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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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tungen auseinander. Der König selbst ist nicht conservativ. Er an¬
erkennt vielmehr das Recht der staatlichen Bewegung und hält es für
nothwendig, in den verschiedenartigsten Sphären umzuändern und neu
zu gestalten. Als Mittelpunkt für unser conservatives Element gibt
es eigentlich nur Eine bestimmte Voraussetzung, es ist die Voraus¬
setzung des monarchischen Principes. Alles Andre kann in Frage ge¬
stellt werden, denn während diese Conservativen eine Art von Pre߬
freiheit als wünschenswerth darstellen, glauben jene eine strengere Cen¬
sur fordern zu müssen, während diese die Trennung des Staates von
der Kirche behaupten, verlangen jene die Vereinigung derselben. Nur
in der Festhaltung des monarchischen Principes für Preußen hat das
Element, welches wir Conservatismus nennen müssen, seinen allge¬
meinsten und festesten Boden. Und auch hierin ist eine Bewegung, sind
Modifikationen angekündigt. Die reichsständische Frage zieht immer
höher an unserem politischen Himmel heraus, und selbst in den höch¬
sten Sphären unseres Staates fangen an, sich verschiedene Ansich¬
ten geltend zu machen und verschiedene Parteiungen zu bilden.
Daß für alle diese Parteiungen die Monarchie die Grundmacht des
Staates bleiben soll, bedarf gar keiner Erwähnung, aber eS werden
sich nun, je näher die Lösung dieser Fragt rückt, die bureaukratischen,
die aristokratischen^ und andere Elemente um so schärfer abzeichnen,
wenn der Widerstreit der Meinungen und Interessen auch nicht un¬
mittelbar vor die Oeffentlichkeit gebracht werden kann und in den ge¬
heimen Gängen unseres Staatslebens verschwindet.

Ehe wir von den Elementen absehen, welche sich mehr oder min¬
der zu der bestehenden Regierungsgewalt halten, muß der conser¬
vativen Presse eine Erwähnung geschehen. Reden wir von einer
conservativen Presse in Berlin, so wollen wir damit doch nicht sa¬
gen, als ob in Berlin auch eine anticonservative Presse eristire, die
ganze berliner Presse ist vielmehr conservativ. Aber es gibt hier ei¬
nige Organe, in denen das System der Regierung besonders geltend
und Angriffen gegenüber vertheidigt wird. ' So sind mit der "Allge¬
meinen preußischenZeimng" verschiedene Versuche gemacht worden, sehr
die Polemik einzuimpfen. Man ist aber imFer schnell davon zurück-'
gekommen, da die Kräfte, welche man dabei gewann, den Anforde¬
rungen, welche man an sie stellte, nicht genügten, und die preußische
Allgemeine Zeitung beschränkt sich jetzt wieder auf einzelne Berichti¬
gungen und Widerlegungen. Mit weiter ausgreifenden Tendenzen hat sich
die "Literarische Zeitung" unter der Redaction des Dr. Brandes auf


tungen auseinander. Der König selbst ist nicht conservativ. Er an¬
erkennt vielmehr das Recht der staatlichen Bewegung und hält es für
nothwendig, in den verschiedenartigsten Sphären umzuändern und neu
zu gestalten. Als Mittelpunkt für unser conservatives Element gibt
es eigentlich nur Eine bestimmte Voraussetzung, es ist die Voraus¬
setzung des monarchischen Principes. Alles Andre kann in Frage ge¬
stellt werden, denn während diese Conservativen eine Art von Pre߬
freiheit als wünschenswerth darstellen, glauben jene eine strengere Cen¬
sur fordern zu müssen, während diese die Trennung des Staates von
der Kirche behaupten, verlangen jene die Vereinigung derselben. Nur
in der Festhaltung des monarchischen Principes für Preußen hat das
Element, welches wir Conservatismus nennen müssen, seinen allge¬
meinsten und festesten Boden. Und auch hierin ist eine Bewegung, sind
Modifikationen angekündigt. Die reichsständische Frage zieht immer
höher an unserem politischen Himmel heraus, und selbst in den höch¬
sten Sphären unseres Staates fangen an, sich verschiedene Ansich¬
ten geltend zu machen und verschiedene Parteiungen zu bilden.
Daß für alle diese Parteiungen die Monarchie die Grundmacht des
Staates bleiben soll, bedarf gar keiner Erwähnung, aber eS werden
sich nun, je näher die Lösung dieser Fragt rückt, die bureaukratischen,
die aristokratischen^ und andere Elemente um so schärfer abzeichnen,
wenn der Widerstreit der Meinungen und Interessen auch nicht un¬
mittelbar vor die Oeffentlichkeit gebracht werden kann und in den ge¬
heimen Gängen unseres Staatslebens verschwindet.

Ehe wir von den Elementen absehen, welche sich mehr oder min¬
der zu der bestehenden Regierungsgewalt halten, muß der conser¬
vativen Presse eine Erwähnung geschehen. Reden wir von einer
conservativen Presse in Berlin, so wollen wir damit doch nicht sa¬
gen, als ob in Berlin auch eine anticonservative Presse eristire, die
ganze berliner Presse ist vielmehr conservativ. Aber es gibt hier ei¬
nige Organe, in denen das System der Regierung besonders geltend
und Angriffen gegenüber vertheidigt wird. ' So sind mit der „Allge¬
meinen preußischenZeimng" verschiedene Versuche gemacht worden, sehr
die Polemik einzuimpfen. Man ist aber imFer schnell davon zurück-'
gekommen, da die Kräfte, welche man dabei gewann, den Anforde¬
rungen, welche man an sie stellte, nicht genügten, und die preußische
Allgemeine Zeitung beschränkt sich jetzt wieder auf einzelne Berichti¬
gungen und Widerlegungen. Mit weiter ausgreifenden Tendenzen hat sich
die „Literarische Zeitung" unter der Redaction des Dr. Brandes auf


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[0282] tungen auseinander. Der König selbst ist nicht conservativ. Er an¬ erkennt vielmehr das Recht der staatlichen Bewegung und hält es für nothwendig, in den verschiedenartigsten Sphären umzuändern und neu zu gestalten. Als Mittelpunkt für unser conservatives Element gibt es eigentlich nur Eine bestimmte Voraussetzung, es ist die Voraus¬ setzung des monarchischen Principes. Alles Andre kann in Frage ge¬ stellt werden, denn während diese Conservativen eine Art von Pre߬ freiheit als wünschenswerth darstellen, glauben jene eine strengere Cen¬ sur fordern zu müssen, während diese die Trennung des Staates von der Kirche behaupten, verlangen jene die Vereinigung derselben. Nur in der Festhaltung des monarchischen Principes für Preußen hat das Element, welches wir Conservatismus nennen müssen, seinen allge¬ meinsten und festesten Boden. Und auch hierin ist eine Bewegung, sind Modifikationen angekündigt. Die reichsständische Frage zieht immer höher an unserem politischen Himmel heraus, und selbst in den höch¬ sten Sphären unseres Staates fangen an, sich verschiedene Ansich¬ ten geltend zu machen und verschiedene Parteiungen zu bilden. Daß für alle diese Parteiungen die Monarchie die Grundmacht des Staates bleiben soll, bedarf gar keiner Erwähnung, aber eS werden sich nun, je näher die Lösung dieser Fragt rückt, die bureaukratischen, die aristokratischen^ und andere Elemente um so schärfer abzeichnen, wenn der Widerstreit der Meinungen und Interessen auch nicht un¬ mittelbar vor die Oeffentlichkeit gebracht werden kann und in den ge¬ heimen Gängen unseres Staatslebens verschwindet. Ehe wir von den Elementen absehen, welche sich mehr oder min¬ der zu der bestehenden Regierungsgewalt halten, muß der conser¬ vativen Presse eine Erwähnung geschehen. Reden wir von einer conservativen Presse in Berlin, so wollen wir damit doch nicht sa¬ gen, als ob in Berlin auch eine anticonservative Presse eristire, die ganze berliner Presse ist vielmehr conservativ. Aber es gibt hier ei¬ nige Organe, in denen das System der Regierung besonders geltend und Angriffen gegenüber vertheidigt wird. ' So sind mit der „Allge¬ meinen preußischenZeimng" verschiedene Versuche gemacht worden, sehr die Polemik einzuimpfen. Man ist aber imFer schnell davon zurück-' gekommen, da die Kräfte, welche man dabei gewann, den Anforde¬ rungen, welche man an sie stellte, nicht genügten, und die preußische Allgemeine Zeitung beschränkt sich jetzt wieder auf einzelne Berichti¬ gungen und Widerlegungen. Mit weiter ausgreifenden Tendenzen hat sich die „Literarische Zeitung" unter der Redaction des Dr. Brandes auf

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/282>, abgerufen am 24.07.2024.