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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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Angabe", leiden auch dadurch, daß die Daten meist auf annähernder Be-,
rechnung beruhen. Bei so viel Aufwand an Zeit, an vorhandenen Mit¬
teln aller Art, ist voller Grund vorhanden, etwas Besseres zu verlange",
um so mehr, da volle vier Jahre mit der Ausarbeitung zugebracht wur¬
de", indem die Statistik vom Jahre 184> erst im Jahre >84" erschien.
Und endlich kann dieses Wrrk von keiner so unendlichen Bedeutung sein,
da ein einzelnes Jahr nie geeignet ist, den wahren Austand der admini¬
strativen Gestaltung eines Staates richtig zu beurtheilen*). -- Was un¬
sere Gewerbesrage betrifft, so soll Baron Kübel keinesweges die Hoffnung
auf das Realisircn der Gewerbefreiheit aufgegeben haben; er arbeitet,
wie es heißt, an einem neuen Memoire über diesen Gegenstand.


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IV
Znv nettesten Geschichte des Zollvereins.

Es ist kein Geheimniß mehr, daß der Berliner Aollcongreß ebenso
unfruchtbar ausgefallen ist, wie sein Vorgänger und daß die Versöhnungs¬
brücke der widerstrebenden Interessen des deutschen Südens und Nordens
in diesem Jahre ebenso wenig zu Stande komme, als in frühern
Jahren. Weniger bekannt dürfte jedoch ein Punkt sein, bei welchem
Preußen mit einer unerklärlichen Eigenmächtigkeit zu Werke gegangen ist
und die unsererseits im Verein mit Baden und Würtemberg als eine
Überschreitung seiner Vollmacht betrachtet werden muß. Es ist dies der
Zractat vom 1t5. October 1845>, den Preußen im Namen des Zollver^
eins mit Hannover abgeschlossen hat, demzufolge ein früherer Tractat mit
Hannover (vom I. November 1837) erneuert wird. Die außerordent¬
lichen Vortheile, die darin Hannover bewilligt sind, erscheinen nach dem
feindseligen Verhalten dieses Staats, dem Zollvereine gegenüber, doppelt
räthselhaft. Daß man in Bezug auf die Einfuhr von Vieh, Korn und
Butter in> die Zollvereinsstaaten Differentialzölle zugestanden hat, finden
wir in Ordnung. Unerklärlich aber bleiben die Concessionen in Bezug
auf die Einfuhr von Garnen, bei denen kein Unterschied zwischen Hand-
gespinnst und Maschinengarn gemacht wird! Die Einfuhr von Leingarn,
so wie- von ungebleichter und ungefärbter Leinen steht nach dem frühern
Tractat von 1837 Hannover frei; bei den bekannten Zollvertragen zwi-
schen England und Hannover steht uns somit eine Überschwemmung
mit englischem Garn über Hannover bevor. Die Gefahr, die dadurch
die süddeutschen Spinnereien bedroht, liegt auf der Hand. Dabei fragt
man sich mit Recht, wodurch hat Hannover solche Zugeständnisse plötzlich



D. ,R. ,, WS ist ja aber auch nur der Anfang!

Angabe», leiden auch dadurch, daß die Daten meist auf annähernder Be-,
rechnung beruhen. Bei so viel Aufwand an Zeit, an vorhandenen Mit¬
teln aller Art, ist voller Grund vorhanden, etwas Besseres zu verlange»,
um so mehr, da volle vier Jahre mit der Ausarbeitung zugebracht wur¬
de», indem die Statistik vom Jahre 184> erst im Jahre >84» erschien.
Und endlich kann dieses Wrrk von keiner so unendlichen Bedeutung sein,
da ein einzelnes Jahr nie geeignet ist, den wahren Austand der admini¬
strativen Gestaltung eines Staates richtig zu beurtheilen*). — Was un¬
sere Gewerbesrage betrifft, so soll Baron Kübel keinesweges die Hoffnung
auf das Realisircn der Gewerbefreiheit aufgegeben haben; er arbeitet,
wie es heißt, an einem neuen Memoire über diesen Gegenstand.


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IV
Znv nettesten Geschichte des Zollvereins.

Es ist kein Geheimniß mehr, daß der Berliner Aollcongreß ebenso
unfruchtbar ausgefallen ist, wie sein Vorgänger und daß die Versöhnungs¬
brücke der widerstrebenden Interessen des deutschen Südens und Nordens
in diesem Jahre ebenso wenig zu Stande komme, als in frühern
Jahren. Weniger bekannt dürfte jedoch ein Punkt sein, bei welchem
Preußen mit einer unerklärlichen Eigenmächtigkeit zu Werke gegangen ist
und die unsererseits im Verein mit Baden und Würtemberg als eine
Überschreitung seiner Vollmacht betrachtet werden muß. Es ist dies der
Zractat vom 1t5. October 1845>, den Preußen im Namen des Zollver^
eins mit Hannover abgeschlossen hat, demzufolge ein früherer Tractat mit
Hannover (vom I. November 1837) erneuert wird. Die außerordent¬
lichen Vortheile, die darin Hannover bewilligt sind, erscheinen nach dem
feindseligen Verhalten dieses Staats, dem Zollvereine gegenüber, doppelt
räthselhaft. Daß man in Bezug auf die Einfuhr von Vieh, Korn und
Butter in> die Zollvereinsstaaten Differentialzölle zugestanden hat, finden
wir in Ordnung. Unerklärlich aber bleiben die Concessionen in Bezug
auf die Einfuhr von Garnen, bei denen kein Unterschied zwischen Hand-
gespinnst und Maschinengarn gemacht wird! Die Einfuhr von Leingarn,
so wie- von ungebleichter und ungefärbter Leinen steht nach dem frühern
Tractat von 1837 Hannover frei; bei den bekannten Zollvertragen zwi-
schen England und Hannover steht uns somit eine Überschwemmung
mit englischem Garn über Hannover bevor. Die Gefahr, die dadurch
die süddeutschen Spinnereien bedroht, liegt auf der Hand. Dabei fragt
man sich mit Recht, wodurch hat Hannover solche Zugeständnisse plötzlich



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[0363] Angabe», leiden auch dadurch, daß die Daten meist auf annähernder Be-, rechnung beruhen. Bei so viel Aufwand an Zeit, an vorhandenen Mit¬ teln aller Art, ist voller Grund vorhanden, etwas Besseres zu verlange», um so mehr, da volle vier Jahre mit der Ausarbeitung zugebracht wur¬ de», indem die Statistik vom Jahre 184> erst im Jahre >84» erschien. Und endlich kann dieses Wrrk von keiner so unendlichen Bedeutung sein, da ein einzelnes Jahr nie geeignet ist, den wahren Austand der admini¬ strativen Gestaltung eines Staates richtig zu beurtheilen*). — Was un¬ sere Gewerbesrage betrifft, so soll Baron Kübel keinesweges die Hoffnung auf das Realisircn der Gewerbefreiheit aufgegeben haben; er arbeitet, wie es heißt, an einem neuen Memoire über diesen Gegenstand. — i> — IV Znv nettesten Geschichte des Zollvereins. Es ist kein Geheimniß mehr, daß der Berliner Aollcongreß ebenso unfruchtbar ausgefallen ist, wie sein Vorgänger und daß die Versöhnungs¬ brücke der widerstrebenden Interessen des deutschen Südens und Nordens in diesem Jahre ebenso wenig zu Stande komme, als in frühern Jahren. Weniger bekannt dürfte jedoch ein Punkt sein, bei welchem Preußen mit einer unerklärlichen Eigenmächtigkeit zu Werke gegangen ist und die unsererseits im Verein mit Baden und Würtemberg als eine Überschreitung seiner Vollmacht betrachtet werden muß. Es ist dies der Zractat vom 1t5. October 1845>, den Preußen im Namen des Zollver^ eins mit Hannover abgeschlossen hat, demzufolge ein früherer Tractat mit Hannover (vom I. November 1837) erneuert wird. Die außerordent¬ lichen Vortheile, die darin Hannover bewilligt sind, erscheinen nach dem feindseligen Verhalten dieses Staats, dem Zollvereine gegenüber, doppelt räthselhaft. Daß man in Bezug auf die Einfuhr von Vieh, Korn und Butter in> die Zollvereinsstaaten Differentialzölle zugestanden hat, finden wir in Ordnung. Unerklärlich aber bleiben die Concessionen in Bezug auf die Einfuhr von Garnen, bei denen kein Unterschied zwischen Hand- gespinnst und Maschinengarn gemacht wird! Die Einfuhr von Leingarn, so wie- von ungebleichter und ungefärbter Leinen steht nach dem frühern Tractat von 1837 Hannover frei; bei den bekannten Zollvertragen zwi- schen England und Hannover steht uns somit eine Überschwemmung mit englischem Garn über Hannover bevor. Die Gefahr, die dadurch die süddeutschen Spinnereien bedroht, liegt auf der Hand. Dabei fragt man sich mit Recht, wodurch hat Hannover solche Zugeständnisse plötzlich D. ,R. ,, WS ist ja aber auch nur der Anfang!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/363>, abgerufen am 04.07.2024.