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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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drei erst gezeichneten Minister mich Geburt und Erziehung Dänen
sind, so hat nur ein einziger geborner Schleswig-Holsteiner, der Graf
Reventlow-Eriminil daSDocument mit unterzeichnet. Dieser Manu hat
allerdings eine deutsche Erziehung genossen und kam als gut Deutsch
und Schleswig-Holsteinisch gesinnt vor etwa liz Jahren nach Kopen¬
hagen, dort aber ist er gewissermaßen naturalisirt worden; sein schwa¬
cher Charakter hat dem dänischen Einfluß nicht widerstehen können,
er hat sich besonders dem Willen seines Königs, der ihn schätzt, ganz
ergeben und ist jetzt aus die dänischen staatseinheitlichen Projecte ganz
eingegangen. Von ihm hat man nichts Anderes erwartet; ebenso we¬
nig aber auch von einigen andern gebornen Schleswig-Holsteinern,
welche mit der Sache zu thun haben und als Committirte die Vor¬
arbeiten lieferten, dem Conferenzrath Dankwart, Direktor des Depar¬
tements der auswärtigen Angelegenheiten und Baron Pensum, Ge¬
sandter am' Bundestage für Holstein und Lauenburg; denn ersterer ist
auch seit vielen Jahren in Kopenhagen gewesen und sieht Dänemark
für sein Vaterland an, letzterer dagegen betrachtet sich als dänischer
Diplomat, trotzdem daß er Deutsch dichtet und zwei deutsche Herzog-
thümer in Frankfurt vertritt. Ein dänischer Diplomat aber muß natürlich
Dänemarks Interesse wahrnehmen und das hat denn auch bisher Herr
von Pensum wirklich gethan und wird es schon serner thun. Er
wird dazu Veranlassung finden, wenn die Sache dieser drei deutschen
Herzogthümer am deutschem Bundestage zur Verhandlung kommt,
was natürlich bald der Fall sein muß und wird. Um dafür völlig
orientirt und instruirt zu sein, ist er eben längere Zeit in Kopenhagen
gewesen und hat an den desfallsigen Verhandlungen Theil genommen.

Sehr auffallend muß nun aber zuvörderst die Flüchtigkeit und
Ungenauigkeit sein, womit dieses wichtige Actenstück, der offene Brief,
redigirt ist. Es eristirt nämlich gar keine Garantie-Acte Englands und
Frankreichs vom Jahre >72l, wohl aber vom Jahre 1720 und doch
ist das erstgenannte Jahr nicht allein in den deutschen Exemplaren,
sondern auch in den dänischen angegeben. Sonst finden sich Ver¬
schiedenheiten zwischen beiden Eremplaren und heißt es z. B. in un¬
serm deutschen Cremplare "soweit dieselben" (die Acten und Docu-
mente) haben zu Wege gebracht werden können, in dem dänischen
aber "welche". Dem Ausdruck "soweit" zufolge sind die Acten aber
nicht vollständig, sind sie noch nicht geschlossen und konnte daher
auch noch kein Urtheil gefällt werden, kann demnach auch nach allen
Rechtsregeln das gefällte Urtheil nicht von Gewicht und Geltung


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drei erst gezeichneten Minister mich Geburt und Erziehung Dänen
sind, so hat nur ein einziger geborner Schleswig-Holsteiner, der Graf
Reventlow-Eriminil daSDocument mit unterzeichnet. Dieser Manu hat
allerdings eine deutsche Erziehung genossen und kam als gut Deutsch
und Schleswig-Holsteinisch gesinnt vor etwa liz Jahren nach Kopen¬
hagen, dort aber ist er gewissermaßen naturalisirt worden; sein schwa¬
cher Charakter hat dem dänischen Einfluß nicht widerstehen können,
er hat sich besonders dem Willen seines Königs, der ihn schätzt, ganz
ergeben und ist jetzt aus die dänischen staatseinheitlichen Projecte ganz
eingegangen. Von ihm hat man nichts Anderes erwartet; ebenso we¬
nig aber auch von einigen andern gebornen Schleswig-Holsteinern,
welche mit der Sache zu thun haben und als Committirte die Vor¬
arbeiten lieferten, dem Conferenzrath Dankwart, Direktor des Depar¬
tements der auswärtigen Angelegenheiten und Baron Pensum, Ge¬
sandter am' Bundestage für Holstein und Lauenburg; denn ersterer ist
auch seit vielen Jahren in Kopenhagen gewesen und sieht Dänemark
für sein Vaterland an, letzterer dagegen betrachtet sich als dänischer
Diplomat, trotzdem daß er Deutsch dichtet und zwei deutsche Herzog-
thümer in Frankfurt vertritt. Ein dänischer Diplomat aber muß natürlich
Dänemarks Interesse wahrnehmen und das hat denn auch bisher Herr
von Pensum wirklich gethan und wird es schon serner thun. Er
wird dazu Veranlassung finden, wenn die Sache dieser drei deutschen
Herzogthümer am deutschem Bundestage zur Verhandlung kommt,
was natürlich bald der Fall sein muß und wird. Um dafür völlig
orientirt und instruirt zu sein, ist er eben längere Zeit in Kopenhagen
gewesen und hat an den desfallsigen Verhandlungen Theil genommen.

Sehr auffallend muß nun aber zuvörderst die Flüchtigkeit und
Ungenauigkeit sein, womit dieses wichtige Actenstück, der offene Brief,
redigirt ist. Es eristirt nämlich gar keine Garantie-Acte Englands und
Frankreichs vom Jahre >72l, wohl aber vom Jahre 1720 und doch
ist das erstgenannte Jahr nicht allein in den deutschen Exemplaren,
sondern auch in den dänischen angegeben. Sonst finden sich Ver¬
schiedenheiten zwischen beiden Eremplaren und heißt es z. B. in un¬
serm deutschen Cremplare „soweit dieselben" (die Acten und Docu-
mente) haben zu Wege gebracht werden können, in dem dänischen
aber „welche". Dem Ausdruck „soweit" zufolge sind die Acten aber
nicht vollständig, sind sie noch nicht geschlossen und konnte daher
auch noch kein Urtheil gefällt werden, kann demnach auch nach allen
Rechtsregeln das gefällte Urtheil nicht von Gewicht und Geltung


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[0213] drei erst gezeichneten Minister mich Geburt und Erziehung Dänen sind, so hat nur ein einziger geborner Schleswig-Holsteiner, der Graf Reventlow-Eriminil daSDocument mit unterzeichnet. Dieser Manu hat allerdings eine deutsche Erziehung genossen und kam als gut Deutsch und Schleswig-Holsteinisch gesinnt vor etwa liz Jahren nach Kopen¬ hagen, dort aber ist er gewissermaßen naturalisirt worden; sein schwa¬ cher Charakter hat dem dänischen Einfluß nicht widerstehen können, er hat sich besonders dem Willen seines Königs, der ihn schätzt, ganz ergeben und ist jetzt aus die dänischen staatseinheitlichen Projecte ganz eingegangen. Von ihm hat man nichts Anderes erwartet; ebenso we¬ nig aber auch von einigen andern gebornen Schleswig-Holsteinern, welche mit der Sache zu thun haben und als Committirte die Vor¬ arbeiten lieferten, dem Conferenzrath Dankwart, Direktor des Depar¬ tements der auswärtigen Angelegenheiten und Baron Pensum, Ge¬ sandter am' Bundestage für Holstein und Lauenburg; denn ersterer ist auch seit vielen Jahren in Kopenhagen gewesen und sieht Dänemark für sein Vaterland an, letzterer dagegen betrachtet sich als dänischer Diplomat, trotzdem daß er Deutsch dichtet und zwei deutsche Herzog- thümer in Frankfurt vertritt. Ein dänischer Diplomat aber muß natürlich Dänemarks Interesse wahrnehmen und das hat denn auch bisher Herr von Pensum wirklich gethan und wird es schon serner thun. Er wird dazu Veranlassung finden, wenn die Sache dieser drei deutschen Herzogthümer am deutschem Bundestage zur Verhandlung kommt, was natürlich bald der Fall sein muß und wird. Um dafür völlig orientirt und instruirt zu sein, ist er eben längere Zeit in Kopenhagen gewesen und hat an den desfallsigen Verhandlungen Theil genommen. Sehr auffallend muß nun aber zuvörderst die Flüchtigkeit und Ungenauigkeit sein, womit dieses wichtige Actenstück, der offene Brief, redigirt ist. Es eristirt nämlich gar keine Garantie-Acte Englands und Frankreichs vom Jahre >72l, wohl aber vom Jahre 1720 und doch ist das erstgenannte Jahr nicht allein in den deutschen Exemplaren, sondern auch in den dänischen angegeben. Sonst finden sich Ver¬ schiedenheiten zwischen beiden Eremplaren und heißt es z. B. in un¬ serm deutschen Cremplare „soweit dieselben" (die Acten und Docu- mente) haben zu Wege gebracht werden können, in dem dänischen aber „welche". Dem Ausdruck „soweit" zufolge sind die Acten aber nicht vollständig, sind sie noch nicht geschlossen und konnte daher auch noch kein Urtheil gefällt werden, kann demnach auch nach allen Rechtsregeln das gefällte Urtheil nicht von Gewicht und Geltung 27-i-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/213>, abgerufen am 24.07.2024.