Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.Was thut Oesterreich vor Allem noth? Ein Räthsel scheint es wohl, daß Deutschlands Publicum seit Viel Lärm um nichts machte seiner Zeit das Büchlein: "Oester¬ Was thut Oesterreich vor Allem noth? Ein Räthsel scheint es wohl, daß Deutschlands Publicum seit Viel Lärm um nichts machte seiner Zeit das Büchlein: „Oester¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0247" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/182670"/> </div> <div n="1"> <head> Was thut Oesterreich vor Allem noth?</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_690"> Ein Räthsel scheint es wohl, daß Deutschlands Publicum seit<lb/> Jahren in zahllosen Pamphlets der wunderlichsten Titel, von Oester¬<lb/> reichs Zuständen unterhalten wird, und doch aus keinem die volle<lb/> Wahrheit zu lesen bekommt. Wenn des Räthsels Lösung sich zum Theile<lb/> in dem Wunsche der Scribenten finden mag, ein Büchelchen mit ge¬<lb/> würzten, Titel möglichst schnell fertig zu bringen, und das Honorar in<lb/> n»88<> zu vollziehen, ehe ein gleich beseelter Concurrent, sein Tage¬<lb/> werk zu Markte bringt, — ein Wunsch, der den großen Pam-<lb/> Phletisten Schirnding, der für Reclam engagirt gewesen, aus¬<lb/> schließend beseelte — so muß es doch befremden, daß sich noch keine<lb/> Feder gefunden, uneigennützig und unparteiisch genug, um neben dem<lb/> Tadel des Tadlenswerthcn, des Guten und Musterhaften nicht zu<lb/> vergessen, dessen sich Oesterreich erfreuet, oder doch erfreuen könnte,<lb/> wären jene Uebelstände gemildert.</p><lb/> <p xml:id="ID_691" next="#ID_692"> Viel Lärm um nichts machte seiner Zeit das Büchlein: „Oester¬<lb/> reich und seine Zukunft." Die Negierung bemühte sich, doch ohne Er¬<lb/> folg, ,im Erforschung des Verfassers, vielleicht wesentlich deshalb, weil<lb/> man denselben für einen Sprossen hoher Adelsfamilie hielt, während<lb/> vielleicht doch nur eine plebejische Feder im Wappenkleid Versteckens<lb/> gespielt hat, auch ist dies Buch das gehaltvollste, das uns geboten<lb/> worden, doch wird darin durchweg arg geschimpft, und an Oester¬<lb/> reichs Institutionen kein gutes Haar gelassen. Der Verfasser gefiel<lb/> sich darin, Oesterreichs Zukunft Grau in Grau, ja todtes Schwarz zu<lb/> malen, er trug absichtlich so stark auf, um sich dann durch seine Bes-<lb/> serungs- und Heilungsvorfchlägc zum allwillkommenen Retter des<lb/> Vaterlandes zu machen; während er sich, bei diesen Vorschlägen an-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0247]
Was thut Oesterreich vor Allem noth?
Ein Räthsel scheint es wohl, daß Deutschlands Publicum seit
Jahren in zahllosen Pamphlets der wunderlichsten Titel, von Oester¬
reichs Zuständen unterhalten wird, und doch aus keinem die volle
Wahrheit zu lesen bekommt. Wenn des Räthsels Lösung sich zum Theile
in dem Wunsche der Scribenten finden mag, ein Büchelchen mit ge¬
würzten, Titel möglichst schnell fertig zu bringen, und das Honorar in
n»88<> zu vollziehen, ehe ein gleich beseelter Concurrent, sein Tage¬
werk zu Markte bringt, — ein Wunsch, der den großen Pam-
Phletisten Schirnding, der für Reclam engagirt gewesen, aus¬
schließend beseelte — so muß es doch befremden, daß sich noch keine
Feder gefunden, uneigennützig und unparteiisch genug, um neben dem
Tadel des Tadlenswerthcn, des Guten und Musterhaften nicht zu
vergessen, dessen sich Oesterreich erfreuet, oder doch erfreuen könnte,
wären jene Uebelstände gemildert.
Viel Lärm um nichts machte seiner Zeit das Büchlein: „Oester¬
reich und seine Zukunft." Die Negierung bemühte sich, doch ohne Er¬
folg, ,im Erforschung des Verfassers, vielleicht wesentlich deshalb, weil
man denselben für einen Sprossen hoher Adelsfamilie hielt, während
vielleicht doch nur eine plebejische Feder im Wappenkleid Versteckens
gespielt hat, auch ist dies Buch das gehaltvollste, das uns geboten
worden, doch wird darin durchweg arg geschimpft, und an Oester¬
reichs Institutionen kein gutes Haar gelassen. Der Verfasser gefiel
sich darin, Oesterreichs Zukunft Grau in Grau, ja todtes Schwarz zu
malen, er trug absichtlich so stark auf, um sich dann durch seine Bes-
serungs- und Heilungsvorfchlägc zum allwillkommenen Retter des
Vaterlandes zu machen; während er sich, bei diesen Vorschlägen an-
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