Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.gänger wünscht dir baldige Besserung und den Herren Baukünstlern, Die innere Stadt wird täglich beengter. Zeuge dessen ist das Allein wer ist diese fürchterliche, rigorose Behörde? was will und Sie betrachtet Wien fortwährend als Festung, ihr Beruf ist, dar¬ gänger wünscht dir baldige Besserung und den Herren Baukünstlern, Die innere Stadt wird täglich beengter. Zeuge dessen ist das Allein wer ist diese fürchterliche, rigorose Behörde? was will und Sie betrachtet Wien fortwährend als Festung, ihr Beruf ist, dar¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0544" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183565"/> <p xml:id="ID_1617" prev="#ID_1616"> gänger wünscht dir baldige Besserung und den Herren Baukünstlern,<lb/> welche jetzt an dir ihre gothischen Studien machen, nur ein Atom<lb/> des hehren Geistes, welcher deinen ursprünglichen Verfertiger beseelte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1618"> Die innere Stadt wird täglich beengter. Zeuge dessen ist das<lb/> unabsehbare Wagengewirre in allen Straßen, das Gedränge der Fu߬<lb/> geher, der hohe, unerschwingliche Miethzins. Es wäre unter solche»<lb/> Umständen sehr angezeigt, die Stadtmauer hinauszurücken und von<lb/> dem Glacis irgend ein Stück abzuschneiden, um der wachsenden Be¬<lb/> völkerung hinlänglichen Raum zu ihrer eigenen und ihrer Geschäfte<lb/> Unterkunft zu bieten. Es wäre dies eine wahrhafte Wohlthat zu nen¬<lb/> nen und an den nöthigen Geldmitteln würde es keinesfalls mangeln.<lb/> Denn mau gebe irgend Jemandem die erforderliche Bewilligung zur<lb/> Hand, und wenn er selbst kein Capitalist wäre, so möchten ihm binnen<lb/> kürzester Frist Millionen zur Realisirung seines Projects zur Verfügung<lb/> gestellt werden. Die Speculation bliebe sicher nicht müßig, um ihm<lb/> unter die Arme zu greifen. Allein woran scheitert jeder Versuch dieser<lb/> Art? Wo steckt die Ursache, daß kein Unternehmensich Rechnung<lb/> machen darf mit einem so gemeinnützigen Projekte durchzudringen?<lb/> In dem sonderbaren Jrrgewinde des österreichischen Geschäftsganges.<lb/> Da gibt es fo viele Unterbehörden, die nicht den Muth haben, ein<lb/> Wörtchen der Anregung fallen zu lassen, und so viele Oberbehörden,<lb/> welche dies den untern überlassen zu müssen glauben, jedenfalls aber<lb/> verpflichtet sind, sie um ihre Meinung zu befragen. Bei diesen An¬<lb/> lässen kreuzen sich denn ihre Ansichten oft auf das Wundersamste.<lb/> Was der Magistrat will, ist nicht selten der Negierung, d. h. der<lb/> niederösterreichischen Provinzialregierung unangenehm, und hegen sie<lb/> vielleicht bei diesem oder jenem StadtverschönerungSplane eine überein¬<lb/> stimmende Meinung, so findet sich gar leicht ein drittes oder viertes<lb/> Departement, wo das Gegentheil behauptet wird, so daß der Plan<lb/> bereits im Mutterschooße der collegialen Berathungen abstirbt. Kom¬<lb/> men nun gar Rücksichten ans die Basteien und das Glacis in'S Spiel,<lb/> so muß die FortisicationSbehörde ihr Votum abgeben und dieses lautet<lb/> meistens verneinend.</p><lb/> <p xml:id="ID_1619"> Allein wer ist diese fürchterliche, rigorose Behörde? was will und<lb/> was will sie nicht?</p><lb/> <p xml:id="ID_1620" next="#ID_1621"> Sie betrachtet Wien fortwährend als Festung, ihr Beruf ist, dar¬<lb/> über zu wachen, daß es den Charakter der Wehrhaftigkeit und Ver¬<lb/> theidigungsfähigkeit nicht ganz einbüße, und wiewohl es keinem halb¬<lb/> wegs gebildeten Taktiker einfallen wird/zu behaupten, daß es sich nur</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0544]
gänger wünscht dir baldige Besserung und den Herren Baukünstlern,
welche jetzt an dir ihre gothischen Studien machen, nur ein Atom
des hehren Geistes, welcher deinen ursprünglichen Verfertiger beseelte.
Die innere Stadt wird täglich beengter. Zeuge dessen ist das
unabsehbare Wagengewirre in allen Straßen, das Gedränge der Fu߬
geher, der hohe, unerschwingliche Miethzins. Es wäre unter solche»
Umständen sehr angezeigt, die Stadtmauer hinauszurücken und von
dem Glacis irgend ein Stück abzuschneiden, um der wachsenden Be¬
völkerung hinlänglichen Raum zu ihrer eigenen und ihrer Geschäfte
Unterkunft zu bieten. Es wäre dies eine wahrhafte Wohlthat zu nen¬
nen und an den nöthigen Geldmitteln würde es keinesfalls mangeln.
Denn mau gebe irgend Jemandem die erforderliche Bewilligung zur
Hand, und wenn er selbst kein Capitalist wäre, so möchten ihm binnen
kürzester Frist Millionen zur Realisirung seines Projects zur Verfügung
gestellt werden. Die Speculation bliebe sicher nicht müßig, um ihm
unter die Arme zu greifen. Allein woran scheitert jeder Versuch dieser
Art? Wo steckt die Ursache, daß kein Unternehmensich Rechnung
machen darf mit einem so gemeinnützigen Projekte durchzudringen?
In dem sonderbaren Jrrgewinde des österreichischen Geschäftsganges.
Da gibt es fo viele Unterbehörden, die nicht den Muth haben, ein
Wörtchen der Anregung fallen zu lassen, und so viele Oberbehörden,
welche dies den untern überlassen zu müssen glauben, jedenfalls aber
verpflichtet sind, sie um ihre Meinung zu befragen. Bei diesen An¬
lässen kreuzen sich denn ihre Ansichten oft auf das Wundersamste.
Was der Magistrat will, ist nicht selten der Negierung, d. h. der
niederösterreichischen Provinzialregierung unangenehm, und hegen sie
vielleicht bei diesem oder jenem StadtverschönerungSplane eine überein¬
stimmende Meinung, so findet sich gar leicht ein drittes oder viertes
Departement, wo das Gegentheil behauptet wird, so daß der Plan
bereits im Mutterschooße der collegialen Berathungen abstirbt. Kom¬
men nun gar Rücksichten ans die Basteien und das Glacis in'S Spiel,
so muß die FortisicationSbehörde ihr Votum abgeben und dieses lautet
meistens verneinend.
Allein wer ist diese fürchterliche, rigorose Behörde? was will und
was will sie nicht?
Sie betrachtet Wien fortwährend als Festung, ihr Beruf ist, dar¬
über zu wachen, daß es den Charakter der Wehrhaftigkeit und Ver¬
theidigungsfähigkeit nicht ganz einbüße, und wiewohl es keinem halb¬
wegs gebildeten Taktiker einfallen wird/zu behaupten, daß es sich nur
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |