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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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neue Einrichtung auch in dieser Hinsicht viel für sich, indem sie selbst
zu allererst den verschuldeten Adeligen Gelegenheit gibt, einen Theil der
Schulden abzutragen. Denn, indem die Familie, welche ihr Majorat
verkaufen will, nur angehalten ist, ein Fideicommißcapital bei den Stan¬
den niederzulegen, dieses zu erlegende , Capital aber nicht den jetzigen
schätzenswert!) des Majorates, sondern den damaligen, als das Majo¬
rat gegründet wurde, betragt, der Werth der meisten Majoratsgütcr aber
seit neuerer Zeit um das Doppelte und noch mehr gestiegen ist, so bleibt
der ursprüngliche Werth des Majorats im Sinne des Stifters immer
der Familie erhalten, und die als Ueberzahlung erlangte Summe ge¬
wahrt Manchem den Vortheil, einige Schatten des adeligen Wappens
wieder in das glänzendste Licht zu verwandeln. Hier in Wien ist so eben
der erste Verkauf dieser Art geschehen, indem das große Stahremberg-
sche Freihaus auf der Mieder um die Summe von ^ Millionen an den
Baron Sina übergegangen ist. Die Folgen dieses Systems sind von
bis jetzt noch unberechenbarem Einflüsse sowohl auf die Stellung des
Adels, als jene des Bürgers zum Adel. Es entsteht dadurch eine Ver-
rheilung des Grundeigenthums, indem diefer aus den Handen des Adels
in jene der Industriellen, der Geldaristokratie übergeht und so manche
Prärogative des Adels, die bisher zum größten Theil mit an seinen
reichen Grundbesitz geknüpft war, muß nun entweder ganz wegfallen,
oder man muß sie auch auf den neuen Eigenthümer übertragen, wodurch
tlo jure nur eine neue Vermehrung des Adels entstünde. Von welchem
Vortheile für Industrie, Handel und Gewerbe, für Oekonomie aber die
Parcellirung großer Besitzungen in die fleißigen, rührigen Hände unter¬
nehmender Privaten ist, darüber kann wohl um so weniger Zweifel sein,
als wir die traurigen Folgen des Gegentheils davon in Ungarn nur zu
deutlich vor uns sehen. Jener eigenihüinliche Stand, welcher sich da¬
durch nach und nach heranbilden würde, wäre der eigentliche Grundstein
eines behaglichen, gesicherten Mittelstandes, der zwischen Adel und Bürger
mitten inne stehend, das Gute von Beiden vereinigen, und dadurch eine
der festesten Stützen des Staates werden konnte. Dadurch würde nun
natürlich auch das Verhältniß des Bauers ein anderes, denn der neue
Grundherr würde die ihn, zum Gebote stehenden Mittel anders benutzen,
als der Edelmann, während andrerseits die Regierung wieder dem Bauer
allen möglichen Vorschub leisten müßte, um sich frei zu machen, indem
sonst, wenn die alten Unterthansverhaltnisse fortbestehen, der Bürgerliche
als neuer Grundbesitzer aller Hoheitsrechte des Hochadeligen theilhaftig
ist, ohne dem Staate ein anderes Aequivalent dafür bieten zu können, als
vielleicht in vielen Fallen nur die gefüllten Lassen. Deswegen sollen
auch Modificationen jener Bestimmungen eintreten, durch welche man
zur Erwerbung eines sogenannten landtafeligen Gutes fähig ist, Bestim¬
mungen, welche bis jetzt sich nur auf sehr wenige Klassen der Bürger¬
lichen beschränken. Denn wie dieses nicht geschieht, und der Erwerb
nicht verallgemeinert wird, haben wir nur noch eine Klasse des Adels zu
erwarten, und man kennt doch die Geldaristokratie, die sich so ziemlich
. 0. 6, Kb-rate gleich ist! O ,


neue Einrichtung auch in dieser Hinsicht viel für sich, indem sie selbst
zu allererst den verschuldeten Adeligen Gelegenheit gibt, einen Theil der
Schulden abzutragen. Denn, indem die Familie, welche ihr Majorat
verkaufen will, nur angehalten ist, ein Fideicommißcapital bei den Stan¬
den niederzulegen, dieses zu erlegende , Capital aber nicht den jetzigen
schätzenswert!) des Majorates, sondern den damaligen, als das Majo¬
rat gegründet wurde, betragt, der Werth der meisten Majoratsgütcr aber
seit neuerer Zeit um das Doppelte und noch mehr gestiegen ist, so bleibt
der ursprüngliche Werth des Majorats im Sinne des Stifters immer
der Familie erhalten, und die als Ueberzahlung erlangte Summe ge¬
wahrt Manchem den Vortheil, einige Schatten des adeligen Wappens
wieder in das glänzendste Licht zu verwandeln. Hier in Wien ist so eben
der erste Verkauf dieser Art geschehen, indem das große Stahremberg-
sche Freihaus auf der Mieder um die Summe von ^ Millionen an den
Baron Sina übergegangen ist. Die Folgen dieses Systems sind von
bis jetzt noch unberechenbarem Einflüsse sowohl auf die Stellung des
Adels, als jene des Bürgers zum Adel. Es entsteht dadurch eine Ver-
rheilung des Grundeigenthums, indem diefer aus den Handen des Adels
in jene der Industriellen, der Geldaristokratie übergeht und so manche
Prärogative des Adels, die bisher zum größten Theil mit an seinen
reichen Grundbesitz geknüpft war, muß nun entweder ganz wegfallen,
oder man muß sie auch auf den neuen Eigenthümer übertragen, wodurch
tlo jure nur eine neue Vermehrung des Adels entstünde. Von welchem
Vortheile für Industrie, Handel und Gewerbe, für Oekonomie aber die
Parcellirung großer Besitzungen in die fleißigen, rührigen Hände unter¬
nehmender Privaten ist, darüber kann wohl um so weniger Zweifel sein,
als wir die traurigen Folgen des Gegentheils davon in Ungarn nur zu
deutlich vor uns sehen. Jener eigenihüinliche Stand, welcher sich da¬
durch nach und nach heranbilden würde, wäre der eigentliche Grundstein
eines behaglichen, gesicherten Mittelstandes, der zwischen Adel und Bürger
mitten inne stehend, das Gute von Beiden vereinigen, und dadurch eine
der festesten Stützen des Staates werden konnte. Dadurch würde nun
natürlich auch das Verhältniß des Bauers ein anderes, denn der neue
Grundherr würde die ihn, zum Gebote stehenden Mittel anders benutzen,
als der Edelmann, während andrerseits die Regierung wieder dem Bauer
allen möglichen Vorschub leisten müßte, um sich frei zu machen, indem
sonst, wenn die alten Unterthansverhaltnisse fortbestehen, der Bürgerliche
als neuer Grundbesitzer aller Hoheitsrechte des Hochadeligen theilhaftig
ist, ohne dem Staate ein anderes Aequivalent dafür bieten zu können, als
vielleicht in vielen Fallen nur die gefüllten Lassen. Deswegen sollen
auch Modificationen jener Bestimmungen eintreten, durch welche man
zur Erwerbung eines sogenannten landtafeligen Gutes fähig ist, Bestim¬
mungen, welche bis jetzt sich nur auf sehr wenige Klassen der Bürger¬
lichen beschränken. Denn wie dieses nicht geschieht, und der Erwerb
nicht verallgemeinert wird, haben wir nur noch eine Klasse des Adels zu
erwarten, und man kennt doch die Geldaristokratie, die sich so ziemlich
. 0. 6, Kb-rate gleich ist! O ,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/190>, abgerufen am 24.07.2024.