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Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band.

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ineinsam da find, und man in allen drei Herzogthümern nicht so
viele geeignete Männer finden würde, als zur Besetzung dieser Col-
legien erforderlich wären, wenn sie sollten zugleich der dänischen
Sprache mächtig sein, abgesehen von andern in Betracht kommen¬
den Personen als z. B. der Advocaten. Da nämlich die deutsche
Sprache, wie bemerkt, hier die Sprache der Bildung ist und man
sehr wenig Veranlassung findet, die dänische Sprache zu erlernen,
durch ein Gebot aber, wie die Erfahrung gelehrt hat, noch mehr
davon abgehalten wird, so ist auch die Kunde der dänischen Sprache
in der That auffallend geringer als man den Verhältnissen und Bezie¬
hungen nach erwarten sollte. Nun aber gar in der Ständversammlung.
Da verstehen sicher nicht drei Viertheile der Abgeordneten was
dänisch gesprochen wird, und was konnte es also nutzen, daß es
gesprochen würde? Sollte aber ein Dollmetscher bestellt werden, der
augenblicklich Satz für Satz deutsch wiedergäbe, was Einer dänisch
gesprochen, und sollte dann ein doppeltes Protokoll geführt, redi-
girt und rectificirt werden, was sollte denn noch wohl sachlich ge¬
leistet werden, was aus den Verhandlungen herauskommen? wel¬
cher tüchtige Mann sollte sich dann noch dazu verstehen, als Abge-^
vrdneter in eine solche Kammer zu treten? Und welches Interesse
könnte das Volk haben an den Versammlungen einer solchen Kam¬
mer? Die deutsche Sprache dagegen versteht, wie die Erfahrung
lehrt, die ganze fchleswigfche Ständeversammlung, und jeder Ab¬
geordnete, der soviel Bildung besitzt, daß er das Volk würdig re-
präsentiren kann, der überhaupt etwas Vernünftiges zu sagen
weiß, der vermag es auch in deutscher Sprache zu sagen. Ja, dieses
Verlangen, die dänische Sprache solle in der Ständeversammlung
gleich berechtigt mit der deutschen gebraucht werden können, invol-
virt eigentlich eine Absurdität; Sinn dagegen hätte es, wenn man
verlangte, die dänischen Districte sollten zu Dänemark gezogen wer¬
den, der dänischen Gesetzgebung und Verwaltung angehören und
in der dänischen Ständeversammlung repräsentirt werden. Aber
damit kommt man nicht, weil man wohl weiß, die dänischen Be¬
wohner der schleswigschen Districte wollen nichts davon wissen,
weil man wohl weiß, ein solcher Vorschlag würde jene am ersten zu
entschiedenen Deutschen machen. Werfen wir nun noch einen flüch¬
tigen Blick auf den ganz oberflächlichen, ja mißbräuchlichen und krän-


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ineinsam da find, und man in allen drei Herzogthümern nicht so
viele geeignete Männer finden würde, als zur Besetzung dieser Col-
legien erforderlich wären, wenn sie sollten zugleich der dänischen
Sprache mächtig sein, abgesehen von andern in Betracht kommen¬
den Personen als z. B. der Advocaten. Da nämlich die deutsche
Sprache, wie bemerkt, hier die Sprache der Bildung ist und man
sehr wenig Veranlassung findet, die dänische Sprache zu erlernen,
durch ein Gebot aber, wie die Erfahrung gelehrt hat, noch mehr
davon abgehalten wird, so ist auch die Kunde der dänischen Sprache
in der That auffallend geringer als man den Verhältnissen und Bezie¬
hungen nach erwarten sollte. Nun aber gar in der Ständversammlung.
Da verstehen sicher nicht drei Viertheile der Abgeordneten was
dänisch gesprochen wird, und was konnte es also nutzen, daß es
gesprochen würde? Sollte aber ein Dollmetscher bestellt werden, der
augenblicklich Satz für Satz deutsch wiedergäbe, was Einer dänisch
gesprochen, und sollte dann ein doppeltes Protokoll geführt, redi-
girt und rectificirt werden, was sollte denn noch wohl sachlich ge¬
leistet werden, was aus den Verhandlungen herauskommen? wel¬
cher tüchtige Mann sollte sich dann noch dazu verstehen, als Abge-^
vrdneter in eine solche Kammer zu treten? Und welches Interesse
könnte das Volk haben an den Versammlungen einer solchen Kam¬
mer? Die deutsche Sprache dagegen versteht, wie die Erfahrung
lehrt, die ganze fchleswigfche Ständeversammlung, und jeder Ab¬
geordnete, der soviel Bildung besitzt, daß er das Volk würdig re-
präsentiren kann, der überhaupt etwas Vernünftiges zu sagen
weiß, der vermag es auch in deutscher Sprache zu sagen. Ja, dieses
Verlangen, die dänische Sprache solle in der Ständeversammlung
gleich berechtigt mit der deutschen gebraucht werden können, invol-
virt eigentlich eine Absurdität; Sinn dagegen hätte es, wenn man
verlangte, die dänischen Districte sollten zu Dänemark gezogen wer¬
den, der dänischen Gesetzgebung und Verwaltung angehören und
in der dänischen Ständeversammlung repräsentirt werden. Aber
damit kommt man nicht, weil man wohl weiß, die dänischen Be¬
wohner der schleswigschen Districte wollen nichts davon wissen,
weil man wohl weiß, ein solcher Vorschlag würde jene am ersten zu
entschiedenen Deutschen machen. Werfen wir nun noch einen flüch¬
tigen Blick auf den ganz oberflächlichen, ja mißbräuchlichen und krän-


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[0065] ineinsam da find, und man in allen drei Herzogthümern nicht so viele geeignete Männer finden würde, als zur Besetzung dieser Col- legien erforderlich wären, wenn sie sollten zugleich der dänischen Sprache mächtig sein, abgesehen von andern in Betracht kommen¬ den Personen als z. B. der Advocaten. Da nämlich die deutsche Sprache, wie bemerkt, hier die Sprache der Bildung ist und man sehr wenig Veranlassung findet, die dänische Sprache zu erlernen, durch ein Gebot aber, wie die Erfahrung gelehrt hat, noch mehr davon abgehalten wird, so ist auch die Kunde der dänischen Sprache in der That auffallend geringer als man den Verhältnissen und Bezie¬ hungen nach erwarten sollte. Nun aber gar in der Ständversammlung. Da verstehen sicher nicht drei Viertheile der Abgeordneten was dänisch gesprochen wird, und was konnte es also nutzen, daß es gesprochen würde? Sollte aber ein Dollmetscher bestellt werden, der augenblicklich Satz für Satz deutsch wiedergäbe, was Einer dänisch gesprochen, und sollte dann ein doppeltes Protokoll geführt, redi- girt und rectificirt werden, was sollte denn noch wohl sachlich ge¬ leistet werden, was aus den Verhandlungen herauskommen? wel¬ cher tüchtige Mann sollte sich dann noch dazu verstehen, als Abge-^ vrdneter in eine solche Kammer zu treten? Und welches Interesse könnte das Volk haben an den Versammlungen einer solchen Kam¬ mer? Die deutsche Sprache dagegen versteht, wie die Erfahrung lehrt, die ganze fchleswigfche Ständeversammlung, und jeder Ab¬ geordnete, der soviel Bildung besitzt, daß er das Volk würdig re- präsentiren kann, der überhaupt etwas Vernünftiges zu sagen weiß, der vermag es auch in deutscher Sprache zu sagen. Ja, dieses Verlangen, die dänische Sprache solle in der Ständeversammlung gleich berechtigt mit der deutschen gebraucht werden können, invol- virt eigentlich eine Absurdität; Sinn dagegen hätte es, wenn man verlangte, die dänischen Districte sollten zu Dänemark gezogen wer¬ den, der dänischen Gesetzgebung und Verwaltung angehören und in der dänischen Ständeversammlung repräsentirt werden. Aber damit kommt man nicht, weil man wohl weiß, die dänischen Be¬ wohner der schleswigschen Districte wollen nichts davon wissen, weil man wohl weiß, ein solcher Vorschlag würde jene am ersten zu entschiedenen Deutschen machen. Werfen wir nun noch einen flüch¬ tigen Blick auf den ganz oberflächlichen, ja mißbräuchlichen und krän- Grcnzl'oder, 1»««. l. 8

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 5, 1846, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341550_181809/65>, abgerufen am 01.09.2024.