Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.wo noch Frankreich mit Großbritannien, Deutschland mit Skandina¬ Die Landenden holt von den größeren Schiffen, welche, wie un¬ wo noch Frankreich mit Großbritannien, Deutschland mit Skandina¬ Die Landenden holt von den größeren Schiffen, welche, wie un¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0015" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/183036"/> <p xml:id="ID_13" prev="#ID_12"> wo noch Frankreich mit Großbritannien, Deutschland mit Skandina¬<lb/> vien, als große Continente, ja dieser ganze Ländercomplex mehr oder<lb/> weniger anch noch nnter sich selber zusammenhing, woraus von der<lb/> spanischen See her, mittelst des Canals, vom Eismeere her dnrch die<lb/> Nordsee der übermächtige Ocean, längst gewühlte Buchten erweiternd<lb/> und zerreißend, eine Reihe von Vorlanden, Sanddünen und Felsknp-<lb/> pen vom festen Land ablöste und zu Eilanden machte. Die Strömungen<lb/> des Canals, scharf an der Küste hinschreitend, isolirten jene Reihe<lb/> von niedrigen Sandbänken, welche jetzt unsre besuchtesten Nvrdseebä-<lb/> der bilden, Terel, Vlieland, Borkum, Norderney, Wangerog, bis Neu¬<lb/> werk vor Kurhafen! Holgoland ist dein Anscheine nach nicht von die¬<lb/> ser, sondern von der Nordostseite her losgespült, dann aber durch das<lb/> ringöumfluthende Wasser immer kleiner und kleiner gemacht worden.<lb/> Diese Insel hing, wie Sylt, Föhr, Nordstrand u. s. w. mit dem fe¬<lb/> sten Lande Schleswigs zusammen: ihr flachster Theil liegt nach Nord¬<lb/> ost, ihr steilster, mit zweihundert Fuß Höhe über der Wasserwage des<lb/> Meers, nach Südwesten. Das Ganze ist ein rother SandfelS, in Zer-<lb/> bröckelung fortwährend begriffen, deren Spuren in einzelnen, malerisch<lb/> ans dem Meere aufstarrenden Felskegeln, Schweifungen und Löchern,<lb/> denen die Phantasie beziehungsweise Namen beigelegt hat (man fin¬<lb/> det hier, wie in der Nähe von Eisenach, einen Mönch, dessen Nonne<lb/> aber bereits von den Wellen verschlungen ist, und Formationen, wie<lb/> der sächsische Kuhstall und das Prebischthor, sind mehrere vorhanden)<lb/> bei voller Ebbe vollständig zu Tage stehen, ja eine Wanderung zwi¬<lb/> schen ihren Labyrinthen rund um die Insel her zulassen. Selbst der<lb/> Botaniker geht zwischen diesen Trümmern eines andauernden Elemen¬<lb/> tenkampfes nicht leer aus, was aber als eine Art Handwerksburschen¬<lb/> wahrzeichen für Klima und Erde dieses fernen und guten Deutschen<lb/> so ganz seitab liegenden und doch so durch und durch romantisch deut¬<lb/> schen Eilandes dienen kann, ist ein Maulbeerbaum, der oben auf der<lb/> Plattform im Garten des Oberpfarrers wächst.</p><lb/> <p xml:id="ID_14" next="#ID_15"> Die Landenden holt von den größeren Schiffen, welche, wie un¬<lb/> ser Dampfboot, an den Strand nicht herankönnen, in großen Fahr-<lb/> nachen die Bootsmannschaft der Insel ab. Dies sind die kühnsten<lb/> Seeleute der Welt, denn überhaupt weiß unser Vaterland in seinen<lb/> mittlern, meerfernen Gegenden noch lange nicht sattsam, welche Hülle<lb/> und Fülle gottkräftiger und schutzmächtiger Mäinicrtüchtigkeit ihm seine<lb/> Küsten in den Seeleuten Hamburgs, Bremens, Oldenburgs und Ost-<lb/> sneSlandö beherbergt.; weiß es nicht, daß der Kern und die Blüthe der eng-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0015]
wo noch Frankreich mit Großbritannien, Deutschland mit Skandina¬
vien, als große Continente, ja dieser ganze Ländercomplex mehr oder
weniger anch noch nnter sich selber zusammenhing, woraus von der
spanischen See her, mittelst des Canals, vom Eismeere her dnrch die
Nordsee der übermächtige Ocean, längst gewühlte Buchten erweiternd
und zerreißend, eine Reihe von Vorlanden, Sanddünen und Felsknp-
pen vom festen Land ablöste und zu Eilanden machte. Die Strömungen
des Canals, scharf an der Küste hinschreitend, isolirten jene Reihe
von niedrigen Sandbänken, welche jetzt unsre besuchtesten Nvrdseebä-
der bilden, Terel, Vlieland, Borkum, Norderney, Wangerog, bis Neu¬
werk vor Kurhafen! Holgoland ist dein Anscheine nach nicht von die¬
ser, sondern von der Nordostseite her losgespült, dann aber durch das
ringöumfluthende Wasser immer kleiner und kleiner gemacht worden.
Diese Insel hing, wie Sylt, Föhr, Nordstrand u. s. w. mit dem fe¬
sten Lande Schleswigs zusammen: ihr flachster Theil liegt nach Nord¬
ost, ihr steilster, mit zweihundert Fuß Höhe über der Wasserwage des
Meers, nach Südwesten. Das Ganze ist ein rother SandfelS, in Zer-
bröckelung fortwährend begriffen, deren Spuren in einzelnen, malerisch
ans dem Meere aufstarrenden Felskegeln, Schweifungen und Löchern,
denen die Phantasie beziehungsweise Namen beigelegt hat (man fin¬
det hier, wie in der Nähe von Eisenach, einen Mönch, dessen Nonne
aber bereits von den Wellen verschlungen ist, und Formationen, wie
der sächsische Kuhstall und das Prebischthor, sind mehrere vorhanden)
bei voller Ebbe vollständig zu Tage stehen, ja eine Wanderung zwi¬
schen ihren Labyrinthen rund um die Insel her zulassen. Selbst der
Botaniker geht zwischen diesen Trümmern eines andauernden Elemen¬
tenkampfes nicht leer aus, was aber als eine Art Handwerksburschen¬
wahrzeichen für Klima und Erde dieses fernen und guten Deutschen
so ganz seitab liegenden und doch so durch und durch romantisch deut¬
schen Eilandes dienen kann, ist ein Maulbeerbaum, der oben auf der
Plattform im Garten des Oberpfarrers wächst.
Die Landenden holt von den größeren Schiffen, welche, wie un¬
ser Dampfboot, an den Strand nicht herankönnen, in großen Fahr-
nachen die Bootsmannschaft der Insel ab. Dies sind die kühnsten
Seeleute der Welt, denn überhaupt weiß unser Vaterland in seinen
mittlern, meerfernen Gegenden noch lange nicht sattsam, welche Hülle
und Fülle gottkräftiger und schutzmächtiger Mäinicrtüchtigkeit ihm seine
Küsten in den Seeleuten Hamburgs, Bremens, Oldenburgs und Ost-
sneSlandö beherbergt.; weiß es nicht, daß der Kern und die Blüthe der eng-
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