um das goldne Haar. Sein Hang zur Naturreligion wird sogar sehr kleinlich-komisch ; Das Kirchlein ist der Brombeerstrauch, Das Dach von Blättern viel; (?) Kronleuchter drin und Bänkchen auch: Grasblüthe, Mooses Stiel. Und hell mit wunderbarem Klang Schlägt Glockenblümchen an, Goldkäfer schwingt den feinen Strang, Läuft emsig auf daran. Ein solches Spielen mit den Naturerscheinungen deutet immer aus Kindheit! Blindheit! Ueber Dinge, Deren Ringe Unter Harren Uns mit starren u. f. w. u. s. w. In den Gedichten, welche der Verfasser als „Kampf" zusammen¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0390" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182813"/> <p xml:id="ID_1107" prev="#ID_1106"> gewalt erheben können, er beherrscht die Natur nicht mit einem Theile<lb/> jener poetischen Kraft, welche wir an Goethe bewundern, er betet sie<lb/> mit romantischer Selbstäußerung wie ihr Sklave an:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_27" type="poem" next="#POEMID_28"> <l> Rauschet leis', ihr ernsten Bäume,<lb/> Daß mein Herz in Andacht sei,<lb/> Hüllet mir der Erde Saume,<lb/> Laßt den co'gen Himmel frei.</l> </lg><lb/> <lg xml:id="POEMID_28" prev="#POEMID_27" type="poem"> <l> Auf den Zweigen sitzen Englein,<lb/> Singen hell und singen klar;<lb/> Blüthen spielen um die Wänglein<lb/> Blätter um das goldne Haar.</l> </lg><lb/> <p xml:id="ID_1108"> Sein Hang zur Naturreligion wird sogar sehr kleinlich-komisch ;<lb/> z. B. in folgenden Versen:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_29" type="poem" next="#POEMID_30"> <l> Das Kirchlein ist der Brombeerstrauch,<lb/> Das Dach von Blättern viel; (?)<lb/> Kronleuchter drin und Bänkchen auch:<lb/> Grasblüthe, Mooses Stiel.</l> </lg><lb/> <lg xml:id="POEMID_30" prev="#POEMID_29" type="poem"> <l> Und hell mit wunderbarem Klang<lb/> Schlägt Glockenblümchen an,<lb/> Goldkäfer schwingt den feinen Strang,<lb/> Läuft emsig auf daran.</l> </lg><lb/> <p xml:id="ID_1109"> Ein solches Spielen mit den Naturerscheinungen deutet immer aus<lb/> einen Mangel an originaler Empfindung, auf eine poetische Schwäche<lb/> hin. Karl Meyer hat in dieser Beziehung sehr Großes geleistet, ob¬<lb/> gleich wir einzelne Lichtblicke bei ihm nicht verkennen; unser Verfasser<lb/> tritt den schwäbischen Mückenbeinchensänger mir noch mit Matthisson'schen<lb/> Elementen etwas in's Breite. Welch' unerträglich-prätentiös aufgeputzte<lb/> Spielerei ist es z. B., wenn er anfängt:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_31" type="poem"> <l> Kindheit!<lb/> Blindheit!<lb/> Ueber Dinge,<lb/> Deren Ringe<lb/> Unter Harren<lb/> Uns mit starren<lb/> u. f. w. u. s. w.</l> </lg><lb/> <p xml:id="ID_1110"> In den Gedichten, welche der Verfasser als „Kampf" zusammen¬<lb/> stellt, suchten wir vergebens nach den Kräften und dem Ziele seines<lb/> Kampfes, nach einem geistigen Mittelpunkte. Er singt von einem<lb/> Rosse, welches mit ihm durchgeht und schließt:</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0390]
gewalt erheben können, er beherrscht die Natur nicht mit einem Theile
jener poetischen Kraft, welche wir an Goethe bewundern, er betet sie
mit romantischer Selbstäußerung wie ihr Sklave an:
Rauschet leis', ihr ernsten Bäume,
Daß mein Herz in Andacht sei,
Hüllet mir der Erde Saume,
Laßt den co'gen Himmel frei.
Auf den Zweigen sitzen Englein,
Singen hell und singen klar;
Blüthen spielen um die Wänglein
Blätter um das goldne Haar.
Sein Hang zur Naturreligion wird sogar sehr kleinlich-komisch ;
z. B. in folgenden Versen:
Das Kirchlein ist der Brombeerstrauch,
Das Dach von Blättern viel; (?)
Kronleuchter drin und Bänkchen auch:
Grasblüthe, Mooses Stiel.
Und hell mit wunderbarem Klang
Schlägt Glockenblümchen an,
Goldkäfer schwingt den feinen Strang,
Läuft emsig auf daran.
Ein solches Spielen mit den Naturerscheinungen deutet immer aus
einen Mangel an originaler Empfindung, auf eine poetische Schwäche
hin. Karl Meyer hat in dieser Beziehung sehr Großes geleistet, ob¬
gleich wir einzelne Lichtblicke bei ihm nicht verkennen; unser Verfasser
tritt den schwäbischen Mückenbeinchensänger mir noch mit Matthisson'schen
Elementen etwas in's Breite. Welch' unerträglich-prätentiös aufgeputzte
Spielerei ist es z. B., wenn er anfängt:
Kindheit!
Blindheit!
Ueber Dinge,
Deren Ringe
Unter Harren
Uns mit starren
u. f. w. u. s. w.
In den Gedichten, welche der Verfasser als „Kampf" zusammen¬
stellt, suchten wir vergebens nach den Kräften und dem Ziele seines
Kampfes, nach einem geistigen Mittelpunkte. Er singt von einem
Rosse, welches mit ihm durchgeht und schließt:
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