Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.Doch plötzlich schien's als traf' auf mich sein Auge, Pr. Lwowicz. Amen Euch. Di" Gesang. Und uns. I. Sobolewski. Indessen fuhren vor in langem Zug' Kibitken; man besetzt sie in der Ordnunq. 33"
Doch plötzlich schien's als traf' auf mich sein Auge, Pr. Lwowicz. Amen Euch. Di» Gesang. Und uns. I. Sobolewski. Indessen fuhren vor in langem Zug' Kibitken; man besetzt sie in der Ordnunq. 33»
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0257" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183278"/> <p xml:id="ID_766" prev="#ID_765"> Doch plötzlich schien's als traf' auf mich sein Auge,<lb/> Er sah nicht, daß der Eorporal mich hielt,<lb/> Und glaubte frei mich; seine Hand er küßte,<lb/> Winkt Lebewohl und schien mir Glück zu wünschen; °—<lb/> Und Aller Augen wandten sich nach wir;<lb/> Der Corporal drang, daß ich mich verberge.<lb/> Ich wollte nicht, trat naher zur Colonne,<lb/> Sah' die Gestalt, die Regung des Gefang'nen: —<lb/> Die Leute weinten, auf die Ketten blickend;<lb/> Er schaukelt mit dem Fuß, meint, 's ist nicht schwer. —<lb/> Man treibt das Pferd, — und fort rollt die Kibitke —<lb/> Er schwenkt den Hut, stand auf, da hallt in aller Ohren<lb/> Sein macht'ger Ausruf: „noch ist Polen nicht verloren.<lb/> 's fiel in die Menge, lange schwenkte noch<lb/> Die Hand den Hut, wie 'ne Begrabnißfahne;<lb/> Das Haupt, das ihm schamlose Macht beschor.<lb/> War unbeschaut, stolz, fernhin zu erschau'n; —<lb/> Es kündet schuldlos jedem seine Schmach:<lb/> Aus dem Getümmel all' der Köpfe blickt' es auf.<lb/> Wie aus dein Meere, sturmverkündend, der Delphin.<lb/> Noch seh' ich diese Hand und diesen Kopf,<lb/> Und ihrer denk' ich, — auf des Lebens Wege<lb/> Sei'n sie ein Compaß mir zur Bahn der Tugend:<lb/> Und könnt' ich sie vergessen, Gott im Himmel,<lb/> Vergiß du meiner. —</p><lb/> <note type="speaker"> Pr. Lwowicz. </note><lb/> <p xml:id="ID_767"> Amen Euch.</p><lb/> <note type="speaker"> Di» Gesang.</note><lb/> <p xml:id="ID_768"> Und uns.</p><lb/> <note type="speaker"> I. Sobolewski. </note><lb/> <p xml:id="ID_769" next="#ID_770"> Indessen fuhren vor in langem Zug'</p><lb/> <p xml:id="ID_770" prev="#ID_769" next="#ID_771"> Kibitken; man besetzt sie in der Ordnunq.<lb/> Mein Blick schweift' über das gedrängte Volk,<lb/> Die Truppen, — alle wurden blaß wie Leichen;<lb/> Und im Gedränge war so dumpfes Schweigen,<lb/> Daß ich die Ketten hört' und jeden Schritt.<lb/> Ein Wunder! alle sah'n Unmenschlichkett:<lb/> Das Volk, das Heer — man schweigt, man fürchtet. —<lb/> Der letzte kam; — es schien, daß er sich weig're;<lb/> Der Arme konnt' nicht geh'n, er wankte stets,^<lb/> Trat langsam von der Stieg', doch kaum die zweite<lb/> Senf er erreicht, da rollt' er, stürzt herab.<lb/> '6 war Wastlewski, hier ganz nahe saß er;<lb/> Vorgestern hat man ihn so hart gepeitscht,<lb/> Daß ihm kein Tropfen Blut'S im Anrlitz blieb.<lb/> Ein Söldner kam, hob von der Erd' ihn auf,<lb/> Trug zur Kibitk' ihn, und mit einer Hand<lb/> Erdrückt er still 'ne Thräne; — langsam trug er,<lb/> Doch jener sank nicht, siel nicht, ward nicht schwer;</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 33»</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0257]
Doch plötzlich schien's als traf' auf mich sein Auge,
Er sah nicht, daß der Eorporal mich hielt,
Und glaubte frei mich; seine Hand er küßte,
Winkt Lebewohl und schien mir Glück zu wünschen; °—
Und Aller Augen wandten sich nach wir;
Der Corporal drang, daß ich mich verberge.
Ich wollte nicht, trat naher zur Colonne,
Sah' die Gestalt, die Regung des Gefang'nen: —
Die Leute weinten, auf die Ketten blickend;
Er schaukelt mit dem Fuß, meint, 's ist nicht schwer. —
Man treibt das Pferd, — und fort rollt die Kibitke —
Er schwenkt den Hut, stand auf, da hallt in aller Ohren
Sein macht'ger Ausruf: „noch ist Polen nicht verloren.
's fiel in die Menge, lange schwenkte noch
Die Hand den Hut, wie 'ne Begrabnißfahne;
Das Haupt, das ihm schamlose Macht beschor.
War unbeschaut, stolz, fernhin zu erschau'n; —
Es kündet schuldlos jedem seine Schmach:
Aus dem Getümmel all' der Köpfe blickt' es auf.
Wie aus dein Meere, sturmverkündend, der Delphin.
Noch seh' ich diese Hand und diesen Kopf,
Und ihrer denk' ich, — auf des Lebens Wege
Sei'n sie ein Compaß mir zur Bahn der Tugend:
Und könnt' ich sie vergessen, Gott im Himmel,
Vergiß du meiner. —
Pr. Lwowicz.
Amen Euch.
Di» Gesang.
Und uns.
I. Sobolewski.
Indessen fuhren vor in langem Zug'
Kibitken; man besetzt sie in der Ordnunq.
Mein Blick schweift' über das gedrängte Volk,
Die Truppen, — alle wurden blaß wie Leichen;
Und im Gedränge war so dumpfes Schweigen,
Daß ich die Ketten hört' und jeden Schritt.
Ein Wunder! alle sah'n Unmenschlichkett:
Das Volk, das Heer — man schweigt, man fürchtet. —
Der letzte kam; — es schien, daß er sich weig're;
Der Arme konnt' nicht geh'n, er wankte stets,^
Trat langsam von der Stieg', doch kaum die zweite
Senf er erreicht, da rollt' er, stürzt herab.
'6 war Wastlewski, hier ganz nahe saß er;
Vorgestern hat man ihn so hart gepeitscht,
Daß ihm kein Tropfen Blut'S im Anrlitz blieb.
Ein Söldner kam, hob von der Erd' ihn auf,
Trug zur Kibitk' ihn, und mit einer Hand
Erdrückt er still 'ne Thräne; — langsam trug er,
Doch jener sank nicht, siel nicht, ward nicht schwer;
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