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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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tisch halten, kann leicht von diesen competenten Richtern ausgelacht wer¬
den. Man erzählt sich hier viele interessante Geschichten und hübsche
Worte von Ibrahim Pascha, die bald vor dem Grabe Napoleons, bald
vor gewissen Gemälden im Museum ausgesprochen worden sein sollen
und die, wie ich sehe, deutsche Zeitungen gewissenhaft nacherzählen. Ich
versichere Ihnen, daß mehr als die Hälfte erfunden ist. Der gute Pascha
sieht auch gar nicht darnach aus, als ob er Bon-mots machen könnte.
Er wohnt im Palaste Elisve Bourbon, in den elisaischen Feldern, in
demselben Hause, das Napoleon nach seiner Rückkehr aus Elba bewohnte.
Unweit diesem Hause sah er auch der Ernennung der Offiziere für die
Nationalgarde zu. Bei dieser Gelegenheit wurde' ihm zart aufmerksam
sein ehemaliges Schlachtroß vorgeführt, das als Geschenk in früheren
Jahren nach Paris gekommen ist. Es gab eine rührende, wahrhaft
ifflandische Erkennungsscene.

An Alexander Dumas' Theater, dem Theater Montpensier wird am
Boulevard du Temple fleißig gebaut. Es wird eigentlich nicht dem Dich¬
ter, sondern einem Privaten gehören, für den Dumas durch den Her¬
zog von Montpensier die Concession auswirkte. Man ärgert sich sehr
über dieses Protectionswcsen und mit Recht! Es gibt Theater genug in
Paris, wozu noch die Concurrenz steigern und die Directoren zwingen,
zu äußern Reizmitteln ihre Zuflucht zu nehmen und auf diese Weise die
dramatische Kunst noch mehr herabwürdigen? -- Warum unterstützt man
nicht lieber das verdienstvolle, einsame Odeon im Quartier latin, das in
den letzten Zügen liegt? -- Warum reorganisirt man nicht das Theater
frau^ais, das in dem jetzigen schlechten Zustande, mit den veralteten In¬
stitutionen unfehlbar zu Grunde gehen muß und gewiß schon zu Grunde
gegangen wäre, wenn es nicht die Rachel noch aufrecht hielte, denn es
hat unter allen pariser Theatern die schlechtesten Mitglieder. Es ist wun¬
derbar, wie lange die Begeisterung der sonst so neuigkeitslustigen Pariser
für dieses geniale Mädchen aushält. Noch immer, so oft sie spielt, und
sei es im allerschlechtestcn Stücke, ist das Theater belagert, werden die
Eassen schon viele Tage vorher bestürmt. Sie verdient sie aber auch
diese Begeisterung, wenn sie ein Schauspieler je verdient hat. Doch dar¬
über ist nicht mehr zu sprechen.

Zwei hübsche Züge schriftstellerischer Freigebigkeit sind in den letzten
zwei Wochen vorgekommen. Alexander Dumas, der nichts weniger als
ein Fourierist ist, hö^ von einem armen Teufel, der, für den Fourieris-
mus begeistert, im Lande umherzieht und seinen Glauben predigt und
durch Brochüren zu verbreiten sucht. Damit nun dieser arme, etwas
dumme Teufel, seinem Apostelthume sorgenlos leben könne, setzt ihm
Dumas eine jährliche Rente von 120" Fras. aus. Eugene Sue hört,
daß A. Weilt ein voluminöses Werk über den deutschen Bauernkrieg
schreibt und weiß, daß A. Weilt kein Crösus unter den Schriftstellern ist.
Sogleich bietet er ihm in einem überaus zarten Briefe die Verlagskosten
an, und da A. Weilt dankt, kommt Eugene Sue wie ein Supplicant zum
"weiten Male. Aber A. Weilt hat mittlerweile einen Verleger gefunden.


Grenzboten, ISiO. U. 40

tisch halten, kann leicht von diesen competenten Richtern ausgelacht wer¬
den. Man erzählt sich hier viele interessante Geschichten und hübsche
Worte von Ibrahim Pascha, die bald vor dem Grabe Napoleons, bald
vor gewissen Gemälden im Museum ausgesprochen worden sein sollen
und die, wie ich sehe, deutsche Zeitungen gewissenhaft nacherzählen. Ich
versichere Ihnen, daß mehr als die Hälfte erfunden ist. Der gute Pascha
sieht auch gar nicht darnach aus, als ob er Bon-mots machen könnte.
Er wohnt im Palaste Elisve Bourbon, in den elisaischen Feldern, in
demselben Hause, das Napoleon nach seiner Rückkehr aus Elba bewohnte.
Unweit diesem Hause sah er auch der Ernennung der Offiziere für die
Nationalgarde zu. Bei dieser Gelegenheit wurde' ihm zart aufmerksam
sein ehemaliges Schlachtroß vorgeführt, das als Geschenk in früheren
Jahren nach Paris gekommen ist. Es gab eine rührende, wahrhaft
ifflandische Erkennungsscene.

An Alexander Dumas' Theater, dem Theater Montpensier wird am
Boulevard du Temple fleißig gebaut. Es wird eigentlich nicht dem Dich¬
ter, sondern einem Privaten gehören, für den Dumas durch den Her¬
zog von Montpensier die Concession auswirkte. Man ärgert sich sehr
über dieses Protectionswcsen und mit Recht! Es gibt Theater genug in
Paris, wozu noch die Concurrenz steigern und die Directoren zwingen,
zu äußern Reizmitteln ihre Zuflucht zu nehmen und auf diese Weise die
dramatische Kunst noch mehr herabwürdigen? — Warum unterstützt man
nicht lieber das verdienstvolle, einsame Odeon im Quartier latin, das in
den letzten Zügen liegt? — Warum reorganisirt man nicht das Theater
frau^ais, das in dem jetzigen schlechten Zustande, mit den veralteten In¬
stitutionen unfehlbar zu Grunde gehen muß und gewiß schon zu Grunde
gegangen wäre, wenn es nicht die Rachel noch aufrecht hielte, denn es
hat unter allen pariser Theatern die schlechtesten Mitglieder. Es ist wun¬
derbar, wie lange die Begeisterung der sonst so neuigkeitslustigen Pariser
für dieses geniale Mädchen aushält. Noch immer, so oft sie spielt, und
sei es im allerschlechtestcn Stücke, ist das Theater belagert, werden die
Eassen schon viele Tage vorher bestürmt. Sie verdient sie aber auch
diese Begeisterung, wenn sie ein Schauspieler je verdient hat. Doch dar¬
über ist nicht mehr zu sprechen.

Zwei hübsche Züge schriftstellerischer Freigebigkeit sind in den letzten
zwei Wochen vorgekommen. Alexander Dumas, der nichts weniger als
ein Fourierist ist, hö^ von einem armen Teufel, der, für den Fourieris-
mus begeistert, im Lande umherzieht und seinen Glauben predigt und
durch Brochüren zu verbreiten sucht. Damit nun dieser arme, etwas
dumme Teufel, seinem Apostelthume sorgenlos leben könne, setzt ihm
Dumas eine jährliche Rente von 120» Fras. aus. Eugene Sue hört,
daß A. Weilt ein voluminöses Werk über den deutschen Bauernkrieg
schreibt und weiß, daß A. Weilt kein Crösus unter den Schriftstellern ist.
Sogleich bietet er ihm in einem überaus zarten Briefe die Verlagskosten
an, und da A. Weilt dankt, kommt Eugene Sue wie ein Supplicant zum
»weiten Male. Aber A. Weilt hat mittlerweile einen Verleger gefunden.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/321>, abgerufen am 24.11.2024.