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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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Das war ein Federspitzen, ein Schwertschleifen, wenn der
Journalist des vorigen Deceniums zu Ende oder zu Anfang des
Jahres seine Augurenweiöheit niederschrieb, über die Dinge die da
kommen werden, da schlugen noch die Herzen bange vor Furcht
und Hoffnung den Thaten entgegen, die hinter dem Vorhang sich
vorbereiteten; die Donner der Julirevolution klangen noch und groll¬
ten, immer ferner und ferner zwar, aber noch nahe genug, um ein¬
zelne Herzen, die ihre Hoffnungen erst mit dem Zerknicken des letz¬
ten Strohhalms aufgeben, wach zu erhalten, ob das Gewitter sich
nicht doch noch einmal nähern würde. Da gab es noch Prophezeihungen
über Krieg und Frieden, da erwartete man noch etwas, wie eine
That, einen Sprung, der die Welt zerspalten kann und aus dem
eine neue Ordnung aufsteigt.

Vorbei! -- Die Journalisten der vierziger Jahre machen ihre
politische Jahresbilanz nicht mehr mit dem Helm auf dem Haupte,
das Pferd gesattelt und zum Aufsitzen bereit, sie hoffen oder fürch¬
ten nicht mehr, daß vielleicht noch während des Niederschreibens
Plötzlich eine Erplosion die Zeit erschüttert und die Nationen zu
einer Völkerschlacht schaart. Wir Glücklichen haben es bequem,
wir können die Schlafhanbe aufbehalten und im ledernen Lehnstuhle
wie ein Gewürzkrämer, der seine Bücher abschließt, sitzen bleiben,
das Einmaleinstäfelchen liegt bei der Hand, und wir können ohne
Aufwallung und Anstrengung nachsehen, wie das nächste Jahr sich
multipliciren wird; die Epoche ist vorüber, wo die Querstriche ein¬
treten, oder wo -- um mit Swift zu sprechen -- plötzlich zwei
Mal zwei nicht mehr vier macht. Ob im nächsten Jahre in den


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Das war ein Federspitzen, ein Schwertschleifen, wenn der
Journalist des vorigen Deceniums zu Ende oder zu Anfang des
Jahres seine Augurenweiöheit niederschrieb, über die Dinge die da
kommen werden, da schlugen noch die Herzen bange vor Furcht
und Hoffnung den Thaten entgegen, die hinter dem Vorhang sich
vorbereiteten; die Donner der Julirevolution klangen noch und groll¬
ten, immer ferner und ferner zwar, aber noch nahe genug, um ein¬
zelne Herzen, die ihre Hoffnungen erst mit dem Zerknicken des letz¬
ten Strohhalms aufgeben, wach zu erhalten, ob das Gewitter sich
nicht doch noch einmal nähern würde. Da gab es noch Prophezeihungen
über Krieg und Frieden, da erwartete man noch etwas, wie eine
That, einen Sprung, der die Welt zerspalten kann und aus dem
eine neue Ordnung aufsteigt.

Vorbei! — Die Journalisten der vierziger Jahre machen ihre
politische Jahresbilanz nicht mehr mit dem Helm auf dem Haupte,
das Pferd gesattelt und zum Aufsitzen bereit, sie hoffen oder fürch¬
ten nicht mehr, daß vielleicht noch während des Niederschreibens
Plötzlich eine Erplosion die Zeit erschüttert und die Nationen zu
einer Völkerschlacht schaart. Wir Glücklichen haben es bequem,
wir können die Schlafhanbe aufbehalten und im ledernen Lehnstuhle
wie ein Gewürzkrämer, der seine Bücher abschließt, sitzen bleiben,
das Einmaleinstäfelchen liegt bei der Hand, und wir können ohne
Aufwallung und Anstrengung nachsehen, wie das nächste Jahr sich
multipliciren wird; die Epoche ist vorüber, wo die Querstriche ein¬
treten, oder wo — um mit Swift zu sprechen — plötzlich zwei
Mal zwei nicht mehr vier macht. Ob im nächsten Jahre in den


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/9>, abgerufen am 22.12.2024.