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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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für Jahr die Künstler in langen Reihen zogen und die Ausstellung
mit dunkelgrünen Gewässern und schwarzblauen Bergen überfüllten.
Der Geschmack ist nun doch schon so weit geläutert, daß man auch
den ebenen Gegenden, die durch sanfte Uebergänge wirken, ihren Reiz
abgewonnen hat. Ebenso steht es auf der andern Seite zu befürchten,
daß die Technik, so wie sie es theilweise schon gethan, das Ueberge¬
wicht über den geistigen Theil erringen und in leere Farbenspieleret
ausarten werde. Ein fester Anschluß der jungen Generation an Hegabte
Künstler, wie Steinfeld, Naffalt, Höger u. a. in., welche die rechte
Mitte zwischen dem zu viel und zu wenig halten, dürfte dem wohl
vorbeugen. Der talentvolle Gauermann steht bereits mit seinen Heuer
ausgestellten Landschaften hart an der Grenze der Manier und sonst
hoch bewundert, läßt er kalt. Nicht mit Unrecht wirft man ihm vor,
daß es seiner Farbe an wahrer Kraft und Fülle mangele und daß
seine Bilder das Ansehen einer weichlichen Porzellanmalerei bieten.
Als gute Landschafter sind noch Barbarini, Schiffer, I. und R. Alt,
Hauses, Ender, mit mehreren Andern zu erwähnen. Daß auch sehr
viel Unbedeutendes sich breit macht und eine große Anzahl Veduten-
maler mit ihren daguerreotvpirten Bildern in den Künstlerkreis ein¬
drang, ist theils im Geschmacke des Publicums, theils in der Natur
jeder Schule begründet.

Die Genremalerei ist für die Entwickelung der wiener Kunst
von höchster Wichtigkeit und das hierin Geleistete lenkt die Aufmerk¬
samkeit vor Allem darauf hin. Fendi brachte zuerst durch eine zarte
liebliche Auffassung, die aber häusig in'ö Weiche ging und ebenso
häufig in den Stoffen fehlgriff, dieses Fach zu Ansehen und Beifall.
Unter seinen Schülern war der frühverstorbene Schindler ein tüchtiges
selbstständiges Talent; und Trent, welcher besonders Militärscenen
malt und zuweilen nicht unglücklich in der Wahl seiner Stoffe ist,
indem er des Soldaten Freud' und Leid im Zusammensein mit dem
bürgerlichen Leben zur Darstellung bringt. Bedeutender als diese, ja
ohne Zweifel der beste Genremaler Deutschlands, war der im vorigen
Jahre verstorbene Danhcmser; er war derjenige, welcher zuerst als Maler
des Volkes auftrat, nicht sowohl weil er seine Stoffe aus dem Volke
schöpfte, sondern weil er die Conflicte unseres socialen Lebens, die nach
oben hin und unten zU sich wiederholen und sich gleich bleiben, mit
der tiefsten und wahrsten Auffassung darstellte und eben dadurch die
Menge für sich gewann. Dabei durchzog ein humoristischer Zug fast alle
seine Bilder, aber nicht jener übersprudelnde, gestaltende Humor, son-


für Jahr die Künstler in langen Reihen zogen und die Ausstellung
mit dunkelgrünen Gewässern und schwarzblauen Bergen überfüllten.
Der Geschmack ist nun doch schon so weit geläutert, daß man auch
den ebenen Gegenden, die durch sanfte Uebergänge wirken, ihren Reiz
abgewonnen hat. Ebenso steht es auf der andern Seite zu befürchten,
daß die Technik, so wie sie es theilweise schon gethan, das Ueberge¬
wicht über den geistigen Theil erringen und in leere Farbenspieleret
ausarten werde. Ein fester Anschluß der jungen Generation an Hegabte
Künstler, wie Steinfeld, Naffalt, Höger u. a. in., welche die rechte
Mitte zwischen dem zu viel und zu wenig halten, dürfte dem wohl
vorbeugen. Der talentvolle Gauermann steht bereits mit seinen Heuer
ausgestellten Landschaften hart an der Grenze der Manier und sonst
hoch bewundert, läßt er kalt. Nicht mit Unrecht wirft man ihm vor,
daß es seiner Farbe an wahrer Kraft und Fülle mangele und daß
seine Bilder das Ansehen einer weichlichen Porzellanmalerei bieten.
Als gute Landschafter sind noch Barbarini, Schiffer, I. und R. Alt,
Hauses, Ender, mit mehreren Andern zu erwähnen. Daß auch sehr
viel Unbedeutendes sich breit macht und eine große Anzahl Veduten-
maler mit ihren daguerreotvpirten Bildern in den Künstlerkreis ein¬
drang, ist theils im Geschmacke des Publicums, theils in der Natur
jeder Schule begründet.

Die Genremalerei ist für die Entwickelung der wiener Kunst
von höchster Wichtigkeit und das hierin Geleistete lenkt die Aufmerk¬
samkeit vor Allem darauf hin. Fendi brachte zuerst durch eine zarte
liebliche Auffassung, die aber häusig in'ö Weiche ging und ebenso
häufig in den Stoffen fehlgriff, dieses Fach zu Ansehen und Beifall.
Unter seinen Schülern war der frühverstorbene Schindler ein tüchtiges
selbstständiges Talent; und Trent, welcher besonders Militärscenen
malt und zuweilen nicht unglücklich in der Wahl seiner Stoffe ist,
indem er des Soldaten Freud' und Leid im Zusammensein mit dem
bürgerlichen Leben zur Darstellung bringt. Bedeutender als diese, ja
ohne Zweifel der beste Genremaler Deutschlands, war der im vorigen
Jahre verstorbene Danhcmser; er war derjenige, welcher zuerst als Maler
des Volkes auftrat, nicht sowohl weil er seine Stoffe aus dem Volke
schöpfte, sondern weil er die Conflicte unseres socialen Lebens, die nach
oben hin und unten zU sich wiederholen und sich gleich bleiben, mit
der tiefsten und wahrsten Auffassung darstellte und eben dadurch die
Menge für sich gewann. Dabei durchzog ein humoristischer Zug fast alle
seine Bilder, aber nicht jener übersprudelnde, gestaltende Humor, son-


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[0120] für Jahr die Künstler in langen Reihen zogen und die Ausstellung mit dunkelgrünen Gewässern und schwarzblauen Bergen überfüllten. Der Geschmack ist nun doch schon so weit geläutert, daß man auch den ebenen Gegenden, die durch sanfte Uebergänge wirken, ihren Reiz abgewonnen hat. Ebenso steht es auf der andern Seite zu befürchten, daß die Technik, so wie sie es theilweise schon gethan, das Ueberge¬ wicht über den geistigen Theil erringen und in leere Farbenspieleret ausarten werde. Ein fester Anschluß der jungen Generation an Hegabte Künstler, wie Steinfeld, Naffalt, Höger u. a. in., welche die rechte Mitte zwischen dem zu viel und zu wenig halten, dürfte dem wohl vorbeugen. Der talentvolle Gauermann steht bereits mit seinen Heuer ausgestellten Landschaften hart an der Grenze der Manier und sonst hoch bewundert, läßt er kalt. Nicht mit Unrecht wirft man ihm vor, daß es seiner Farbe an wahrer Kraft und Fülle mangele und daß seine Bilder das Ansehen einer weichlichen Porzellanmalerei bieten. Als gute Landschafter sind noch Barbarini, Schiffer, I. und R. Alt, Hauses, Ender, mit mehreren Andern zu erwähnen. Daß auch sehr viel Unbedeutendes sich breit macht und eine große Anzahl Veduten- maler mit ihren daguerreotvpirten Bildern in den Künstlerkreis ein¬ drang, ist theils im Geschmacke des Publicums, theils in der Natur jeder Schule begründet. Die Genremalerei ist für die Entwickelung der wiener Kunst von höchster Wichtigkeit und das hierin Geleistete lenkt die Aufmerk¬ samkeit vor Allem darauf hin. Fendi brachte zuerst durch eine zarte liebliche Auffassung, die aber häusig in'ö Weiche ging und ebenso häufig in den Stoffen fehlgriff, dieses Fach zu Ansehen und Beifall. Unter seinen Schülern war der frühverstorbene Schindler ein tüchtiges selbstständiges Talent; und Trent, welcher besonders Militärscenen malt und zuweilen nicht unglücklich in der Wahl seiner Stoffe ist, indem er des Soldaten Freud' und Leid im Zusammensein mit dem bürgerlichen Leben zur Darstellung bringt. Bedeutender als diese, ja ohne Zweifel der beste Genremaler Deutschlands, war der im vorigen Jahre verstorbene Danhcmser; er war derjenige, welcher zuerst als Maler des Volkes auftrat, nicht sowohl weil er seine Stoffe aus dem Volke schöpfte, sondern weil er die Conflicte unseres socialen Lebens, die nach oben hin und unten zU sich wiederholen und sich gleich bleiben, mit der tiefsten und wahrsten Auffassung darstellte und eben dadurch die Menge für sich gewann. Dabei durchzog ein humoristischer Zug fast alle seine Bilder, aber nicht jener übersprudelnde, gestaltende Humor, son-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/120>, abgerufen am 24.07.2024.