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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band.

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bei dem Münchner Schwauthaler bestellt, und das Monument für den
verstorbenen Kaiser wurde, obgleich Wien weit bessere Bildhauer be¬
sitzt, aus politischen Rücksichten dem Italiener Marchese übertragen,
einem Künstler, der durch seine bisherigen Leistungen wenig den Ruf
bestätigte, der ihm vorausging. Wir erinnern uur an die liegende
Venus im Belvedere; eine fade, abgeschmackte Arbeit, der sich jeder
bescheidene Schüler schämen müßte. Was nun unsern Bildhauern üb¬
rig bleibt -- sind kleine Statuetten in Duodezformat, oder hier und
da Arbeiten in Sandstein für Kirchen oder andere Bauten, wobei
kaum Wasser und Brod zu verdienen ist. Man klage daher nicht
über die geringe Zahl der plastischen Arbeiten, die jährlich zur Aus¬
stellung kommen. -- Hier reichen die Kräfte der Privaten nicht aus;
die Bildhauerei lehnt sich an ein großartiges Staatsleben, wo dieses
fehlt, hat sie, wiewohl traurige, Feiertage. Es fehlen uns keineswegs
Talente, die sich mit dem hochgepriesenen Deutschland messen können.
Wir glauben mit Bestimmtheit, daß Director Klieber, der freilich nun
gealtert ist und dessen Hände bereits zittern und den Meisel zu füh¬
ren unvermögend sind, bei einer Unterstützung von Seiten des Staa¬
tes und einer, durch die Erfolge wach gehaltenen Begeisterung be¬
stimmt Großes geleistet hätte. Aber er ist nun für die Kunst unter¬
gegangen, und die jüngeren Talente, wie Preleuthner und Rammel-
mayr können sich über die Mühen des Tages nie bis zur wahren
Lust des Schaffens emporringen. Aus diesem Gesichtspunkte müssen
wir ihre ausgestellten Werke auffassen und es anerkennen, daß sie,
trotz dieser drückenden Ungunst, doch mannichfach Erfreuliches geleistet
haben. Wir erwähnen des h. Hubert und der Rebecca von Ram-
melmayr beide in Lebensgröße als verdienstlicher Arbeiten und Zeichen
eines tüchtigen Strebens. Doch auch sie werden über kurz oder lang
verkümmern, wenn sich die Verhältnisse nicht änvern, wozu bei der
maschinenartigen Einrichtung unseres ganzen Lebens keine Aussicht ist.
Der Impuls zu einer großartigen Kunstthätigkeit geht nicht von Ccmz-
leistuben aus, sondern aus der begeisterten Liebe eines Einzelnen oder
Vieler, die sich zu einem geistigen Mittelpunkte vereinen. In letzterer
Beziehung kann man nicht läugnen, daß die Stände Böhmens aus
ihrer Apathie sich loszuringen scheinen. Wenigstens sind mehrere Bau¬
ten in Aussicht. Auch dem talentvollen böhmischen Bildhauer Max,
der aus Kosten der Stände eine Reise nach Rom zu seiner Ausbil¬
dung unternahm, fehlt es von seinem Geburtslande nicht an ehrenvol¬
len und lohnenden Aufträgen. Die von ihm gefertigten, für die alte


bei dem Münchner Schwauthaler bestellt, und das Monument für den
verstorbenen Kaiser wurde, obgleich Wien weit bessere Bildhauer be¬
sitzt, aus politischen Rücksichten dem Italiener Marchese übertragen,
einem Künstler, der durch seine bisherigen Leistungen wenig den Ruf
bestätigte, der ihm vorausging. Wir erinnern uur an die liegende
Venus im Belvedere; eine fade, abgeschmackte Arbeit, der sich jeder
bescheidene Schüler schämen müßte. Was nun unsern Bildhauern üb¬
rig bleibt — sind kleine Statuetten in Duodezformat, oder hier und
da Arbeiten in Sandstein für Kirchen oder andere Bauten, wobei
kaum Wasser und Brod zu verdienen ist. Man klage daher nicht
über die geringe Zahl der plastischen Arbeiten, die jährlich zur Aus¬
stellung kommen. — Hier reichen die Kräfte der Privaten nicht aus;
die Bildhauerei lehnt sich an ein großartiges Staatsleben, wo dieses
fehlt, hat sie, wiewohl traurige, Feiertage. Es fehlen uns keineswegs
Talente, die sich mit dem hochgepriesenen Deutschland messen können.
Wir glauben mit Bestimmtheit, daß Director Klieber, der freilich nun
gealtert ist und dessen Hände bereits zittern und den Meisel zu füh¬
ren unvermögend sind, bei einer Unterstützung von Seiten des Staa¬
tes und einer, durch die Erfolge wach gehaltenen Begeisterung be¬
stimmt Großes geleistet hätte. Aber er ist nun für die Kunst unter¬
gegangen, und die jüngeren Talente, wie Preleuthner und Rammel-
mayr können sich über die Mühen des Tages nie bis zur wahren
Lust des Schaffens emporringen. Aus diesem Gesichtspunkte müssen
wir ihre ausgestellten Werke auffassen und es anerkennen, daß sie,
trotz dieser drückenden Ungunst, doch mannichfach Erfreuliches geleistet
haben. Wir erwähnen des h. Hubert und der Rebecca von Ram-
melmayr beide in Lebensgröße als verdienstlicher Arbeiten und Zeichen
eines tüchtigen Strebens. Doch auch sie werden über kurz oder lang
verkümmern, wenn sich die Verhältnisse nicht änvern, wozu bei der
maschinenartigen Einrichtung unseres ganzen Lebens keine Aussicht ist.
Der Impuls zu einer großartigen Kunstthätigkeit geht nicht von Ccmz-
leistuben aus, sondern aus der begeisterten Liebe eines Einzelnen oder
Vieler, die sich zu einem geistigen Mittelpunkte vereinen. In letzterer
Beziehung kann man nicht läugnen, daß die Stände Böhmens aus
ihrer Apathie sich loszuringen scheinen. Wenigstens sind mehrere Bau¬
ten in Aussicht. Auch dem talentvollen böhmischen Bildhauer Max,
der aus Kosten der Stände eine Reise nach Rom zu seiner Ausbil¬
dung unternahm, fehlt es von seinem Geburtslande nicht an ehrenvol¬
len und lohnenden Aufträgen. Die von ihm gefertigten, für die alte


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[0112] bei dem Münchner Schwauthaler bestellt, und das Monument für den verstorbenen Kaiser wurde, obgleich Wien weit bessere Bildhauer be¬ sitzt, aus politischen Rücksichten dem Italiener Marchese übertragen, einem Künstler, der durch seine bisherigen Leistungen wenig den Ruf bestätigte, der ihm vorausging. Wir erinnern uur an die liegende Venus im Belvedere; eine fade, abgeschmackte Arbeit, der sich jeder bescheidene Schüler schämen müßte. Was nun unsern Bildhauern üb¬ rig bleibt — sind kleine Statuetten in Duodezformat, oder hier und da Arbeiten in Sandstein für Kirchen oder andere Bauten, wobei kaum Wasser und Brod zu verdienen ist. Man klage daher nicht über die geringe Zahl der plastischen Arbeiten, die jährlich zur Aus¬ stellung kommen. — Hier reichen die Kräfte der Privaten nicht aus; die Bildhauerei lehnt sich an ein großartiges Staatsleben, wo dieses fehlt, hat sie, wiewohl traurige, Feiertage. Es fehlen uns keineswegs Talente, die sich mit dem hochgepriesenen Deutschland messen können. Wir glauben mit Bestimmtheit, daß Director Klieber, der freilich nun gealtert ist und dessen Hände bereits zittern und den Meisel zu füh¬ ren unvermögend sind, bei einer Unterstützung von Seiten des Staa¬ tes und einer, durch die Erfolge wach gehaltenen Begeisterung be¬ stimmt Großes geleistet hätte. Aber er ist nun für die Kunst unter¬ gegangen, und die jüngeren Talente, wie Preleuthner und Rammel- mayr können sich über die Mühen des Tages nie bis zur wahren Lust des Schaffens emporringen. Aus diesem Gesichtspunkte müssen wir ihre ausgestellten Werke auffassen und es anerkennen, daß sie, trotz dieser drückenden Ungunst, doch mannichfach Erfreuliches geleistet haben. Wir erwähnen des h. Hubert und der Rebecca von Ram- melmayr beide in Lebensgröße als verdienstlicher Arbeiten und Zeichen eines tüchtigen Strebens. Doch auch sie werden über kurz oder lang verkümmern, wenn sich die Verhältnisse nicht änvern, wozu bei der maschinenartigen Einrichtung unseres ganzen Lebens keine Aussicht ist. Der Impuls zu einer großartigen Kunstthätigkeit geht nicht von Ccmz- leistuben aus, sondern aus der begeisterten Liebe eines Einzelnen oder Vieler, die sich zu einem geistigen Mittelpunkte vereinen. In letzterer Beziehung kann man nicht läugnen, daß die Stände Böhmens aus ihrer Apathie sich loszuringen scheinen. Wenigstens sind mehrere Bau¬ ten in Aussicht. Auch dem talentvollen böhmischen Bildhauer Max, der aus Kosten der Stände eine Reise nach Rom zu seiner Ausbil¬ dung unternahm, fehlt es von seinem Geburtslande nicht an ehrenvol¬ len und lohnenden Aufträgen. Die von ihm gefertigten, für die alte

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_183020/112>, abgerufen am 24.07.2024.