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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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der bereits besetzten Passagierwaggons steigen, wo aber unglücklicher
Weise der Baronin Brandhof durch drü Dunst, der darin war, unwohl
wurde. Jetzt ist bereits eine sehr energische Klage vom Grafen Wiken-
burg, Gouverneur der Steiermark eingelaufen. -- Ich überlasse es
Ihnen, eine so unverantwortliche Nachlässigkeit, ganz abgesehen davon,
daß der Betheiligte der allgemein verehrte Erzherzog Johann ist, zu
benennen.


II.
Die Wiener Redacteure und die Presse.

Unsere Journalistik hat in der letzten Zeit durch die vielbesprochene
Redacteur-Erklärung viel von sich reden gemacht, eine Erklärung,
auf deren unpraktisches Wesen ich zuerst aufmerksam machte, und zwar
in No. 29 dieser Blatter. Fast sämmtliche deutsche Blätter von Wich¬
tigkeit haben sich in demselben Sinne ausgesprochen. Daß die verbün¬
deten Redacteure diesen ersten Moment versäumten, um sich klarer
und entschiedener über das, was sie wollten, auszusprechen, war ein
um so größerer Fehler, da es dadurch den Anschein erhielt, als ob sie
stillschweigend alle Vorwürfe der deutschen Presse für begründet er¬
kennen, als hätten sie wirklich nichts Anderes als eine Demonstration
zu Gunsten der hiesigen Censur vorgehabt. Und doch ist dieses wohl
nicht der Fall, denn eine neuerliche Erklärung des I)i. Wildner in der
"Gegenwart" enthalt einen Passus, der mit ziemlich klaren Worten zu
verstehen gibt.- Ja, wir haben gesagt, wir wollen die Irrthümer oder
absichtlichen Verfälschungen der Eorrespondenten brieflich bei den be¬
treffenden Redactionen berichtigen, aber wir haben nicht gesagt: wir
verbieten zugleich diese Briefe zu veröffentlichen, wir ha¬
ben nicht gesagt: diese Briefe sind nur für euch und nicht für das Pu-
blicum, wir haben endlich nicht geradezu gesagt, wir wollen nicht blos
die Angriffe gegen Oesterreich berichtigen, sondern überhaupt
jede lügenhafte Correspondenz, damit ihr nicht allein die Eorrespon¬
denten, sondern den ganzen wahren Zustand Oesterreichs erkennet; und
nun, wo ihr einer Maßregel, die nur die vollste Oeffentlichkeit bezwecken
soll, höhnisch und verdächtigend entgegentretet, so seid ihr selbst es,
welche als unsere eigenen Angeber bei der hiesigen Censur, als die ersten
Verdächtiger unseres Strebens auftretet; wir wollen die Wahrheit, und
weil wir diese wollen, macht ihr uns lächerlich, da unsere Verhältnisse
es verbieten, daß wir uns ganz frei und offen und klar über den Zweck
und die Mittel unserer Vereinigung aussprechen. Wie wollt ihr die tie¬
feren österreichischen Verhältnisse beurtheilen, wenn ihr nicht ahnt, daß


der bereits besetzten Passagierwaggons steigen, wo aber unglücklicher
Weise der Baronin Brandhof durch drü Dunst, der darin war, unwohl
wurde. Jetzt ist bereits eine sehr energische Klage vom Grafen Wiken-
burg, Gouverneur der Steiermark eingelaufen. — Ich überlasse es
Ihnen, eine so unverantwortliche Nachlässigkeit, ganz abgesehen davon,
daß der Betheiligte der allgemein verehrte Erzherzog Johann ist, zu
benennen.


II.
Die Wiener Redacteure und die Presse.

Unsere Journalistik hat in der letzten Zeit durch die vielbesprochene
Redacteur-Erklärung viel von sich reden gemacht, eine Erklärung,
auf deren unpraktisches Wesen ich zuerst aufmerksam machte, und zwar
in No. 29 dieser Blatter. Fast sämmtliche deutsche Blätter von Wich¬
tigkeit haben sich in demselben Sinne ausgesprochen. Daß die verbün¬
deten Redacteure diesen ersten Moment versäumten, um sich klarer
und entschiedener über das, was sie wollten, auszusprechen, war ein
um so größerer Fehler, da es dadurch den Anschein erhielt, als ob sie
stillschweigend alle Vorwürfe der deutschen Presse für begründet er¬
kennen, als hätten sie wirklich nichts Anderes als eine Demonstration
zu Gunsten der hiesigen Censur vorgehabt. Und doch ist dieses wohl
nicht der Fall, denn eine neuerliche Erklärung des I)i. Wildner in der
„Gegenwart" enthalt einen Passus, der mit ziemlich klaren Worten zu
verstehen gibt.- Ja, wir haben gesagt, wir wollen die Irrthümer oder
absichtlichen Verfälschungen der Eorrespondenten brieflich bei den be¬
treffenden Redactionen berichtigen, aber wir haben nicht gesagt: wir
verbieten zugleich diese Briefe zu veröffentlichen, wir ha¬
ben nicht gesagt: diese Briefe sind nur für euch und nicht für das Pu-
blicum, wir haben endlich nicht geradezu gesagt, wir wollen nicht blos
die Angriffe gegen Oesterreich berichtigen, sondern überhaupt
jede lügenhafte Correspondenz, damit ihr nicht allein die Eorrespon¬
denten, sondern den ganzen wahren Zustand Oesterreichs erkennet; und
nun, wo ihr einer Maßregel, die nur die vollste Oeffentlichkeit bezwecken
soll, höhnisch und verdächtigend entgegentretet, so seid ihr selbst es,
welche als unsere eigenen Angeber bei der hiesigen Censur, als die ersten
Verdächtiger unseres Strebens auftretet; wir wollen die Wahrheit, und
weil wir diese wollen, macht ihr uns lächerlich, da unsere Verhältnisse
es verbieten, daß wir uns ganz frei und offen und klar über den Zweck
und die Mittel unserer Vereinigung aussprechen. Wie wollt ihr die tie¬
feren österreichischen Verhältnisse beurtheilen, wenn ihr nicht ahnt, daß


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/510>, abgerufen am 04.07.2024.