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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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Mit diesem Worte klingt ein Trauerton an in vielen tyrolischen
Herzerk Sind die Hindernisse drückend genug, welche das Hervor¬
treten geistiger Erzeugnisse in Oesterreich überhaupt hemmen, so muß
es tiefer und schmerzlicher verletzen, bei uns jene geringe Bewegung
dem Geiste verwehrt zu wissen, deren er in andern Theilen unseres
großen Vaterlandes sich erfreuen darf. Selbst der schlichte Bürger
weiß es, wie arg gefesselt und umspäht der Gymnasiallehrer und am
meisten der Professor an der Landesumversität ist, wie man die geistlosen
Gevächtnißübungen in der lateinischen und griechischen Sprache, dann
in einigen sür das thätige Leben fast ebenso wenig ersprießlichen Din¬
gen in die Hände sparsam unterrichteter Ordenömänner gelegt hat,
deren Streben bet den Schülern nicht weiter als aus Routine und
pedantisches Nachbeten -- bei den Eltern aber zumeist auf Erlangung
von Bedeutung und Einfluß gerichtet ist. Will ausnahmsweise ein
wackerer Lehrer aus Liebe zur Jugend und zum Fache mehr und besser
wirken, so verfällt er unvortheilhaften Schilderungen seiner Vorgesetzten,
wird schwarz und verdächtig. Wir sahen manchen trefflichen, durch
hohe Bildung und edles Streben ausgezeichneten Professor der ge¬
heimwirkenden Macht unserer Finsterlinge zum Opfer fallen und trau-
rend die Kanzel, ja wohl auch ein Land verlassen, das wegen Eng¬
herzigkett der Gesinnung und Beschränktheit des geistigen Lebens leider
berüchtigt wurde. -- Wie das Loos des Meisters, so der Schüler.
Zeigt sich ein talentvoller Jüngling an der Hochschule, dem freie Wissen¬
schaft und Kunst das Ideal reinen Strebens bildet, sucht er mit gleicher
Gluth ihm Aehnliche zu erwärmen, und treten diese jungen Männer
mit der Errungenschaft ihres Geistes vor den Censor, um das, was
in ihnen lebt, auch im Heimathlande kund zu geben, so trifft sie ent¬
weder das Druckverbot und tödtet ihr kaum begonnenes Geistesleben,
oder wenn mit Umgehung der ängstlichsten Censur in Innsbruck eine
vernünftige Prüfung in Wien der Handschrift die Wohlthat der Presse
gönnt, so fällt aus dem Bunde der Männer des katholischen Verdachtes
irgend ein Eiferer über das schüchterne Beginnen her, schildert das
Bestreben als freigeisterisch, als protestantisch, und schwärzt es, wenn
all' dies zu wenig verfängt, mit böser politischer Färbung als Werk
und Zeichen von -- "Jungtyrol". Das geschieht öffentlich in den
ultramontanen Blättern des Auslandes und insgeheim bei den Eltern,
Verwandten und Ortsangesehenen. Wir erwähnen beispielshalber nur
der ,. Alpenblumen" und der "Frühlieder aus Tyrol", welche solch'
verderblichen Einflüssen erlagen. Ward ja sogar der Professor der,


Mit diesem Worte klingt ein Trauerton an in vielen tyrolischen
Herzerk Sind die Hindernisse drückend genug, welche das Hervor¬
treten geistiger Erzeugnisse in Oesterreich überhaupt hemmen, so muß
es tiefer und schmerzlicher verletzen, bei uns jene geringe Bewegung
dem Geiste verwehrt zu wissen, deren er in andern Theilen unseres
großen Vaterlandes sich erfreuen darf. Selbst der schlichte Bürger
weiß es, wie arg gefesselt und umspäht der Gymnasiallehrer und am
meisten der Professor an der Landesumversität ist, wie man die geistlosen
Gevächtnißübungen in der lateinischen und griechischen Sprache, dann
in einigen sür das thätige Leben fast ebenso wenig ersprießlichen Din¬
gen in die Hände sparsam unterrichteter Ordenömänner gelegt hat,
deren Streben bet den Schülern nicht weiter als aus Routine und
pedantisches Nachbeten — bei den Eltern aber zumeist auf Erlangung
von Bedeutung und Einfluß gerichtet ist. Will ausnahmsweise ein
wackerer Lehrer aus Liebe zur Jugend und zum Fache mehr und besser
wirken, so verfällt er unvortheilhaften Schilderungen seiner Vorgesetzten,
wird schwarz und verdächtig. Wir sahen manchen trefflichen, durch
hohe Bildung und edles Streben ausgezeichneten Professor der ge¬
heimwirkenden Macht unserer Finsterlinge zum Opfer fallen und trau-
rend die Kanzel, ja wohl auch ein Land verlassen, das wegen Eng¬
herzigkett der Gesinnung und Beschränktheit des geistigen Lebens leider
berüchtigt wurde. — Wie das Loos des Meisters, so der Schüler.
Zeigt sich ein talentvoller Jüngling an der Hochschule, dem freie Wissen¬
schaft und Kunst das Ideal reinen Strebens bildet, sucht er mit gleicher
Gluth ihm Aehnliche zu erwärmen, und treten diese jungen Männer
mit der Errungenschaft ihres Geistes vor den Censor, um das, was
in ihnen lebt, auch im Heimathlande kund zu geben, so trifft sie ent¬
weder das Druckverbot und tödtet ihr kaum begonnenes Geistesleben,
oder wenn mit Umgehung der ängstlichsten Censur in Innsbruck eine
vernünftige Prüfung in Wien der Handschrift die Wohlthat der Presse
gönnt, so fällt aus dem Bunde der Männer des katholischen Verdachtes
irgend ein Eiferer über das schüchterne Beginnen her, schildert das
Bestreben als freigeisterisch, als protestantisch, und schwärzt es, wenn
all' dies zu wenig verfängt, mit böser politischer Färbung als Werk
und Zeichen von — „Jungtyrol". Das geschieht öffentlich in den
ultramontanen Blättern des Auslandes und insgeheim bei den Eltern,
Verwandten und Ortsangesehenen. Wir erwähnen beispielshalber nur
der ,. Alpenblumen" und der „Frühlieder aus Tyrol", welche solch'
verderblichen Einflüssen erlagen. Ward ja sogar der Professor der,


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[0410] Mit diesem Worte klingt ein Trauerton an in vielen tyrolischen Herzerk Sind die Hindernisse drückend genug, welche das Hervor¬ treten geistiger Erzeugnisse in Oesterreich überhaupt hemmen, so muß es tiefer und schmerzlicher verletzen, bei uns jene geringe Bewegung dem Geiste verwehrt zu wissen, deren er in andern Theilen unseres großen Vaterlandes sich erfreuen darf. Selbst der schlichte Bürger weiß es, wie arg gefesselt und umspäht der Gymnasiallehrer und am meisten der Professor an der Landesumversität ist, wie man die geistlosen Gevächtnißübungen in der lateinischen und griechischen Sprache, dann in einigen sür das thätige Leben fast ebenso wenig ersprießlichen Din¬ gen in die Hände sparsam unterrichteter Ordenömänner gelegt hat, deren Streben bet den Schülern nicht weiter als aus Routine und pedantisches Nachbeten — bei den Eltern aber zumeist auf Erlangung von Bedeutung und Einfluß gerichtet ist. Will ausnahmsweise ein wackerer Lehrer aus Liebe zur Jugend und zum Fache mehr und besser wirken, so verfällt er unvortheilhaften Schilderungen seiner Vorgesetzten, wird schwarz und verdächtig. Wir sahen manchen trefflichen, durch hohe Bildung und edles Streben ausgezeichneten Professor der ge¬ heimwirkenden Macht unserer Finsterlinge zum Opfer fallen und trau- rend die Kanzel, ja wohl auch ein Land verlassen, das wegen Eng¬ herzigkett der Gesinnung und Beschränktheit des geistigen Lebens leider berüchtigt wurde. — Wie das Loos des Meisters, so der Schüler. Zeigt sich ein talentvoller Jüngling an der Hochschule, dem freie Wissen¬ schaft und Kunst das Ideal reinen Strebens bildet, sucht er mit gleicher Gluth ihm Aehnliche zu erwärmen, und treten diese jungen Männer mit der Errungenschaft ihres Geistes vor den Censor, um das, was in ihnen lebt, auch im Heimathlande kund zu geben, so trifft sie ent¬ weder das Druckverbot und tödtet ihr kaum begonnenes Geistesleben, oder wenn mit Umgehung der ängstlichsten Censur in Innsbruck eine vernünftige Prüfung in Wien der Handschrift die Wohlthat der Presse gönnt, so fällt aus dem Bunde der Männer des katholischen Verdachtes irgend ein Eiferer über das schüchterne Beginnen her, schildert das Bestreben als freigeisterisch, als protestantisch, und schwärzt es, wenn all' dies zu wenig verfängt, mit böser politischer Färbung als Werk und Zeichen von — „Jungtyrol". Das geschieht öffentlich in den ultramontanen Blättern des Auslandes und insgeheim bei den Eltern, Verwandten und Ortsangesehenen. Wir erwähnen beispielshalber nur der ,. Alpenblumen" und der „Frühlieder aus Tyrol", welche solch' verderblichen Einflüssen erlagen. Ward ja sogar der Professor der,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/410>, abgerufen am 24.07.2024.