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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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Geschäftig glitten, den beiden Strömen zu (die Elbe war durch die
gemeinsame See der Weser naher gerückt), mit vollen , ausgespannten
Segeln größere und kleinere Handelsschiffe, Dreimaster, Schooner,
Gallioteit und bloße Kähne, über die ihnen günstige, durch einen leisen
Seewind angenehm berieselteFluth : wir hatten ans dein Dampfschiffe den
Wind eigentlich wider uns; das starke, solid gebaute und geräumige
Fahrzeug arbeitete jedoch so unverdrossen fort, daß wir lange vor der
Abenddämmerung an Ort und Stelle gelangten. Aber reichlich auf
zwei Stunden Entfernung tauchte die magisch lockende Insel bereits
aus den Fluthen an unserm Horizont empor, und nun war das laute,
erwartungsvolle Lebest aus dem vorwärts eilenden Schiffe doppelt
freudig angeregt: Jubelruf und Kanonengruß, mit dem der wackre Ca-
pitain auch im Vorbeigehen, bei Gelegenheit der Anhaltspunkte lind
aufgestellten Wachtschiffe, liberal gewesen, tönten dem nun mit An
gen geschauten Reiseziel entgegen, und allgemeine Stimmung war, dem
aus der Ferne zu erblickenden Hamburger Dampfschiffe, welches muth-
maßlich der Gäste noch mehr als das unsre dem Eilande zutrug, zu¬
vorzukommen, was auch glücklich gelang.

Es hatten sich an diesen. Tage einzelne Mitglieder der bremischen
und ein zahlreicher Chor aus oldenburgischen Liedertafeln mit ihres
Gleichen aus Hamburg das Wort gegeben, auf Helgoland zusammen¬
zutreffen > und es versteht sich daher von selbst, daß diese diesmalige
Lustfahrt an Schollen Gaben des Gesanges einen Genuß mehr bot.
Schon unterwegs ertönte manches kräftige, herzstärkende Lied, wobei
sich die zahlreich repräsentirte Sängerschule des oldenburger Landes
durch einen frischen, lebenslustigen Muth ihrer Anstimmnngen und durch
besonders sichtbare Neigung für das Volkslied vortheilhaft bemerklich
machte. "Des Deutschen Vaterland" von Amt t bethätigte anch hier
wieder seine imposante Willung, wobei es charakteristisch bleibt, wie
sehr grade ein solches zum Gemeingut des sittlichen Nationalbesitzes
gewordene Gedicht den Vortrag jeder Landschaft, ja jedes Individuums
nach der augenblicklichen und persönlichen Stimmung modificirt. In
dieser aus einer wohlhabenden, dnrch den energischen Geist großarti¬
gen und ungehemmten Welthandels auf das NorwärtSstreben und die
Huldigung gegen die Zeitforderungen von selbst angewiesenen freien
Stadt und einer unter dem Schutze der liebenswürdigsten fürstlichen
Persönlichkeit von einsichtsvollen, vornrtheilölos und human denken¬
den deutschen Männern wohlregierten kleinen und leicht übersehbaren
Monarchie zusammengeflossenen Gesellschaft nahm sich das kernhafte,


Geschäftig glitten, den beiden Strömen zu (die Elbe war durch die
gemeinsame See der Weser naher gerückt), mit vollen , ausgespannten
Segeln größere und kleinere Handelsschiffe, Dreimaster, Schooner,
Gallioteit und bloße Kähne, über die ihnen günstige, durch einen leisen
Seewind angenehm berieselteFluth : wir hatten ans dein Dampfschiffe den
Wind eigentlich wider uns; das starke, solid gebaute und geräumige
Fahrzeug arbeitete jedoch so unverdrossen fort, daß wir lange vor der
Abenddämmerung an Ort und Stelle gelangten. Aber reichlich auf
zwei Stunden Entfernung tauchte die magisch lockende Insel bereits
aus den Fluthen an unserm Horizont empor, und nun war das laute,
erwartungsvolle Lebest aus dem vorwärts eilenden Schiffe doppelt
freudig angeregt: Jubelruf und Kanonengruß, mit dem der wackre Ca-
pitain auch im Vorbeigehen, bei Gelegenheit der Anhaltspunkte lind
aufgestellten Wachtschiffe, liberal gewesen, tönten dem nun mit An
gen geschauten Reiseziel entgegen, und allgemeine Stimmung war, dem
aus der Ferne zu erblickenden Hamburger Dampfschiffe, welches muth-
maßlich der Gäste noch mehr als das unsre dem Eilande zutrug, zu¬
vorzukommen, was auch glücklich gelang.

Es hatten sich an diesen. Tage einzelne Mitglieder der bremischen
und ein zahlreicher Chor aus oldenburgischen Liedertafeln mit ihres
Gleichen aus Hamburg das Wort gegeben, auf Helgoland zusammen¬
zutreffen > und es versteht sich daher von selbst, daß diese diesmalige
Lustfahrt an Schollen Gaben des Gesanges einen Genuß mehr bot.
Schon unterwegs ertönte manches kräftige, herzstärkende Lied, wobei
sich die zahlreich repräsentirte Sängerschule des oldenburger Landes
durch einen frischen, lebenslustigen Muth ihrer Anstimmnngen und durch
besonders sichtbare Neigung für das Volkslied vortheilhaft bemerklich
machte. „Des Deutschen Vaterland" von Amt t bethätigte anch hier
wieder seine imposante Willung, wobei es charakteristisch bleibt, wie
sehr grade ein solches zum Gemeingut des sittlichen Nationalbesitzes
gewordene Gedicht den Vortrag jeder Landschaft, ja jedes Individuums
nach der augenblicklichen und persönlichen Stimmung modificirt. In
dieser aus einer wohlhabenden, dnrch den energischen Geist großarti¬
gen und ungehemmten Welthandels auf das NorwärtSstreben und die
Huldigung gegen die Zeitforderungen von selbst angewiesenen freien
Stadt und einer unter dem Schutze der liebenswürdigsten fürstlichen
Persönlichkeit von einsichtsvollen, vornrtheilölos und human denken¬
den deutschen Männern wohlregierten kleinen und leicht übersehbaren
Monarchie zusammengeflossenen Gesellschaft nahm sich das kernhafte,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/12>, abgerufen am 04.07.2024.