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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band.

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Die Sterne von Orleans. -- Kämmerer oder Kammerherr.
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Ja, es geschehen noch Wunder und größere als je! Als die Mol¬
dauschiffer vor vierhundert Jahren den Leichnam des heiligen Johannes
von Nepomuck aus dem Flusse zogen, da schwebten fünf Sternlein um
sein Haupt. Ueber dem Haupte Louis Philipps aber schweben bereits
acht Sterne und selbst die ungläubigsten Heiligenläugner der oll-lito ve"
ritt- konnten sehen, wie acht Mal hinter einander ein guter Stern ihn
rettete. Sogar die Hciligensprechung blieb nicht aus. Nach je!em
Mordversuch stieg er als Märtyrer in der öffentlichen Meinung um ei¬
nen Himmel höher und folgerichtig befindet er sich bereits nicht blos im
siebenten Himmel, sondern sogar im achten. In der That, nichts hat
so viel dazu beigetragen, den Julithron zu befestigen, als die Versuche,
ihn zu erschüttern, nichts Hut den Julikönig beliebter gemacht, als der
Haß gegen ihn. Dieser Friedenskönig wäre vielleicht der Contrere-
volution der phantastischen Republicaner und der eroberungphantasi-
renden Napoleonisten erlegen, wenn ihm nicht seine guten Sterne ein
Paar schändliche Meuchelmörder auf den Hals geschickt hätten. Ein je¬
der dieser sieben Mörder hat den Julithron um einen Pfeiler fester ge¬
macht und wer das jetzige Frankreich in der Nahe gesehen, fragt sich un¬
willkürlich' wozu war noch dieser achte nöthig?

-- Da macht sich ein Herr von Bücky in Wien mit Erklärungen in
allen Zeitungen wichtig, daß er die "Würde" eines Kämmerers und
nicht die "Stelle" eines Kammerherrn erhalten habe. Wir möchten die¬
sen Herrn in seiner Privatpassion, die ihm erschrecklich theuere Jnserations-
gebühren kosten muß, nicht im Mindesten stören, wenn diese Erklärungen
(die ein Herr von Bülow unterzeichnet) nicht immer mit den Worten
beginnen würden! die Grenzboten brachten einen Artikel, Advocat Bücky,
in der Times :c. in- Herr von Bücky behauptet, jenem Artikel (der Ti¬
mes) läge irgend eine Böswilligkeit zu Grunde, seine Gegenerklärung ist
aber so schlecht stylisirt, daß der Leser glauben muß, diese Böswilligkeit
falle den Grenzboten zur Last. Wir können aber Herrn von Bücky die
Versicherung geben, daß seine werthe Person uns vollkommen gleichgül¬
tig ist. Wir beachten den Artikel der Times als ein Curiosum, weil es
nicht alltäglich ist, daß ein bisher obscurer junger Mann plötzlich eine
Art Merkwürdigkeit wird. Herr von Bücky scheint über seine junge Be^
rühmtheit selber noch ganz erstaunt und es wird in der Form von Er¬
klärungen der Welt Gelegenheit gegeben, zu bemerken, daß sogar die Ti¬
mes sich mit seiner wichtigen Person beschäftigt. Dies Vergnügen gön¬
nen wir Herrn von Bücky gern, nur bitten wir, uns dabei aus dem
Spiele zu lassen und sich Jemand anzuschaffen, der die Gegenerklärung
faßlicher stylisirt. Bei der bedeutenden Summe, welche diese Inserate ko¬
sten, kann es auf eine solche Kleinigkeit mehr nicht ankommen.




Verlag von Fr. Ludw. Herbig. -- Redacteur I. Kuranda.
Druck von Friedrich Andrä.
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N otize ».
Die Sterne von Orleans. — Kämmerer oder Kammerherr.
'

Ja, es geschehen noch Wunder und größere als je! Als die Mol¬
dauschiffer vor vierhundert Jahren den Leichnam des heiligen Johannes
von Nepomuck aus dem Flusse zogen, da schwebten fünf Sternlein um
sein Haupt. Ueber dem Haupte Louis Philipps aber schweben bereits
acht Sterne und selbst die ungläubigsten Heiligenläugner der oll-lito ve»
ritt- konnten sehen, wie acht Mal hinter einander ein guter Stern ihn
rettete. Sogar die Hciligensprechung blieb nicht aus. Nach je!em
Mordversuch stieg er als Märtyrer in der öffentlichen Meinung um ei¬
nen Himmel höher und folgerichtig befindet er sich bereits nicht blos im
siebenten Himmel, sondern sogar im achten. In der That, nichts hat
so viel dazu beigetragen, den Julithron zu befestigen, als die Versuche,
ihn zu erschüttern, nichts Hut den Julikönig beliebter gemacht, als der
Haß gegen ihn. Dieser Friedenskönig wäre vielleicht der Contrere-
volution der phantastischen Republicaner und der eroberungphantasi-
renden Napoleonisten erlegen, wenn ihm nicht seine guten Sterne ein
Paar schändliche Meuchelmörder auf den Hals geschickt hätten. Ein je¬
der dieser sieben Mörder hat den Julithron um einen Pfeiler fester ge¬
macht und wer das jetzige Frankreich in der Nahe gesehen, fragt sich un¬
willkürlich' wozu war noch dieser achte nöthig?

— Da macht sich ein Herr von Bücky in Wien mit Erklärungen in
allen Zeitungen wichtig, daß er die „Würde" eines Kämmerers und
nicht die „Stelle" eines Kammerherrn erhalten habe. Wir möchten die¬
sen Herrn in seiner Privatpassion, die ihm erschrecklich theuere Jnserations-
gebühren kosten muß, nicht im Mindesten stören, wenn diese Erklärungen
(die ein Herr von Bülow unterzeichnet) nicht immer mit den Worten
beginnen würden! die Grenzboten brachten einen Artikel, Advocat Bücky,
in der Times :c. in- Herr von Bücky behauptet, jenem Artikel (der Ti¬
mes) läge irgend eine Böswilligkeit zu Grunde, seine Gegenerklärung ist
aber so schlecht stylisirt, daß der Leser glauben muß, diese Böswilligkeit
falle den Grenzboten zur Last. Wir können aber Herrn von Bücky die
Versicherung geben, daß seine werthe Person uns vollkommen gleichgül¬
tig ist. Wir beachten den Artikel der Times als ein Curiosum, weil es
nicht alltäglich ist, daß ein bisher obscurer junger Mann plötzlich eine
Art Merkwürdigkeit wird. Herr von Bücky scheint über seine junge Be^
rühmtheit selber noch ganz erstaunt und es wird in der Form von Er¬
klärungen der Welt Gelegenheit gegeben, zu bemerken, daß sogar die Ti¬
mes sich mit seiner wichtigen Person beschäftigt. Dies Vergnügen gön¬
nen wir Herrn von Bücky gern, nur bitten wir, uns dabei aus dem
Spiele zu lassen und sich Jemand anzuschaffen, der die Gegenerklärung
faßlicher stylisirt. Bei der bedeutenden Summe, welche diese Inserate ko¬
sten, kann es auf eine solche Kleinigkeit mehr nicht ankommen.




Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda.
Druck von Friedrich Andrä.
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[0188] III N otize ». Die Sterne von Orleans. — Kämmerer oder Kammerherr. ' Ja, es geschehen noch Wunder und größere als je! Als die Mol¬ dauschiffer vor vierhundert Jahren den Leichnam des heiligen Johannes von Nepomuck aus dem Flusse zogen, da schwebten fünf Sternlein um sein Haupt. Ueber dem Haupte Louis Philipps aber schweben bereits acht Sterne und selbst die ungläubigsten Heiligenläugner der oll-lito ve» ritt- konnten sehen, wie acht Mal hinter einander ein guter Stern ihn rettete. Sogar die Hciligensprechung blieb nicht aus. Nach je!em Mordversuch stieg er als Märtyrer in der öffentlichen Meinung um ei¬ nen Himmel höher und folgerichtig befindet er sich bereits nicht blos im siebenten Himmel, sondern sogar im achten. In der That, nichts hat so viel dazu beigetragen, den Julithron zu befestigen, als die Versuche, ihn zu erschüttern, nichts Hut den Julikönig beliebter gemacht, als der Haß gegen ihn. Dieser Friedenskönig wäre vielleicht der Contrere- volution der phantastischen Republicaner und der eroberungphantasi- renden Napoleonisten erlegen, wenn ihm nicht seine guten Sterne ein Paar schändliche Meuchelmörder auf den Hals geschickt hätten. Ein je¬ der dieser sieben Mörder hat den Julithron um einen Pfeiler fester ge¬ macht und wer das jetzige Frankreich in der Nahe gesehen, fragt sich un¬ willkürlich' wozu war noch dieser achte nöthig? — Da macht sich ein Herr von Bücky in Wien mit Erklärungen in allen Zeitungen wichtig, daß er die „Würde" eines Kämmerers und nicht die „Stelle" eines Kammerherrn erhalten habe. Wir möchten die¬ sen Herrn in seiner Privatpassion, die ihm erschrecklich theuere Jnserations- gebühren kosten muß, nicht im Mindesten stören, wenn diese Erklärungen (die ein Herr von Bülow unterzeichnet) nicht immer mit den Worten beginnen würden! die Grenzboten brachten einen Artikel, Advocat Bücky, in der Times :c. in- Herr von Bücky behauptet, jenem Artikel (der Ti¬ mes) läge irgend eine Böswilligkeit zu Grunde, seine Gegenerklärung ist aber so schlecht stylisirt, daß der Leser glauben muß, diese Böswilligkeit falle den Grenzboten zur Last. Wir können aber Herrn von Bücky die Versicherung geben, daß seine werthe Person uns vollkommen gleichgül¬ tig ist. Wir beachten den Artikel der Times als ein Curiosum, weil es nicht alltäglich ist, daß ein bisher obscurer junger Mann plötzlich eine Art Merkwürdigkeit wird. Herr von Bücky scheint über seine junge Be^ rühmtheit selber noch ganz erstaunt und es wird in der Form von Er¬ klärungen der Welt Gelegenheit gegeben, zu bemerken, daß sogar die Ti¬ mes sich mit seiner wichtigen Person beschäftigt. Dies Vergnügen gön¬ nen wir Herrn von Bücky gern, nur bitten wir, uns dabei aus dem Spiele zu lassen und sich Jemand anzuschaffen, der die Gegenerklärung faßlicher stylisirt. Bei der bedeutenden Summe, welche diese Inserate ko¬ sten, kann es auf eine solche Kleinigkeit mehr nicht ankommen. Verlag von Fr. Ludw. Herbig. — Redacteur I. Kuranda. Druck von Friedrich Andrä.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_365120/188>, abgerufen am 24.11.2024.