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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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auch von der Prinzessin beobachtet. Die Prinzessin Adelaide ist eine
große Liebhaberin von Reisen, die sie jedoch nicht gern ohne ihren
Bruder unternimmt; denn fern von ihm schwebt sie in einer bestän¬
digen, durch die vielen auf den König versuchten Mordanfälle nur zu
sehr gerechtfertigten Unruhe. Schloß Randan ist, wie wir schon oben
erzählr haben, der Lieblingsaufenthalt der Prinzessin, die große Ent¬
fernung von der Hauptstadt (I0V Stunden) machte jedoch seither häu¬
fige Besuche unmöglich, bis daß jetzt endlich auch für diese Strecke
Aussicht auf eine Eisenbahn ist.

Der Herzog von Nemours besitzt tüchtige Kenntnisse und wid¬
met Allem, was sein erlauchter Vater seinem Studium oder seiner
Besorgung anvertraut, einen besondern Eifer. Er hat einen gewissen
Ernst, eine Würde in seiner ganzen äußeren Erscheinung, so daß man
ihn auf den ersten Anblick für stolz halten könnte, eine Meinung, die
aber bei näherer Bekanntschaft verschwindet. Der Herzog von Ne¬
mours gewinnt ungemein, wenn man ihn genauer kennen lernt, und
man überzeugt sich, daß er ein Mann von edlen Gesinnungen, von
liberalen Ansichten ist, Ehrfurcht vor den politischen Institutionen
Frankreichs hegt und Geschmack an Wissenschaft und Kunst besitzt.

Der Prinz von Joinville hat etwas Einfaches in seinem
Wesen, das an den trefflichen Herzog von Orleans, seinen Bruder,
erinnert. Seine gründliche Bildung und sein ehrenwerther Charakter
sichern ihm Jedermanns Achtung. Er ist von schöner Gestalt, hat
ein männliches und edles Gesicht und etwas Ritterliches und Krie¬
gerisches in seinem Wesen, wodurch er beim Volke der beliebteste unter
den noch lebenden Prinzen des Hauses Orleans ist. Auch die Her¬
zöge von Anmale und von Montpensier sind junge Leute von
tüchtiger wissenschaftlicher und militärischer Bildung. Alle vier Brü¬
der leben in der innigsten Freundschaft mit einander und auch die
Verheirathung der drei ältesten unter ihnen hat keine Veränderung
in ihren herzlichen Verhältnissen eintreten lassen. Mit vielen ihrer
ehemaligen Schulkameraden und Spielgenossen stehen sie noch immer
in Verbindung und sehen dieselben gern bei sich.




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auch von der Prinzessin beobachtet. Die Prinzessin Adelaide ist eine
große Liebhaberin von Reisen, die sie jedoch nicht gern ohne ihren
Bruder unternimmt; denn fern von ihm schwebt sie in einer bestän¬
digen, durch die vielen auf den König versuchten Mordanfälle nur zu
sehr gerechtfertigten Unruhe. Schloß Randan ist, wie wir schon oben
erzählr haben, der Lieblingsaufenthalt der Prinzessin, die große Ent¬
fernung von der Hauptstadt (I0V Stunden) machte jedoch seither häu¬
fige Besuche unmöglich, bis daß jetzt endlich auch für diese Strecke
Aussicht auf eine Eisenbahn ist.

Der Herzog von Nemours besitzt tüchtige Kenntnisse und wid¬
met Allem, was sein erlauchter Vater seinem Studium oder seiner
Besorgung anvertraut, einen besondern Eifer. Er hat einen gewissen
Ernst, eine Würde in seiner ganzen äußeren Erscheinung, so daß man
ihn auf den ersten Anblick für stolz halten könnte, eine Meinung, die
aber bei näherer Bekanntschaft verschwindet. Der Herzog von Ne¬
mours gewinnt ungemein, wenn man ihn genauer kennen lernt, und
man überzeugt sich, daß er ein Mann von edlen Gesinnungen, von
liberalen Ansichten ist, Ehrfurcht vor den politischen Institutionen
Frankreichs hegt und Geschmack an Wissenschaft und Kunst besitzt.

Der Prinz von Joinville hat etwas Einfaches in seinem
Wesen, das an den trefflichen Herzog von Orleans, seinen Bruder,
erinnert. Seine gründliche Bildung und sein ehrenwerther Charakter
sichern ihm Jedermanns Achtung. Er ist von schöner Gestalt, hat
ein männliches und edles Gesicht und etwas Ritterliches und Krie¬
gerisches in seinem Wesen, wodurch er beim Volke der beliebteste unter
den noch lebenden Prinzen des Hauses Orleans ist. Auch die Her¬
zöge von Anmale und von Montpensier sind junge Leute von
tüchtiger wissenschaftlicher und militärischer Bildung. Alle vier Brü¬
der leben in der innigsten Freundschaft mit einander und auch die
Verheirathung der drei ältesten unter ihnen hat keine Veränderung
in ihren herzlichen Verhältnissen eintreten lassen. Mit vielen ihrer
ehemaligen Schulkameraden und Spielgenossen stehen sie noch immer
in Verbindung und sehen dieselben gern bei sich.




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[0535] auch von der Prinzessin beobachtet. Die Prinzessin Adelaide ist eine große Liebhaberin von Reisen, die sie jedoch nicht gern ohne ihren Bruder unternimmt; denn fern von ihm schwebt sie in einer bestän¬ digen, durch die vielen auf den König versuchten Mordanfälle nur zu sehr gerechtfertigten Unruhe. Schloß Randan ist, wie wir schon oben erzählr haben, der Lieblingsaufenthalt der Prinzessin, die große Ent¬ fernung von der Hauptstadt (I0V Stunden) machte jedoch seither häu¬ fige Besuche unmöglich, bis daß jetzt endlich auch für diese Strecke Aussicht auf eine Eisenbahn ist. Der Herzog von Nemours besitzt tüchtige Kenntnisse und wid¬ met Allem, was sein erlauchter Vater seinem Studium oder seiner Besorgung anvertraut, einen besondern Eifer. Er hat einen gewissen Ernst, eine Würde in seiner ganzen äußeren Erscheinung, so daß man ihn auf den ersten Anblick für stolz halten könnte, eine Meinung, die aber bei näherer Bekanntschaft verschwindet. Der Herzog von Ne¬ mours gewinnt ungemein, wenn man ihn genauer kennen lernt, und man überzeugt sich, daß er ein Mann von edlen Gesinnungen, von liberalen Ansichten ist, Ehrfurcht vor den politischen Institutionen Frankreichs hegt und Geschmack an Wissenschaft und Kunst besitzt. Der Prinz von Joinville hat etwas Einfaches in seinem Wesen, das an den trefflichen Herzog von Orleans, seinen Bruder, erinnert. Seine gründliche Bildung und sein ehrenwerther Charakter sichern ihm Jedermanns Achtung. Er ist von schöner Gestalt, hat ein männliches und edles Gesicht und etwas Ritterliches und Krie¬ gerisches in seinem Wesen, wodurch er beim Volke der beliebteste unter den noch lebenden Prinzen des Hauses Orleans ist. Auch die Her¬ zöge von Anmale und von Montpensier sind junge Leute von tüchtiger wissenschaftlicher und militärischer Bildung. Alle vier Brü¬ der leben in der innigsten Freundschaft mit einander und auch die Verheirathung der drei ältesten unter ihnen hat keine Veränderung in ihren herzlichen Verhältnissen eintreten lassen. Mit vielen ihrer ehemaligen Schulkameraden und Spielgenossen stehen sie noch immer in Verbindung und sehen dieselben gern bei sich. 71-i-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/535>, abgerufen am 04.07.2024.